Gerade erst konnte „American Sniper“ bei der 87. Oscar-Verleihungen eine der begehrten Trophäen absahnen, am kommenden Donnerstag wird die Chris-Kyle-Biographie dann auch in den deutschen Kinos zu sehen sein – und damit auch Clint Eastwoods schlechteste Regiearbeit. Dass Eastwood aber nicht nur in der Lage ist, die rechtspopulistische Propagandamaschinerie ordentlich mit Pomade einzuschmieren, sondern durchaus tiefgründiges Material abzuliefern, soll dieses Special noch einmal belegen. Angesichts der ideologischen Schlagseite von Eastwoods neustem Streich ist das auch dringend vonnöten. Wir haben also mal wieder keine Kosten und Mühen geschaut, euch eine zünftige Top 10 der besten Regie-Arbeiten seitens Clint Eastwood zu präsentierten. Viel Spaß beim Lesen, Zustimmen und Mäkeln!
10. Pale Rider – Der namenlose Reiter
Handlung: Ein namenloser Prediger hilft einer Gruppe von friedfertigen Goldschürfern, die von einem brutalen Minenunternehmer erpresst werden. Regisseur und Hauptdarsteller Clint Eastwood schlüpft in diesem Spätwestern aus dem Jahr 1985 erneut in seine Paraderolle als wortkarger, geheimnisumwobener Revolverheld.
Darum in der Top 10: Nicht nur durch seine ökologische Kritik am Verhalten des Großunternehmers, der die Schätze der Natur in seiner durch Industrialisierung wie Urbanisierung angetriebenen Raffgier nicht mehr zu ehren weiß und den hiesigen Siedlern den Lebensraum wie die Arbeit entreißen möchte, macht Clint Eastwoods Arbeit substantiell. „Pale Rider“ besitzt eine spirituelle Note, die sich durch die Figur des Predigers langsam entfaltet: Manchmal stellt die Menschheit Gott vor eine Prüfung, die auch er in seiner angeblichen Allmacht nicht zu bewältigen weiß und sich daraufhin gezwungen sieht, das Schicksal der Unterdrückten in die schroffen Hände eines Totgeglaubten, eines Weltenwandlers zu legen, dessen Vergangenheit von den Narben auf seinem Rücken erzählt wird. Doch wer seine Hände einmal mit dem Blut anderer befleckt hat, dessen Seele kennt keine Ruhe mehr, sondern nur noch die immerwährende Heimatlosigkeit.
Handlung: Nach dem Tod ihrer Mutter Francesca finden ihre Kinder eines ihrer Tagebücher, in der sie eine unfassbare Geschichte finden. Vor vielen Jahren, als die Kinder mit dem Vater für einige Tage fort waren, lernte sie einen anderen Mann kennen. Robert Kincaid war Photograph auf der Suche nach den Brücken von Madison County, über die er eine Reportage machen will. Francesca erklärt sich bereit, ihm zu helfen, und schon am nächsten Tag bemerken sie, daß sie sich ineinander verlíebt haben. Doch den bleiben bleibt nur wenig Zeit, und schon bald muß Francesca sich zwischen ihm und der Familie entscheiden.
Darum in der Top 10: Dass "Die Brücken am Fluss“ so gut funktioniert und wirklich berührt, liegt natürlich an erster Stelle an der Inszenierung und den exzellenten Schauspieler, aber ganz besonders ist es auch die Lage der beiden Liebenden: Francesca (MerylStreep) wäre nie mit ihm mitgegangen, das ist klar. Das Pflichtgefühl gegenüber ihrer Familie, die Angst sie zu verletzten und die Blicke der Menschen, die sie auf sich ziehen würden - Die Scheu vor den Veränderungen. Sie opfert ihr Leben ihrer Familie, doch der letzte Wunsch ist an Robert gerichtet, ohne dabei unnötig auf die Tränendrüse zu drücken. Clint Eastwood ist eben auch ein unverbesserlicher Romantiker.
Handlung: Los Angeles im Jahre 1928: An einem Samstagmorgen in einem Arbeiterviertel verabschiedet sich Christine von ihrem Sohn Walter. Als sie wiederkommt ist ihr Sohn verschwunden. Eine großangelegte Suche folgt, doch sie bleibt ergebnislos. Monate später taucht ein Junge auf, welcher behauptet Christines Sohn Walter zu sein. Christine nimmt ihn bei sich auf, obwohl sie spürt, dass dieser Junge nicht ihr Sohn ist. Als sie bei den Behörden nachfragt, um die Suche nach ihrem Sohn fortzusetzen, stößt sie auf taube Ohren. Sie erfährt, dass Frauen im Amerika der 20er Jahre nicht viel zu sagen haben. Christine findet einen Verbündeten, Reverend Briegleb, welcher ihr hilft für ihr Anliegen zu kämpfen, um die Suche nach ihrem Sohn fortzusetzen...
