Ein neues Jahr, ein neues Call of Duty. Was bei Spielsport-Fans das Fifa ist (oder war), ist nun einmal im Shooter-Genre das jährliche Bombast Call of Duty mit all seinen Facetten, Stärken und Schwächen. Und nachdem letztes Jahr Vanguard durchaus mit jeder Menge Problemen zu kämpfen hatte, gilt es nun mit Call of Duty: Modern Warfare 2 wieder an das Call of Duty: Black Ops Cold War anzuknüpfen, welches ohne Frage neben Call of Duty: Modern Warfare (2019) das beste Call of Duty der letzten Jahre sein dürfte. Mit Modern Warfare 2 knüpft man indes abermals an alte Tugenden (und Figuren) des Franchises an, wobei das Spiel keineswegs ein Remake oder Remaster ist. Viel mehr eine komplette Neuinterpretation, jedoch mit genügend Reminiszenzen aus dem Original von 2009. Während der Multiplayer wieder mit jeder Menge Abwechslung aufwartet und vor allem auch auf den im November kommenden Neustart von Warzone zielt, bietet die Kampagne wieder mehr vom Alten, doch auch einige neue Aspekte, die zumindest auf dem Papier vielversprechend klingen. Wir haben uns einmal ins Getümmel gestürzt.
Kritik
Zu Beginn gleich unser ernüchterndes Fazit: Auch wenn die Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare II mit vielen neuen Kniffen und Ideen punkten kann, am Ende bleibt sie leider nur etwas gehobenes Mittelmaß im Franchise. Dies liegt aber keineswegs an der Inszenierung oder dem Gameplay, sondern viel mehr der Geschichte, die nicht wirklich große Highlights bietet oder wie noch bei Cold War etwas über den Tellerrand blickt. Die Handlung rund um islamistische Terroristen sowie mexikanische Drogenkartelle – und uns als Specialeinheit – ist daher nur Stichwortgeber, um uns von einem Schauplatz zum nächsten zu jagen. Zumindest diese, und die fantastischen Zwischensequenzen, sind aber wunderschön anzusehen. Die Kampagne selbst, spielen wir indes in insgesamt 6-10 Stunden durch (je nach Schwierigkeitsgrad) und die meisten Fans von Call of Duty dürften dabei ordentlich unterhalten werden. Dies liegt auch an den vielen Abwechslungen und Ideen, die dieses Mal eingebaut worden sind. Nicht nur in grafischer Hinsicht (gerade Mexiko ist hier ein Highlight), sondern auch in spielerischer.
Während Dinge wie Antwortmöglichkeiten ohne wirkliche Substanz eher zum Schwächeren gehört, sind es vor allem die Missionen die beeindrucken können. Hier wartet nicht nur eine spektakuläre wie spannende Schleich/Sniper Mission, sondern auch eine Erinnerung an „Death from Above“ sowie eine Undercover Mission mit ordentlich Schweiß auf die Spielerinnen und Spieler. Doch die Qualität schwankt: Während wir beispielsweise mit der im Trailer hauptsächlich gezeigten Mission ein klares Highlight haben, gibt es mit einer „Fahren und Schießen“ Mission eine der wohl schlechtesten Call of Duty Missionen seit Jahren zu bestaunen. So wechseln sich interessante Momente mit eher langweiligen Baller-Passagen regelmäßig ab. Was gefällt, ist der Weg hin mehr zu kleinen Teams, ruhigeren Momenten und einer Spezial-Truppe, die einen – zumindest manchmal – auch durchaus ans Herz wächst. Andere werden zwar die Bombast-Momente vermissen, doch der Weg hin zu etwas mehr Tiefe weiß zu gefallen und kann trotz seiner bisherigen Schwächen immer wieder unter der Oberfläche hervorblitzen (Stichwort Crafting). Bleibt zu hoffen, dass eines der nächsten Call of Duty Spiele sich hier endlich mehr Zeit nimmt. Am Ende ist die Kampagne aber lohnend: Gerade die Rückkehr von bekannten Figuren weiß zu gefallen, während wir immer wieder kleine Missionen erleben, die uns zumindest etwas in Erinnerung bleiben. Zudem bleibt eine aufgesetzte Skandalmission dieses Mal aus.
