Zum Kinostart des Martin Luther-King-Biopic „Selma“, ist es in der Oscar-Woche natürlich ein Muss, eine Liste des Lieblingsgenres der Academy anzufertigen. Heute erfolgt Teil 1 mit den Beste Filmbiographien, morgen gibt es dann den gegenteiligen Teil 2 und ihr dürft durch die größten Katastrophen dieses Gefildes klicken. Nun aber bleibt es harmonisch und Souli und Stu wünschen euch viel Spaß beim Lesen, Zustimmen und Neuentdecken.
Handlung: USA mitte der 50er Jahre: Der aus armen Verhältnissen stammende J.R. Cash heiratet nach seiner Dienstzeit beim Militär in Deutschland seine junge Freundin und bekommt mit ihr zusammen ein Kind. Er träumt von einer Karriere als Musiker und es gelingt ihm eines Tages mit einigen seiner älteren Songs, die er während seiner Militärzeit geschrieben hatte, eine Platte aufzunehmen. Cashs Aufstieg ist rasant und bei einem seiner Auftritte lernt er die Sängerin June Carter kennen und beginnt sich in sie zu verlieben, doch auch June ist verheiratet. Johnny landet einen Hit nach dem anderen und verfällt immer mehr der Tablettensucht, in die er sich immer mehr hineinsteigert. Bald hat Johnny sein Leben und die Sucht nicht mehr unter Kontrolle, seine Tour wird gecancelt und seine Frau zieht mit den Kindern aus. Johnny steht kurz vor dem Aus...
Darum in der Top 10: Joaquin Phoenixversucht als Johnny Cash den wachsenden Erfolg mit erhöhtem Drogenkonsum zu kompensieren und driftet immer weiter in den Bereich der Selbstzerstörung. Er hat keine Zeit für seine Frau, keine Zeit für die Erziehung seiner Kinder und die Ehe zerbricht aufgrund einer neuen Liebe, die ihn letzten Endes vor dem katastrophalen Sturz rettet. Durch die Stadien der Schüchternheit bis zur gestandenen Reife zieht „Walk the Line“ von James Mangold uns streckenweise unheimlich fesselnd in das Geschehen, auch wenn die Faszination Cashs für die Musik nie wirklich angesprochen wird. Letztlich bekommen wir einen Film über den Menschen Cash serviert, der über die Fehler, die Gefühle und die Entwicklung dieses Mannes spricht.
9. Ray
Handlung: Der junge, farbige und blinde Ray nimmt seinen ganzen Mut zusammen und geht als Teenager - völlig auf sich allein gestellt - nach Seattle, wo es ihm bald gelingt, in der damals angesagtesten Jazz-Szene Amerikas Fuß zu fassen. Er müht sich, seinen eigenen Musik-Stil zu finden. Gegen alle sozialen Widerstände bekommt er schließlich bei Atlantic Records einen Schallplattenvertrag. So beginnt sein triumphaler Aufstieg zum gefeierten Weltstar. Doch es gibt auch zahllose Liebesaffären und Drogen...
Darum in der Top 10: Gewiss, „Ray“ erfüllt die Formelhaftigkeit ohne größere oder erstaunlichere neue Aspekte des Sub-Genres zu genieren, doch Regisseur Taylor Hackford bietet ein konstant einnehmende Narration wie Inszenierung, die vor allem von Jamie Foxx getragen wird, der für seine Leistung mit einem Oscar belohnt wurde. Dass die Musik hochklassig ist und Ray Charles so gebührend als der Meister seines Faches zelebriert wird, wie es ihm zusteht, muss da eigentlich gar nicht mehr erwähnt werden. Zwar war Chadwick Boseman in der James Brown-Biopic„Get On Top“noch etwas beeindruckender als Foxx, allerdings versagte dieser Film durch seine eher unharmonische Erzählweise. „Ray“ ist im Bereich des Biopics gewiss keine Ausnahmeerscheinung, aber durchaus ein legitimer Vetreter. Auch wenn er vielleicht etwas zu kontrolliert nur die sichere Klaviatur des Bekannten spielt.
8. J. Egar
Handlung: J. Edgar Hoover ist ein schwieriger Charakter, der in seiner 50 Jahre währenden Karriere einerseits als Musterbild für Gesetzessinn und Moralität gilt, anderseits kontrollsüchtig, egozentrisch, erpresserisch und rassistisch ist. Er revolutioniert die kriminalistische Spurensicherung, sammelt zugleich ein geheimes Aktenarsenal an, mit dem er die mächtigsten Politiker erpresste. Sein Assistenzdirektor Clyde Tolson ist ihm tief ergeben, doch Hoover unterdrückt seine homosexuellen Neigungen.
