Mittlerweile ist es schon acht Jahre her, dass mit Tales from the Borderlands nicht nur das bekannte Borderlands Universum (welches zuletzt mit Tiny Tina's Wonderlands erweitert wurde) einen ungewöhnlichen Ableger bekommen hat, sondern auch Telltale Games einen damaligen Hit produziert hatte. Seit dem hat sich aber einiges geändert: Telltale musste 2018 seine Pforten schließen, die Quick-Time-Event und Abenteuer Spiele sind etwas in der Schublade verschwunden und Borderlands selbst, hatte nach dem grandiosen zweiten Teil mit Borderlands 3 selbst so seine Schwierigkeiten. Dennoch wagt sich jetzt Gearbox Software selbst an eine Fortsetzung und bringt mit New Tales from the Borderlands eine Fortsetzung auf den Markt. Eine, die nicht nur den Geist der Vorlage aufgreifen möchte – was besonders den Humor betrifft – sondern auch gleichzeitig eine Modernisierung darstellt. Herausgekommen ist ein Volltreffer für Fans der Reihe, doch spielerisch bleibt New Tales from the Borderlands etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Kritik
Wer jetzt indes gehofft hatte, die Helden Fiona und Rhys wiederzusehen, wird jedoch schon zu Beginn enttäuscht: Statt einer direkten Fortsetzung, wird die Zeit etwas geändert und wir erleben die Geschehnisse nach den Ereignissen von Borderlands 3 mit insgesamt drei neuen Figuren auf dem Planeten Promethea. Eine Katastrophe ist dies wahrlich aber nicht, immerhin steckt das Franchise nur so voll verrückter wie sympathischer Charakteren, die einen immer früher oder später ans Herz wachsen. So auch bei der neuen Truppe, die aus der genialen aber etwas überforderten Waffenerfinderin Dr. Anuradha Dhar, der miesgelaunten Frozen-Yogurt-Verkäuferin Francine Miscowicz sowie dem völlig verplanten aber immer stets selbstbewussten Kleinganoven Octavio Wallace-Dhar besteht. Gerade diese Mischung ist erneut, die viele Spielerinnen und Spieler schon zu Beginn an gut abholen wird. Immerhin sind es gerade die (Anti)-Helden mit ihren vielen Schwächen, Eigenheiten und der einzigartigen Verschrobenheit, die viel von der eigentlichen Faszination ausmacht. Da macht New Tales from the Borderlands keine Ausnahme, sondern eher eine angenehm gute Figur.
Doch keine Sorge: Wie im Borderlands Universum üblich, dreht sich am Ende – trotz einer großen Invasion, kapitalistischen Konzerninteressen, einer Waffe die alles verschwinden lässt und dem schwierigen Leben unserer Protagonisten – auch alles um die sagenumwobenen Schatzkammern, die üblicherweise jede Menge Sorgenfreiheit versprechen. Neulinge werden hier jedoch gut abgeholt, sodass nicht unbedingt Vorwissen erforderlich ist. Kenner des Franchise werden dagegen jedoch mit einigen netten Anspielungen und Storydetails versorgt, die zum Schmunzeln anregen. Am Ende profitiert New Tales from the Borderlands aber nicht nur vom ungewöhnlichen Setting und des Universums, sondern auch wie gehabt vom überzogenen, albernen und völlig abgedrehten Humor der Reihe, der hier nicht minder vorhanden ist. Im Gegenteil: Hier darf erneut herzlich über Figuren, Handlungen und vor allem Dialoge gelacht werden. Fans kommen hier voll auf ihre Kosten und auch Neulinge dürften sich schnell in den Albernheiten wiederfinden (wenn man dafür empfänglich ist). Im Gesamten ist damit die Geschichte erneut ein Highlight, welches mit seinen markanten Figuren für ordentlich Würze sorgt, die mit dem Humor zusammen ordentlich gut garniert wird. Zudem haben wir alle Kapitel auf einmal parat, was insgesamt acht bis zehn Spielstunden bedeutet. Doch reicht dies? Oder haben wir am Ende nur einen Borderlands Film auf dem Bildschirm?
