Wenn es derzeit ein Studio gibt, welches gelungen ein altes verstaubtes Genre zurückbringen kann, dann ist es wohl Mimimi Productions. Mit Shadow Tactics: Blades of the Shogun haben sie bereits eindrucksvoll bewiesen, dass sie das Genre der Echtzeit-Taktik nicht nur beherrschen, sondern auch alte Tugenden mit modernen Ideen verbinden können. Doch ein Desperados? Wir erinnern uns: Es war Anno 2001, als mit Commandos 2: Men of Courage ein wahrer Meilenstein des Genres erschien, der gleichzeitig harte Taktik abverlangte, als auch spielerisch voller Innovationen steckte. Ebenfalls 2001 folgte mit Desperados: Wanted Dead or Alive der Ausflug in den Western, der mehr auf Coolness und Setting setzte. Spiele wie das fantastische und sehr unterschätzte Robin Hood – Die Legende von Sherwood sowie Desperados 2: Cooper’s Revenge sollten bis 2006 folgen. Danach wurde es still bei Spellbound Entertainment und 2012 folgte die Auflösung. Nun folgt also unter Mimimi Productions eine Rückkehr mit Desperados 3. Doch können Cooper, McCoy und Kate O'Hara auch heute noch überzeugen? Kurze Antwort: Ja, und wie! Gespielt wurde die PC Version - seit dem 16.06. im Handel erhältlich!
Story
In diesem langersehnten Prequel des beliebten Klassikers Desperados: Wanted Dead or Alive schließt sich John Cooper mit der ausgebüxten Braut Kate, dem zwielichtigen Kofpgeldjäger Doc McCoy, dem hünenhaften Trapper Hector und Isabelle, einer geheimnisvollen Dame aus New Orleans, zusammen. Auf Coopers Suche nach Erlösung führen seine Abenteuer ihn und die Gang von ländlichen Orten über Sümpfe und Flussufer bis zum dramatischen Showdown, der den Legenden des Wilden Westens würdig ist.
Kritik
Mimimi Productions schafft es indes nicht nur eines der besten Spiele des Genres seit Commandos 2 (das leider nicht so gelungene HD Remaster vergessen wir lieber) zu offenbaren, sondern liefert auch die perfekte Blaupause dafür ab, wie man eine alte Spielereihe und ein altes Spielegenre gekonnt wieder zurückbringt. Dies zeigt schon der Anfang von Desperados 3: Mit dem jungen James Cooper erleben wir einen kleinen Prolog, der uns nicht nur hervorragend die spielerischen Grundkenntnisse beibringt, sondern auch gleich die Welt offenbart. Eine harte, raue und sehr gewalttätige Welt, in der jedoch Cooper auch immer einen kleinen lässigen Spruch auf den Lippen hat. Kurz danach springen wir auch schon in die erste Karte des Spiels, die dann wie ein Öffner funktioniert: Die Detailverliebtheit ist ebenso faszinierend wie die taktische Herausforderung. Einfach vorstürmen und die Gegner mit Waffen und Messern niederstrecken ist zwar möglich, aber faktisch unmöglich in der Umsetzung. Dies liegt nicht nur daran, dass wir für die Pistolen wenig Munition haben, sondern auch daran, dass zumeist 3,4 oder 5 Gegner ein Todesurteil darstellen. Also agieren wir aus dem Verborgenen, achten auf Sichtkegeln und Hörweiten, passen Timing an und kämpfen uns zum Missionsziel durch.
Hierbei müssen wir viele Dinge beachten: Lassen wir Leichen beispielsweise unbedacht im Weg liegen, können Feinde auf sie stoßen und Verstärkung rufen. Meucheln wir im falschen Moment, werden wir gesehen und überleben nicht lange im Kugelhagel. Daher sondieren wir erst einmal die Lage: Welche Wege können wir überhaupt gehen – es sind immer mehrere möglich – wie genau wollen wir einzeln vorgehen und setzen wir lieber auf Schleichen und lautloses Ausschalten oder grobes Anpacken. Beides ist möglich und offenbart daher für jeden einen eigenen Spielstil, der sich immer wieder an die Gegebenheiten anpasst. Zudem sind wir immer wieder in unterschiedlichen Teams unterwegs und jede der Figuren hat seine Besonderheiten, Stärken und auch Schwächen: So kann Cooper mit seinem Colt zwei Gegner auf einmal ausschalten und per Münze Gegner ablenken, McCoy seinen Arztkoffer als Beute auslegen und so Feinde anlocken, Hector per Bärenfalle und Pfiff Gegner in die Falle locken, Kate O'Hara sich verkleiden und Gegner per Tritt in die Weichteile ausknocken und Isabelle Moreau gleich mit Voodoo-Kraft gegen die Feinde zu Felde ziehen. Letztere wirkt indes an manchen Stellen sehr überpowert, ist aber angesichts des frischen Windes wirklich eine Bereicherung für das Spiel.
