Willkommen zurück, Commander: Wem die ikonischen Sounds „Einheit verloren“ sowie „unsere Basis wird angegriffen“ Schweißperlen auf die Stirn treiben und gleichzeitig das Bedürfnis hat einen Gegenangriff zu formieren, der hat vermutlich vor rund 25 Jahren Command & Conquer: Alarmstufe Rot (1996) – oder auch dessen Vorgänger/Sequel Command & Conquer: Der Tiberiumkonflikt (1995) – gespielt. Wegweißer im Genre des Echtzeit-Strategiespiele (RTS), ein Riesenerfolg für das damalige Westwood Studios und der Beginn eines absoluten Kults rund um Kane, schräger wie aberwitzigen Zwischensequenzen und jeder Menge verrückter Waffensysteme: Kurzum, Command & Conquer zählte in den 90er Jahren zu den AAA Spielen der damaligen Zeit. Doch in den vergangen 25 Jahren hat sowohl C&C als auch das Genre des RTS einen unvergleichlichen Absturz erlebt. Grund genug also, um passend zum Jubiläum ein Stück Geschichte zurückzubringen. Nach dem fantastischen Age of Empires 2 Definitive Edition und dem enttäuschenden Reforged von WarCraft 3 wagt sich also nun Electronic Arts mit der Command & Conquer Remastered Collection an die Neuauflage eines Kult-Klassikers. Und schafft fast ein wahres Glanzstück.
Dies liegt schon am Inhalt der Command & Conquer Remastered Collection: Hier liegen nämlich nicht nur die beiden oben genannten Games bei, sondern auch die damaligen Addons Der Ausnahmezustand für den Tiberiumkonflikt sowie Gegenangriff und Vergeltungsschlag für Alarmstufe Rot. Zudem lassen sich die einzelnen Missionen bequem über ein Menü einzeln ansteuern – mit über 100 Missionen ist damit Retro-Spielspaß garantiert. Das Kernspiel selbst wurde indes nicht angefasst: So haben wir ebenso eine, nennen wir sie kreativ eingeschränkte KI, wie kleine Karten, ein fast immer gleicher Spielaufbau, wenig Interaktionen in den Missionen und spartanische Missionsbeschreibungen. Das Spiel selbst ist ebenfalls schnell zu lernen und zu händeln, was daran liegt, dass Basis- sowie Einheitenbau immer gleich ablaufen und die Einheitenanzahl auch übersichtlich bleibt. Und dennoch: Auch wenn das Genre 1995 und 1996 noch in den Kinderschuhen steckte und Titel wie Company of Heroes oder Supreme Commander noch in weiter Ferne lagen, funktioniert das Spielprinzip heute noch sehr gut. Gerade in den Multiplayergefechten – zumindest gegen menschliche Spieler – kommt man selbst heute noch ordentlich ins Schwitzen. Doch auch die Missionen selbst, die in insgesamt drei Stufen gespielt werden können, bieten eine Mischung aus schnell gespielt, durchaus herausfordernd und „ich sollte öfter speichern“.
Das Projekt selbst ist unterdessen atemberaubend: Hier hat EA nicht einfach ein Spiel neu aufgelegt, sondern sich sichtlich Mühe dabei gegeben, die Fans ordentlich abzuholen. Ja, gar zu beteiligen. Denn neben Ex-Westwood-Mitarbeitern und einer atemberaubenden Spurensuche von Code, Videos und Soundfiles, wurden vor allem Fans gefragt und in das Projekt eingebunden. Letztere haben sogar dabei geholfen einige der Kerninhalte mit zu verbessern. Verbessern ist indes auch das richtige Stichwort: Insgesamt bietet die Command & Conquer Remastered Collection eine Fülle an Verbesserungen und Erleichterungen, die das Spiel auch ein wenig moderner machen. Natürlich angefangen bei der Grafik, die sich nun auf Wunsch in 4K umstellen lässt. Wer es lieber Retro-Pixelig haben möchte, kann dies aber ebenso spielen. Zusatzmissionen der damaligen Konsolen N64 und PlayStation liegen ebenso der Version bei wie die eigentlich erst zu freizuschaltenen Missionen Funpark Dino und Ant. Doch damit nicht genug: Auch bei der Steuerung und der Kommandoleiste gibt es viel Neues zu entdecken. So beispielsweise die Erweiterung des Baumenüs auf drei Spalten oder die Möglichkeit Einheiten in Warteschlange zu bauen (ja, das gab es damals nicht).
Ein Zoom ist indes ebenso enthalten wie die Möglichkeit von Wegpunkten oder der Änderung der Steuerung von Links- auf Rechtsklick der Maus. Spieltempo und Scrollgeschwindigkeit sind auch im Menü anpassbar. Wer den modernen Schnickschnack allerdings nicht braucht, kann auch alles wieder ausschalten und wie einst in den 90er Jahren spielen. Eine sehr gute Ergänzung ist unterdessen der Multiplayermodus bei Der Tiberiumkonflikt, den es damals schlichtweg nicht gab. Wer aber alle Missionen gespielt hat und auch im Multiplayer keine Herausforderungen mehr findet, kann auch einfach selbst kreativ werden und mit dem eingebauten Karteneditor – der sich beim Start auswählen lässt – eigene Karten designen. Im Gefecht lassen sich diese bequem herunterladen und spielen. Einziges Manko: Eine Sortierfunktion, wie bei den Hauseigenen Karten, gibt es leider nicht. Überhaupt ist der Multiplayer eines der Highlights der Remastered Collection: Hier lassen sich beispielsweise Ranglisten-Partien (1 vs 1) mit Gegnersuche auf Basis einer ELO-Wertung auswählen. Zudem gibt es jede Menge Einstellungsmöglichkeiten. Egal ob Spielegeschwindigkeit, Technologiestufe oder Startgeld.
