Bildnachweis: © Square Enix

Videospiel "Final Fantasy XVI" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

FINAL FANTASY XVI stellt Spieler*innen eine ganz neue Geschichte im FINAL FANTASY-Universum vor: Eine Dark-Fantasy-Erzählung, die in Valisthea spielt – einem Land, das vom Licht der Mutterkristalle gesegnet wurde und in dem die Fäule alle Reiche und den Frieden zwischen ihnen bedroht. Das Schicksal der Welt wird von mächtigen Bestien namens Espern und den Domini – einzelnen Personen, die deren Macht herbeirufen können – entschieden. Die Geschichte handelt von dem Krieger Clive Rosfield, der zum „Ersten Schild von Rosaria“ ernannt wurde und schwor, seinen jüngeren Bruder Joshua – den Dominus des Phönix, Esper des Feuers – zu beschützen. Es dauert nicht lange, bis Clive im Mittelpunkt einer Tragödie steht und Rache an der dunklen Esper Ifrit schwört, einem geheimnisvollen Wesen, das nichts als Zerstörung hinterlässt.

Kritik

1987 stand es wirtschaftlich nicht gut um das japanische Unternehmen Square (welches heute unter dem Namen Square Enix bekannt ist). Doch der Start zweier erfolgreicher Rollenspielreihen wendete das Blatt: Dragon Quest und kurz darauf das darauf aufbauende Final Fantasy. Nun, ganze 35 Jahre später, steht nach zig Videospielen, Romanen, Filmen und einer TV-Serie der 16. Teil der Hauptreihe exklusiv für die Playstation 5 bereit. Die Final Fantasy-Games haben im Laufe der Zeit stets einen Wandel durchzogen und sich neu ausgerichtet: Mal gab es die reine Single-Player-Erfahrung, dann war man zwischendurch aber auch ausschließlich im Multiplayer-Bereich unterwegs. Es ging in linear gestaltete Abenteuer, schließlich aber auch in weitläufige offene Spielwelten. Gekämpft wurde früher mal rundenbasiert, mittlerweile aber geht es immer mehr in Richtung Echtzeit. Jedes Final Fantasy hat seine eigene Note und daher auch seine ganz eigene Fangemeinde hinter sich. Und das Gute ist: Neulinge können nahezu an jedem Punkt einsteigen, da die Ableger in der Regel nicht aufeinander aufbauen und völlig eigenständig funktionieren. Auch das neue Final Fantasy XVI wagt sich inhaltlich und spielerisch an Neuem. Was Spieler hier genau erwartet und wem das gefallen oder nicht gefallen könnte, möchten wir im Folgenden klären.

Bei Final Fantasy XVI handelt es sich grob umfasst um ein Action-RPG für Einzelspieler. Auffällig dürfte direkt der wesentlich düsterere Ton sein, den man so bislang nicht von der Reihe gewohnt war. Es fließt ordentlich Blut, die Charaktere fluchen und auch vor nackter Haut schreckt man nicht zurück. Der Humor- und Niedlichkeitsfaktor wird dabei mächtig heruntergefahren. Alles nötig, um die mit allerlei Wendungen, Intrigen und Tragödien gespickte Geschichte über die politischen Machtspiele verfeindeter Nationen glaubwürdig zu erzählen, in die man auf schicksalhafte Weise hineingerissen wird. Ziemlich offensichtlich, dass Game of Thrones hier als Inspirationsquelle diente. Wer also ein fröhliches, kunterbuntes Abenteuer für die ganze Familie erwartet, wird sich wie vor den Kopf gestoßen fühlen. Final Fantasy ist erwachsener geworden. 

Die Handlung ist trotz des nicht immer optimalen Pacings zwischendurch im Großen und Ganzen mitreißend ausgefallen. Aufgrund der vielen Namen, Begriffe sowie Zeit- und Ortswechsel bedarf sie allerdings eine gewisse Aufmerksamkeit, um nicht sogleich den Überblick zu verlieren. Auch die Bereitschaft, sich in verschiedene Themen einzulesen. Dafür werden dem Spieler diverse nützliche Hilfsmittel angeboten, die gut ins Spielgeschehen eingebunden sind: Jederzeit (auch in Videosequenzen) kann ein Kompendium aufgerufen werden, welches alle aktuell relevanten Dinge näher erklärt und Informationen zu allen gerade agierenden Personen gibt. Zudem lässt sich im Stützpunkt auf eine Art Wiki zugreifen, in welchem man sich zu allen Themen, die sich auch gezielt suchen lassen, weiter einlesen kann. Wer darauf aber keine Lust hast und erwartet, dass das Spiel seine Handlung ohne eigenes Zutun verständlich vermittelt, wird sich gewiss darüber ärgern, wie verworren das Ganze erzählt wird. Doch der Aufwand, sich damit weiter zu befassen, lohnt sich, denn wer erst einmal in die Handlung eingetaucht ist, wird ganz bestimmt Gefallen an ihr finden. Wie es sich für ein Final Fantasy gehört, nimmt sie schnell enorm epische Ausmaße an, hat sympathische Charaktere zu bieten und weiß mit jeder Menge Dramatik unter die Haut zu gehen.

