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Videospiel "Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin Remastered" im Test

von Thomas Repenning

Spiele-Remakes oder Remastered-Versionen sind voll im Trend und können auch – wie zuletzt eindrucksvoll Resident Evil 2 und The Legend of Zelda: Link's Awakening gezeigt haben – sowohl Retro-Veteranen als auch neue Spieler hervorragend abholen und begeistern. Kein Wunder also, dass Titel wie Command and Conquer Remastered, ein mögliches Resident Evil 3 oder Final Fantasy VII Remake auf vielen Hitlisten ganz vorne stehen. Im Falle von Ni No Kuni aus dem Jahre 2013 (damals noch PlayStation 3) ist die nun erschienene Remastered-Version eher das erledigen einer längst überfälligen Aufgabe und Notwendigkeit: Die Übertragung des damals preisgekrönten Titels (ohne viele Änderungen) auf den PC und die PS 4 – und eine Veröffentlichung auf der Switch. Denn so kommen auch erstmals andere Spieler in den Genuss des vielschichtigen wie wunderschönen Rollenspiels, dessen Welt und Charaktere von keinem geringeren als dem Studio Ghibli entworfen wurden. Wir sind erneut in das Abenteuer – welches seit dem 20.09.2019 erhältlich ist – abgetaucht.

Story

Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin erzählt die herzerwärmende Geschichte des jungen Oliver, der sich in eine Parallelwelt aufmacht, um ein Zauberer zu werden und dadurch seine Mutter von den Toten zurückzubringen. Auf seiner Reise schließt er neue Freundschaften und nimmt viele der wundervollen Geschöpfe dieser Welt auf, um sie aufzuziehen und gegen andere Kreaturen antreten zu lassen, während er es mit gewaltigen Gegnern aufnimmt.

Kritik

Die Frage die sich bei Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin Remastered zu Beginn natürlich stellt ist klar: Lohnt sich das Spiel überhaupt noch rund sechs Jahre nach seiner Erstveröffentlichung? Nun, natürlich hat sich einiges im Genre – gerade im JRPG – geändert und entwickelt, doch das klassische Design von Ni no Kuni kann auch heute noch vollends begeistern. Dies liegt aber eher weniger am eigentlichen Gameplay, als an der Welt, die uns hier das Studio Ghibli zusammen mit Stammkomponisten Joe Hisaishi erschafft: Eine malischer wie fantasievoller Kosmos, der von der ersten Minute an fesselt und eine unglaubliche Sogwirkung entfaltet. Egal ob 2D animierte Zwischensequenzen oder das weiche 3D Gameplay. Überall gibt es etwas zu entdecken, viele tolle Details und eine Märchenwelt, die vor allem von seiner Eigenartigkeit und Faszination lebt. Wenn dann noch Orchester-Töne sich mit der, sagen wir mal, Kuniffigkeit, der visuellen Erzählweise verbinden, dann haben Fans wenig zu bemängeln. Egal ob Charaktere, Städte, Landschaften oder Monster, hier gibt es Ghibli-Kunst zu bestaunen.

Das Gameplay selbst ist eher klassischer Natur: Zwar können wir uns rund 80 Stunden im Spiel verlieren, doch Karten, Kämpfe und Begleiter wirken eher wie ein bekanntes Konstrukt aus Best-Of-Spielemomenten. Dies ist natürlich im Kern nicht falsch, kann aber auf der Dauer doch etwas ermüdend und repetitiv wirken. Dennoch ist vor allem unser Entdecker-Herz gefragt: Gemeinsam starten wir mit Oliver in eine Welt, die wir zusammen erkunden und erforschen. Auf der weitläufigen Weltkarte wimmelt es dabei von Monstern – inklusive mächtiger Wächter – und Ortschaften. An vielen Stellen kommen wir zu Beginn jedoch noch gar nicht weiter, während wir im späteren Verlauf aber stärker werden und sogar Brücken herbei zaubern können, um neue Abschnitte zu erreichen. Rätsel, Fliegen oder gar die Möglichkeit Meere zu überqueren, geben uns dabei immer neue Richtungen vor. Die Monster und Kämpfe selbst, wählen wir bewusst an und können sogar Hinterhalte legen. Die anschließenden Fights verlaufen dann in Echtzeit, während wir uns frei auf der Kampfkarte bewegen können. Mit Angriffen, Zaubern, Gegenständen und wichtigen Kontern, werden wir dabei auch gut gefordert, aber niemals überfordert.