Ein großes Problem sind derzeit aber noch die Performance Einbrüche bei den Spielen. Gerade bei vielen Gegner und/oder einer schnellen Spielweise fängt das Spiel stark an zu ruckeln. Bei sehr intensiven Gefechten wird die Version hier fast unspielbar (auch wenn es schon Seitens der Entwickler Tipps gab). Abseits dessen, liefen die vielen gespielten Kämpfe aber ohne große Probleme ab. Ganz anders in der Kampagne: Neben kleineren Bugs, gab es manchmal auch kurioses. So hatte einmal die KI vergessen die Basis zu errichten oder unsere Warteschleifen-Funktion ging plötzlich nicht mehr. Cool ist hingegen, dass es gar diverse Bugs nach 25 Jahren wieder ins Spiel geschafft haben. Der Klassiker ist dabei natürlich der Ernter, der gerne zum Feind fährt und einmal Hallo sagt. Aber eben auch die leichte Beschädigung von Gebäuden, die immer mal wiederaufkommt. Der Rest – in sich verkeilte Gruppen von Panzern, oder Einheiten, die wenig Interesse an Befehlen haben – ist hingegen tolles Retro-Hass-Gefühl. So war das eben damals, und irgendwie gehört dies zu Command & Conquer (zumindest in diesen Teilen).
Die Command & Conquer Remastered Collection bietet neben der Spielefülle und der vielen Verbesserungen aber noch mehr: So wurden unter anderem die Videos durch einen KI-Algorithmus hochskaliert, was dazu führt, dass zumindest bei Der Tiberiumkonflikt die Videos durchaus ansehnlich sind. Bei Alarmstufe Rot hingegen wirken die Videos oft unscharf und eher seltsam. Dies liegt aber nicht an EA bzw. der Entwicklung, sondern schlichtweg am grausamen Ausgangsmaterial. Die insgesamt vier Stunden Filmmaterial mit Outtakes oder geschnittenen Szenen sind aber eine schöne Entschuldigung dessen. Ebenfalls sehr gelungen ist die Soundaufarbeitung: Die ikonischen Rock und Industrial Tracks klingen besser denn je und wurden von keinem geringeren als Komponist Frank Klepacki neu produziert. Insgesamt gibt es im Spiel somit sieben Stunden Musik sowie auch 20 neue Stücke, die Klepacki mit seiner Coverband The Tiberian Sons in Studioqualität neu aufgenommen hat. Ebenfalls endlich vorhanden ist auch die ungeschnittene Version der Spiele: Wo einst die Blechbubis tanzen mussten und Robotergeneräle in den Krieg zogen, gibt es nun Blut sowie Menschen. Allerdings ist die deutsche Vertonung natürlich nicht geändert worden, sodass es ein wenig merkwürdig anmutet. Abgerundet wird die Version indes von der Mod-Unterstützung, die kurz vor Release angekündigt wurde. So hat EA den Source Code des Spiels unter der "GPL Version 3.0 Lizenz" (Open-Source-Software-Lizenz) veröffentlicht. Zwar funktionieren die Mods dabei nur in Gefechten und eigenen Missionen für Einzelspieler, doch dafür sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Einige tolle Mods gibt es auch schon: So beispielsweise die Verbesserungen von Wegfindungspunkten, ein moderner Mauerbau, Cheat Möglichkeiten der KI um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen oder ein erhöhtes Rohstoffwachstum. Da wird wohl noch jede Menge Spielspaß folgen.
Fazit
Command & Conquer Remastered Collection ist wohl ohne Zweifel eines der besten Remaster die wir bislang bekommen haben. Alles ist vorbildlich: Der Kontakt zur Community, der Spieleinhalt, die Verbesserungen, der Einsatz beim Aufhübschen der Grafik, der Sounds und Videos und eben der Möglichkeit per Open Source Code eigene Inhalte zu erstellen. Zudem ist der Preis mit 20 Euro mehr als Fair und sorgte hier in der Redaktion dazu, dass neben der Testversion auch gleichzeitig eine Version auf Steam gekauft wurde. Ansonsten ist Command & Conquer eben Command & Conquer: Wer sich damals Stunden um Stunden im Kampf zwischen GDI und NOD, oder eben Alliierten und Sowjets verloren hat, kann glorreich nach 25 Jahren zurückkehren. Doch auch Neulinge oder Interessierte Genre-Veteranen können hier bedenkenlos zugreifen und ein Stück Geschichte (nach)spielen. EA darf so gerne weitere Command & Conquer Titel zurückbringen, oder eben auch gerne einfach ein neues Spiel der Reihe entwickeln. Es wird Zeit!