Gab es in Final Fantasy XV noch eine große offene Spielwelt zu erkunden, ist Final Fantasy XVI nun sehr linear aufgebaut, ähnlich wie es beim 13. Teil der Fall war. Bedeutet, dass man sich weitestgehend durch schlauchige Abschnitte von A nach B bewegt. Gelegentlich werden die Gebiete auch ein klein wenig weitläufiger und erlauben, vom Pfad abzuweichen, doch solche Abstecher fallen eher geringfügig aus. Ob man das nun gut oder schlecht findet, hängt wohl vom persönlichen Geschmack ab: Die einen werden es begrüßen, fokussierter durch die Handlung zu schreiten, die anderen werden sich in ihren Erkundungsmöglichkeiten arg eingeschränkt fühlen. So hübsch die Gebiete auch gestaltet sind, tatsächlich gibt es abseits der vorgesehenen Route nicht viel zu entdecken. Eine Kiste hier, ein vom Monster bewachtes Item dort, als Belohnungen winken in der Regel Crafting-Materialien, die allerdings nicht viel Relevanz im Spiel haben (dazu gleich mehr). Echte Secrets, optionale Gebiete und Bosse, wie es noch im 15. Teil der Fall war, sucht man hier leider vergebens. Das betrifft übrigens auch das Endgame, welches in Teil 15 mit zahlreichen Dungeons und gigantischen Bossen sehr umfangreich ausfiel, hier jedoch nicht existent ist. Ist man mit der Handlung durch, wartet zwar noch ein New Game+ Modus auf motivierte Spieler, in welchen man seine Ausrüstung komplett mitnehmen kann, das war es dann aber auch schon.

Verwunderlich ist, wie wenig Rollenspiel in Final Fantasy XVI eigentlich steckt. Gesammelte Erfahrungspunkte und damit verbundene Levelaufstiege gibt es zwar auch hier, Attributwerte steigen dadurch aber automatisch und werden nicht vom Spieler gezielt erhöht. Es gibt zwar einen Attributbaum, doch dieser beschränkt sich rein auf die Esper-Fähigkeiten und bedarf nicht viel Management vom Spieler. Händler verkaufen Ausrüstung, doch diese unterscheidet sich lediglich in einem Stärke- oder Rüstungswert voneinander, wodurch ein genaues Abwägen wie in einem Diablo IV überhaupt nicht nötig ist. Besondere Zusatzeffekte, Buffs etc. gibt es nicht. Und das Verbessern der Ausrüstung treibt den Wert bis zu zwei Mal um ein paar Punkte nach oben, viel mehr passiert damit nicht. Spätestens zwei Stunden später hat man im Laufe der Hauptkampagne eh die nächste Waffe gefunden, die einen besseren Wert aufweist und die alte ersetzt. Charaktere, die sich der Hauptfigur anschließen, werden weder gesteuert, noch hat man Einfluss auf ihre Ausrüstung, ihr Verhalten oder ihre Werte. Dialogoptionen und Entscheidungsfreiheit sucht man vergebens. Und bei den Nebenquests handelt es sich ausschließlich um reine Fetch Quests, bei denen es ums Töten eines Monsters oder das Beschaffen eines Gegenstands geht. In der Regel sind diese in wenigen Minuten erledigt.