Darum in der Top 10: Clint Eastwoods Aufruf an die Zivilcourage ist großes, aber niemals überladendes Kino, hier geht es um Menschen und um die zweifelhafte Macht eines Systems, dass eigentlich für Ehrlichkeit und Sicherheit stehen sollte, anstatt einer in ihrer Verzweiflung und Trauer gefangenen Frau weiterhin emotional zu verkrüppeln. Darüber hinaus ist die formale Rekonstruktion des 1920er Jahre natürlich – wie von Eastwood gewohnt – ein spezifischer Augenschmaus, denn ob Kostüme, Frisuren oder die Ausstattung, hier steckt viel Liebe zum Detail drin, und was wir als selbstverständlich hinnehmen wollen, ist die Arbeit von echten Könnern, von Profis die wissen, wie man eine Epoche fühlbar wieder aufleben lassen muss und schlussendlich auch repräsentiert.
7. J. Edgar
Handlung: J. Edgar Hoover ist ein schwieriger Charakter, der in seiner 50 Jahre währenden Karriere einerseits als Musterbild für Gesetzessinn und Moralität gilt, anderseits kontrollsüchtig, egozentrisch, erpresserisch und rassistisch ist. Er revolutioniert die kriminalistische Spurensicherung, sammelt zugleich ein geheimes Aktenarsenal an, mit dem er die mächtigsten Politiker erpresste. Sein Assistenzdirektor Clyde Tolson ist ihm tief ergeben, doch Hoover unterdrückt seine homosexuellen Neigungen.
Darum in der Top 10: Es begeistert gleichermaßen, wie subtil die Beziehung zwischen Hoover und seinem engsten Vertrauten Clyde Tolson (Armie Hammer) herausgearbeitet wird und „J.Edgar“ nicht zur Rekonstruktion einer staubiger FBI-Chronik macht, sondern vielmehr zur leisen Liebesgeschichte, in der ein Mann Gefangener zweier Welt wird und sich der Homophobie seiner Mutter beugen, den stählernen Glanz des FBI repräsentieren und sich dabei auch noch gegen seine eigenen Gefühle stemmen muss. All das ist vereint natürlich unmöglich, gerade seine Liebe zu Tolson verleiht ihm auch einen zwischenmenschlichen Rückhalt, der Hoover vor der vollkommenen, inneren Einsamkeit und Depression gerettet hat. „J. Edgar“ ist erneut ein reifes Alterswerk Eastwoods, der mal wieder über den eigenen Tellerrand blickt und Hoover nicht nur als Monstrum, sondern auch als emotionalen Menschen zeigt, auch wenn er kein glücklicher war - Aber wer kann das schon von sich behaupten?
Handlung: Die beiden Kriminellen Butch und Terry nehmen nach ihrem Gefängnisausbruch eines kleinen Jungen namens Phillip als Geisel. Als sich Terry auf der Flucht an dem Jungen vergreifen will, wird er von Butch erschossen und dieser zieht mit Phillip allein durch Texas weiter. Langsam entwickelt sich zwischen den anfangs unfreiwilligen Gefährten so etwas wie eine Freundschaft, denn sie sind sich gar nicht so unähnlich. Beide sind ohne Vater aufgewachsen und Phillip sieht in Butch eine Art Vaterersatz, der ihm paradoxerweise mehr Freiheiten gewährt als es Phillips strenge religiöse Erziehung bisher zuließ. Dicht an ihren Fersen haftet jedoch der Ranger Red Garnett, der ebenfalls ein unfreiwilliges Team mit FBI-Agentin Sally Gerber bilden muss.
Darum in der Top 10: Obwohl der Ernst der Lage die Geschichte immer wieder konsequent einholt, sind es doch ganz besonders die schönen, zärtlichen und sensiblen Momente, in denen „Perfect World“ ganz groß auffahren kann. Das liegt vor allem an Philipps kindlicher Naivität, gepaart mit Butchs (Kevin Costner) trockener Art. So ist „Perfect World“ zwar in erster Linie ein stilles und ernstes Drama, wird aber auch durch seine gelegentliche Spritzigkeit einfach unheimlich liebevoll, herzlich und vor allem sympathisch. Man fiebert mit Butch und Philipp (T.J. Lawther) und wünscht ihnen einfach ein gutes Ende. „Perfect World“ füllt seine 130 Minuten blendend aus und wird zu einem der ganz besonderen Filmerlebnisse.