Ein besonderes Highlight sind dabei wohl die Vertrauten, die Oliver während eines Gefechts einfangen und trainieren darf – quasi wie Pokémon. Und ja, auch die Vertrauten sind im Kern eher knuffige Wesen, die wir wohl in erster Linie aufgrund ihres faszinierenden Aussehens einfangen und uns darüber freuen. Doch im Kampf sind die süßen Begleiter auch eine großartige Bereicherung. So sammeln diese Erfahrungen und während wir uns im Training immer mehr verausgaben und verlieren, teilen wir ihnen bestimmte Fähigkeiten zu, die ganz und gar unserem Spielstil entsprechen. Möchte ich lieber einen Tank an meiner Seite oder einen kleinen Magier? All dies ist in Ni no Kuni kein Problem. Zusammen mit den Süßigkeiten – die gar in einem guten Crafting-System selbst hergestellt werden können – entwickelt sich das JRPG zu einem richtigen Sammelfieber. In den Kämpfen selbst, werden wir zudem von mindestens zwei Begleitern unterstützt, die ebenfalls wieder drei Vertraute kommandieren dürfen. Schade ist dagegen, dass sich viele KI-Begleiter eher ungelenk anstellen und wir viel nachsteuern müssen.

Die Geschichte selbst schwankt indes zwischen träumerischer Fantasie und bekanntem Heldenepos, überzeugt aber durch seine ungemeine Kreativität. Dabei ist besonders die Perspektive von Oliver eine angenehm erfrischende und zusammen mit der Ghibli-Welt eine atemberaubende audiovisuelle Reise, auch wenn an vielen Stellen das Potenzial nicht voll ausgeschöpft wird. Die Zweifel oder Tränen von Oliver bleiben lange unnahbar, während uns die vielen unvertonten Textboxen nicht immer abholen können. Und dennoch bietet Ni no Kuni eine schöne Reise, die vor allem durch seinen Wechsel zwischen Märchenwelt und Realität ungemein aufgewertet wird. Kommen wir einmal in der Sagenwelt nicht weiter, springen wir zurück und erkunden unsere, wobei wir dann gewisse Hinweise bekommen. Wo auf der einen Seite ein König sitzt, wartet auf der anderen vielleicht ein Tunichtgut. Die Verbindungen beider Welten funktionieren dabei prächtig. Und das Gefühl von Vernetzung, Verbundenheit und gemeinsamer Trauer ist es dann auch, die gewiss im Finale zu Tränen rühren kann. Am Ende bleibt ein vielleicht ruhiges und unaufgeregtes Märchen, dafür aber ein sehr gefühlvolles, welches sich Zeit für seine Welt und seine Charaktere nimmt. Wer genau dieses sucht, wird auch heute noch vollends fündig.

Technisch gesehen bleibt bei Remastered-Version von Ni no Kuni unterdessen alles gleich, während wir aber die Welt endlich in 4K und 60 FPS erleben können. Und das lohnt sich!

Fazit

Ni no Kuni kann vor allem mit seiner unvergleichlichen wie einmaligen Welt überzeugen sowie seiner gefühlvollen Reise voller Schmerz und Trauer. Alles ist miteinander verbunden und verwoben, während wir die Welt selbst ein Stück besser machen. Daneben wirkt jedoch das Gameplay regelrecht klassisch: Zwar können die Vertrauten punkten und auch die Kämpfe sind dynamisch, aber auch stark wiederholend. Fans von JRPGs – die vielleicht auch die großen Titel der SNES Ära geliebt haben – werden hier ein kleines Meisterwerk finden. Alle anderen zumindest eine technisch einwandfreie Remastered-Version und ein audiovisuell fantastisches Rollenspiel, welches lange begeistern kann.

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