Ist Final Fantasy XVI dann eigentlich noch ein Rollenspiel? Die ehrliche Antwort lautet: Nein, nicht wirklich. Vielmehr ist es ein Actionspiel, das hier und da rudimentäre RPG-Elemente aufweist. Doch die besitzen Spiele wie Assassin's Creed oder Far Cry auch, dabei sogar in viel ausgefeilterer Form. Und ein Far Cry würde schließlich auch niemand als Rollenspiel bezeichnen. Ist Final Fantasy XVI dadurch nun ein schlechtes Spiel? Nein, zumindest wenn man nicht mit falschen Erwartungen herantritt. Wer damit fein ist, ein storygetriebenes, lineares Actionspiel zu spielen, wird für rund 30 Stunden gut unterhalten. Denn neben der packenden Handlung ist es eben auch die Action, mit der das Game punkten kann. Diese läuft nun komplett in Echtzeit, erinnert grob an Devil May Cry und macht ordentlich Laune. Es gibt verschiedene Angriffe, Spezialfähigkeiten, Kombos, Paraden und Ausweichmanöver, die schick inszeniert zum Einsatz kommen. Auch seinem Hund Torgal lassen sich dabei drei Befehle erteilen, mit denen er einem zur Seite steht. Mit bis zu drei ausgerüsteten Espern, zwischen denen sich im Kampf jederzeit wechseln lässt, lassen sich jeweils zwei besondere Fähigkeiten ausführen, welche nach einem Cooldown immer wieder einsatzbereit sind. Schade, dass deren Elemente wie Feuer oder Wind für den Gegner völlig irrelevant sind, stattdessen haben sie unterschiedliche Auswirkungen auf physischen oder Willenskraft-Schaden. Die Tiefe eines Soulslikes erreicht Final Fantasy XVIin den Gefechten zwar lange nicht, macht aber in seiner hier dargebotenen Form dennoch eine gute Figur und ist eine willkommene Evolution für die Reihe.

Zwischendurch kommt es auch immer mal zu gewaltigen Esperkämpfen (das sind die mächtigen magischen Wesen in Final Fantasy), in denen die volle epische Breite ausspielt wird. Spielerisch sind diese zwar nicht sonderlich anspruchsvoll gestaltet, doch was deren Schauwerte und cinematische Inszenierung angeht, kann kaum jemand etwas den Entwicklern vormachen. Hier werden ganze Landstriche verwüstet und Effekte aus allen Rohen geschossen. Untermalt vom grandiosen orchestralen Soundtrack von Masayoshi Soken ist dabei Gänsehaut garantiert. 

Wem all das doch zu schwierig sein sollte, der kann auf Wunsch im sogenannten Story-Modus spielen, bei dem Gegner etwas abgeschwächt werden. Zudem lässt sich der Schwierigkeitsgrad gezielt über das Anlegen von magischen Ringen steuern, die gewisse Prozesse automatisieren: Dadurch weicht der Hauptcharakter beispielsweise von selbst im richtigen Moment aus oder heilt sich, wenn es brenzlich wird. Ganz nett für Casual-Spieler, die weniger Erfahrung besitzen und einfach ohne Stress durch die Handlung wollen. Alle anderen, die Final Fantasy XVI regulär wie vorgesehen spielen, bekommen ein forderndes, jedoch nie unfaires oder überaus schweres Spiel geboten.

Grafisch ist Final Fantasy XVI ein richtig hübsches Game geworden. Dass es ausschließlich auf PS5 veröffentlicht wurde, ohne noch die alte Konsolengeneration zu bedienen, wirkt sich auf jeden Fall positiv auf die visuelle Pracht aus. Das zeigt sich sowohl in den bezaubernden Umgebungsgrafiken als auch in den schicken Animationen und gewaltigen Effekten. Dabei stehen wie gewohnt ein Grafik- und ein Performance-Modus zur Wahl, wovon der erste angenehm stabil läuft, Letzterer jedoch an einer schwankenden Framerate leidet. Hier gibt es also noch ein wenig Verbesserungsbedarf. Der Score ist, wie bereits erwähnt, großartig und die Sprecher (vor allem im Original) insgesamt sehr professionell.  


Fazit

Ein "Final Fantasy", das mit seinen Designentscheidungen einige mehr, andere weniger ansprechen wird. Die hübsche Grafik, die stimmungsvolle Musik, die fesselnde Story, die epische Inszenierung und auch die spaßigen Kämpfe sind alles Dinge, die das Spiel wirklich gut hinbekommt. Wer sich vom düsteren, an "Game of Thrones" angelehnten Ton angesprochen fühlt, wird sicherlich auch diesen eingegangenen Schritt zu schätzen wissen. Was an "Final Fantasy 16" aber bemängelt werden kann, ist die Reduzierung seiner sonst doch eher typischen Rollenspielelemente, die hier nur noch in simpelster Form angeboten werden und den Titel dadurch spielerische Tiefe kosten. Auch der sehr lineare Aufbau ist eher Geschmacksache. Es muss nicht immer eine ausufernde Open World sein, doch ein bisschen mehr Freiheit wäre doch irgendwie schön gewesen. Und auch spannendere Nebenquests hätten nicht geschadet. Wer mit einem geradlinigeren Spielerlebnis aber fein ist, das seinen Fokus auf Action und Handlung legt und drumherum gar nicht viel an zusätzlichen Beschäftigungs- und Erkundungsmöglichkeiten braucht und darüber hinaus auch gar nicht groß an seinem Charakter herumbasteln will, wird mit "Final Fantasy 16"sicherlich eine gute Zeit haben. 

Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.