Kernstück von Call of Duty ist aber auch dieses Mal natürlich der Multiplayer und dieser ist – abseits der typischen Diskussionen wie jedes Jahr – wirklich gut gelungen. Trotz einiger technischer Mängel, dazu später mehr, ist hier wieder ein Feuerwerk abgeliefert worden, welches die meisten Call of Duty Spielerinnen und Spieler zufrieden stellen dürfte. Im Fokus stehen dabei Klassiker des Spiels wie Team Deathmatch, Stellung, Domination und Abschuss bestätigt. Hier funktionieren die Elemente wieder gekonnt und liefern eine angenehme Mischung aus Tempo, Waffenhandling und der Kill-Möglichkeit, also dem Trefferfeedback. Daraus entsteht abermals ein schnelles Spielgefühl, welches schnell eintauchen lässt und genügend Tiefe bietet, sodass alle Spielerinnen und Spieler gut mitgenommen werden können. Passend dazu sind auch die insgesamt 10 Maps sehr gelungen: Neben der Abwechslung – von einem mexikanischen Markt, über ein Hotel hin zu einer Festungsanlage – dürfte für jeden was dabei sein. Insgesamt sind die Karten gut gestaltet, übersichtlich, logisch und bieten je nach Spielertyp immer wieder das passende etwas. Die persönlichen Highlights dürften daher schnell gefunden sein. Bei manchen größeren Karten gibt es aber das typische Sniper-Spots Problem, aber das lässt sich wohl niemals ganz abstellen. Und auch die Reduzierung der Geschwindigkeit dürfte nicht jedem gefallen. Im Gesamten bietet aber gerade diesmal wieder eine Chance, nicht gleich im Hüftschuss Feuer unterzugehen.
Etwas gewöhnungsbedürftig sind dagegen die Waffen: Keine Sorge, dieses sind nicht nur soundtechnisch unglaublich gut geworden und auch das Waffenhandling ist eine pure Freude. Allerdings sind die Originalnamen so gut wie alle verschwunden, sodass wir zur Lachmann greifen müssen. Dies ist relativ absurd, aber auch nur ein Problem am Rande. Der Rest des Handlings ist dagegen gut gemacht: Auf der Plattform bauen wir unsere Waffen nach unserem Gutdünken um und platzieren neue Visiere, Griffe oder Schäfte an. Je nachdem was wir schließlich wählen, ändert sich das Handling und wir haben gewisse Vor- wie Nachteile. Im Gesamten ist das System nicht wirklich neu, aber wird durch das Levelsystem angenehm aufgewertet. So können wir unsere Lieblingsstücke nicht nur über einen gewissen Technologiebaum erweitern, sondern sogar im Kern die Munitionsart und das komplette Waffengefühl ändern. Die dann maximal fünf aufgerüsteten Aufsätze, verschieben das Handling so schnell, dass gerade neue Spielerinnen und Spieler nicht ewig warten müssen, um eine ihrer Lieblingswaffen in der Hand haben zu können. Zudem sind sogar völlig realitätsferne Möglichkeiten offen, sodass viel ausprobiert werden kann. Dies gefällt.
Wozu wir noch nicht viel sagen können, ist indes das Waffentuning, welches am Ende der Freischaltungen geöffnet wird. Dies wurde kurzzeitig offline genommen (aufgrund von Abstürzen), ist aber wieder online und konnte noch nicht ausführlich getestet werden. In Bezug auf Perks hat sich auch einiges getan: Insgesamt vier Perks können wir dieses Mal auswählen. Darunter zwei Basis Perks, einen Bonus sowie einen Ultimate Perk. Der Ultimate ist nicht zu Beginn der Partie verfügbar, sondern wird über Abschüsse freigeschaltet oder wenn wir die Missionsziele erfüllen. Die Perks selbst sind indes Klassiker des Franchises, wobei mächtige wie der Drohnen Streak recht schnell auch freigeschaltet werden können. Über die Balance im Spiel können wir hier noch nicht richtig viel sagen, doch in den Matches die wir gespielt haben, war es durchaus ausgeglichen und nie ein Perk so richtig übermächtig. Ob dies allerdings auch so bleibt, muss abgewartet werden.