Nun, diese Antwort ist gar nicht so leicht: Zwar wurde die bekannte Formel der alten Telltale Games etwas aufpoliert und modernisiert, bleibt aber weiterhin sehr starr und etwas repetitiv. Die Dialoge sind dabei im Fokus des Spiels: Erneut müssen wir innerhalb einiger Zeit unsere Dialogoption auswählen, was schließlich kleinere oder größere Folgen auf unsere Geschichte hat. Wie stark diese indes beeinflusst wurde, sehen wir am Ende der jeweiligen Kapitel. Denn genau hier, wird uns aufgezeigt, welche Konsequenzen die Entscheidung hatte. Gerade der Wiederspielwert von New Tales from the Borderlands profitiert hierbei sehr stark, da wir gerne sehen wollen, wie unsere anderen Entscheidungen ausgesehen hätten. Dies macht erneut viel Freude und ist wirklich gut in die Geschichte mit den Figuren zusammen eingebettet. Zudem erwarten uns insgesamt fünf verschiedene Enden, die allesamt ihre Daseinsberechtigung haben und uns gerne dazu animieren, es doch noch einmal anders zu versuchen.
Abseits dessen erwarten uns aber vor allem die gewohnten „Spiele“ und damit Probleme der Games. Auch wenn das Dialogsystem recht knackig und aktualisiert daherkommt, ist vor allem das gewohnte Quick-Time-Event Gameplay eine Qual. Wie gewohnt müssen wir innerhalb kürzester Zeit die richtige Taste drücken, um unsere Handlung voran zu treiben. Bleiben wir passiv, hat dies natürlich auch seine Konsequenzen, ebenso, wenn wir falsch treffen. Und auch wenn die Inszenierung hier versucht ordentlich Spannung und Action reinzubringen, bleibt diese Art des Spiels ungewöhnlich fad und mittlerweile einfach überholt. Gleiches gilt für die vielen Mini-Spiele, die uns Gearbox in die Handlung eingebaut hat. Zwar sorgen diese zu Beginn noch für ordentlich Abwechslung und etwas Arbeit, aber im Laufe der Geschichte wird dies nur lästig. Wäre New Tales from the Borderlands eher wie ein Film aufgebaut, wäre dies durchaus angenehmer als die ständigen recht oberflächlichen Gameplay Wiederholungen. Überhaupt ist selbiges abseits des vorgestellten kaum vorhanden: Wer also sich nicht an Charaktere und Geschichte festhalten kann, bleibt irgendwann leider auf der Strecke.
Technisch gesehen ist das Spiel indes wenig zu kritisieren: Die Cel-Shading-Optik ist abermals gut gelungen und liefert einen zeitlosen Stil, der zudem recht hübsch ausgefallen ist. Zwar könnten manche der Texturen etwas schärfer ausfallen, aber Licht und Schatten sind gut umgesetzt und auch die Actionsequenzen strotzen voller Details, sodass an der Atmosphäre wenig auszusetzen ist. Zudem sind abermals die Animationen sehr gut gelungen, sodass man gebannt auf den Bildschirm schaut.
Fazit
Abseits seiner Geschichte, die gewohnt verrückt, knackig und ungewöhnlich daherkommt, bietet New Tales from the Borderlands trotz seiner Versuche eher klassische Abenteuer-Telltale Kost, was einfach 2022 ein Problem darstellt. Zu wenig probiert Gearbox neues, zu wenig wird hier die bekannte Formel verlassen. Wer dann wenig auf die Dialoge, den Humor oder die Story aufspringt – die zudem etwas braucht, bis sie ordentlich in Fahrt kommt - wird kaum abgeholt. Fans des Franchise sollten aber auf jeden Fall einen Blick riskieren. Das nächste Abenteuer muss aber einfach etwas mehr bieten als nur gewohnte Pfade.