Der Rest ist an vielen Stellen gewohnt gute Genrekost: Gegner unterhalten sich, schlendern ihren Weg, bemerken wenn ihre Kameraden verschwunden sind und sichern sich teils Gegenseitig durch ihre Sichtkegel gut an. Hier hilft dann auch der Showdown Modus, in dem wir sogar Koop-Aktionen gut durchführen können. Daher ist planen alles – aber auch speichern. Und hier darf man sich nichts vormachen: Mimimi Productions offenbart uns ein absolut schweres Spiel, welches auch sehr oft auf Trial and Error setzt. Dies kann man durchaus kritisieren, funktioniert aber im Setting und den vielen verschiedenen Ideen hervorragend. Zudem kann man, wenn man möchte, auch regelmäßig speichern. Das Spiel erinnert einen zudem auch freundlich daran: Ab 1 Minute Spielzeit ohne speichern, folgt ein angenehmer Reminder, der zu Beginn nervig erscheint, aber spätestens ab dem Zeitpunkt, wo man 5 Minuten erneut spielen muss, wie eine wichtige Botschaft erscheint. Ein weiteres Highlight im Spiel ist indes die Karte selbst: Nicht nur gibt es hier ein sehr angenehmes wie humoristisches Westernsetting zu bestaunen, auch die Umwelt selbst lässt sich gekonnt von uns beeinflussen. Eine Kirchenglocke die auf unser Ziel stürzt, ein vergifteter Whiskey oder lieber ein Stier, der kurzerhand den Feind aufs Korn nimmt – all dies ist in Desperados 3 möglich. Zudem gibt es auch Feinde, die wir nicht bezirzen oder ablenken können, für genügend Abwechslung ist also sowohl spielerisch als auch von den Kulissen her gesorgt.
Eine gelungene Neuerung sind indes auch die zivilen Zonen, in denen wir – zumindest wenn wir nicht wild um uns ballern oder schlichtweg auffallen – unbemerkt die nächste Feindeszone betreten können oder eben ein Ziel auskundschaften. Überhaupt sind die Städte oder Welten sehr belebt und fantastisch inszeniert. Es gibt überall etwas zu entdecken, was natürlich das Planen umso schöner macht. Und selbst das xte laden ist dann durchaus verkraftbar. Ebenfalls toll sind die Statistiken am Ende einer jeden Mission: Hier können wir nicht nur verpasste Herausforderungen sehen – was den Wiederspielfaktor erhöht – sondern auch schauen, wenn wir am meisten gespielt haben, welche Taktiken wir eingesetzt und wie gut wir dabei abgeschnitten haben. Die Live-Karte als Replay ist zudem eine interessante Idee und wir schauen gerne noch einmal dabei zu, wie wir uns gerade durch die Mission gemeuchelt haben. Die Geschichte selbst, ist am Ende dann aber doch eher Beiwerk und der Aufruf von Mission zu Mission zu wandern. Eine gnadenlose Westerngeschichte à la Sergio Leone bekommen wir hier nicht – tragisch ist dies angesichts der taktischen Herausforderung aber nicht.
Fazit
Nach Shadow Tactics liefern uns Mimimi Productions erneut ein fantastisches Echtzeit-Taktik-Spiel ab, welches zudem eine (teils vergessene) Kult-Reihe zurückbringt. Herausgekommen ist nicht nur der beste Teil der Desperados-Reihe, sondern auch ein sehr taktisches, manchmal amüsantes und stets herausforderndes Game, welches Fans absolut begeistern wird. Egal ob Spielewelt, Möglichkeiten, Charaktere oder Inszenierung: Hier finden sich Liebhaber als auch Neulinge schnell zuhause und tauchen mit Cooper und Co. in eine fantastische Welt ab, die einen unzählige Stunden fesseln wird.