Wer weitere Abwechslung benötigt, bekommt dieses indes klar abseits der Klassiker geboten und hier hat Call of Duty: Modern Warfare II auch dieses Mal einiges zu bieten. Darunter die neuen Modi Gefangenenrettung und Knock Out. Hier zählen vor allem alle Mitglieder des Teams, sodass hier gute spannende Gefechte entstehen, die etwas auf das Tempo drücken. Ansonsten ist natürlich auch wieder Search & Destroy zu finden sowie die sechs gegen sechs Spiele. Abseits dessen, gibt es auch wieder Massenschlachten in Call of Duty zu finden. Mit 64 Spielern stürzen wir uns dabei in Bodenkrieg und Invasion und dürfen hier sogar Fahrzeuge und Helikopter einsetzen. Richtig neu sind diese Modi natürlich nicht und sie zielen hier vor allem auch auf Battlefield, aber als Abwechslung gegenüber den normalen Spielmodi, sind sie wahrlich gelungen und bieten ein angenehmes Chaos. Am Ende gibt es aber auch wieder die bekannten Koop-Missionen, die nochmals für Abwechslung sorgen. Zwar fallen diese relativ leicht aus, können aber mit ihrer Inszenierung überzeugen und bieten kurzweilige Action. Schade ist hingegen, dass der Hardcore Modus bislang fehlt.
Technisch gesehen ist unterdessen Call of Duty: Modern Warfare II ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite ist vor allem die Grafik gelungen und bietet in den Zwischensequenzen regelrechte Aha-Momente, und auch der Ton ist stark, kraftvoll und kann einem voll vom Stuhl reißen, auf der anderen Seite hatte unsere PC Version auch ganz schön mit Bugs zu kämpfen. Darunter Texturen die nicht geladen werden oder matschig werden im Laufe des Spiels, Grafikfehler, Clipping Fehler, Soundaussetzer, Abstürze und auch ab und an Performance-Einbrüche. Infinity Ward arbeitet wohl hart daran, dass die meisten Dinge bald abgestellt werden, aber für einen Launch war dies definitiv ein kleines Debakel. Zumindest dies muss aber positiv erwähnt werden: Was wir an Einstellungsmöglichkeiten im Menü vorfinden, ist kurz gesagt spektakulär. So sehr, dass wir sogar innerhalb der Optionen suchen können.
Fazit
Call of Duty: Modern Warfare II hat jetzt schon einige Rekord aufgestellt und ist für Activision ein voller Erfolg. Und dies trotz der recht „normalen“ Kampagne und den vielen technischen Problemen beim Start. Dies liegt wohl vornehmlich daran, dass trotz kleinerer fehlender Elemente im Spiel gerade der Multiplayer mit seiner Inszenierung, den guten Maps und den Gameplay-Entscheidungen richtig gut geworden ist und jede Menge Spaß macht. Abseits dessen, bietet Modern Warfare II eine kurzweilige wie abwechslungsreiche Solo-Kampagne mit vielen Ideen, die jedoch nicht immer ganz zünden, eine hervorragende Inszenierung in Grafik und Waffensound und eben jede Menge Tiefgang in Sachen Multiplayer. Gerade die Vielfalt hier macht viel der derzeitigen Faszination aus. Für jeden ist etwas dabei, jeder hat genügend Möglichkeiten, genau sein Tempo, sein Spiel in Call of Duty: Modern Warfare II zu finden. Und wir starten ja erst: Mit den noch angekündigten Inhalten dürften Spielerinnen und Spieler ein schönes Call of Duty Jahr bekommen.