Darum in der Top 10: Es begeistert auch gleichermaßen, wie subtil die Beziehung zwischen Hoover und seinem engsten Vertrauten Clyde Tolson (Armie Hammer) herausgearbeitet wird und „J.Edgar“ nicht zur Rekonstruktion einer staubiger FBI-Chronik macht, sondern vielmehr zur leisen Liebesgeschichte, in der ein Mann (herausragend gespielt von Leonardo DiCaprio) Gefangener zweier Welt wird und sich der Homophobie seiner Mutter beugen, den stählernen Glanz des FBI repräsentieren und sich dabei auch noch gegen seine eigenen Gefühle stemmen muss. All das ist vereint natürlich unmöglich, gerade seine Liebe zu Tolson verleiht ihm auch einen zwischenmenschlichen Rückhalt, der Hoover vor der vollkommenen, inneren Einsamkeit und Depression gerettet hat. „J. Edgar“ ist erneut ein reifes Alterswerk Eastwoods, der mal wieder über den eigenen Tellerrand blickt und Hoover nicht nur als Monstrum, sondern auch als emotionalen Menschen zeigt, auch wenn er kein glücklicher war - Aber wer kann das schon von sich behaupten?
7. Milk
Handlung: Im Jahr 1972 zieht der politisch interessierte Harvey Milk nach San Francisco, wo er mit seinem Liebhaber Scott Smith ein Fotogeschäft eröffnet. In der unverhältnismäßig großen und offenen Homosexuellenszene der Stadt fühlt er sich bald so wohl, daß er beginnt, die Rechte der Schwulen auch politisch zu vertreten. Die Folgen sind sowohl positver wie negativer Natur, eine breite Front beginnt gegen ihn zu arbeiten, während er für die schwule Community zum Sprachrohr wird - auch wenn er die Wahlen für ein politisches Amt reihenweise verliert. Erst 1977 wird er, gleichzeitig mit der Wahl des konservativen Kollegen Dan White, in den Stadtrat gewählt und damit zum ersten offen homosexuellen Politiker der vereinigten Staaten. Doch der Kampf gegen die Diskriminierung der Schwulen in der Öffentlichkeit geht weiter und als White schließlich ins politische Aus rutscht, fängt er an, Milk die Schuld dafür zu geben...
Darum in der Top 10: Anders aber als andere Filme, die ihr Publikum mit einer echten Faktenflut zu erschlagen drohen oder Tatsachen verschleiern, um einen profitableren dramaturgischen Ertrag daraus erzielen zu können (wie zum Beispiel Ron Howards Dummfilm „A Beautiful Mind“ mitRussell Crowe), folgt „Milk“ einem herrlich geerdeten Strickmuster und macht über seine 120-minütige Laufzeit immer einen angenehm schwungvollen Eindruck, ohne die eigenen Ambitionen dem blanken Effekt unterzuordnen. „Milk“ schafft es geradezu hervorragend, die private wie politische Vita des Harvey Milk unter einen Hut zu bringen, ohne in ein narratives Ungleichgewicht zu kippen. Vielmehr keimt daraus eine Symbiose der Wahrhaftigkeit, die die Persönlichkeit Harvey Milk und sein unermüdliches Engagement greifbar machen. Dieser Film ist ein Geschenk. Ein berührendes, reifes, aber niemals manipulatives Erlebnis, das sich zu einem echten Plädoyer für die Gleichberechtigung aufbäumt und dem Pathos vom Gutmenschen konsequent entsagt.
6. Nixon - Untergang eines Präsidenten
Handlung: Der US-Präsident Richard Nixon steht kurz vor seiner Amtsenthebung. Nur sein Rücktritt kann die Republikanische Partei noch retten. Er hat im Hauptquartier der Demokraten, dem Watergate-Hotel, Abhöranlagen installieren lassen. Vor dem Hintergrund des gleichnamigen Skandals wird die außergewöhnliche Geschichte eines Mannes erzählt, der aus einfachen Verhältnissen stammte und doch den Sprung in das wichtigste und zugleich schwerste Amt der Welt schaffte. Aber er hat sie alle getäuscht - und alles verloren....
Darum in der Top 10: Mittels anachroner Narration behandelt Oliver Stonein 190 Minuten den Untergang des Richard Nixon und unterzieht die signifikanten Stufen seiner Präsidentschaft einer für tradierte Sehgewohnheiten ungewöhnlichen, für einen durchaus mutigen Filmemacher wie Stone es ist aber prädestinierten Fragmentierung. Wichtig ist es nicht nur, sich auf den Film einzulassen, also ihn in seiner Eigenart zu akzeptieren, sondern auch zu verstehen, wie der politisch schon immer engagierte Regisseur es erstrebt, sein umstritteneres Werk wirklich zu entfalten – Ähnlich wie bei seiner vier Jahre zuvor entstandenen Rekonstruktion des Attentats auf John F. Kennedy, mit der Stone filmisch zwar Fulminantes leistete, den klaren Anspruch auf Realitätsnähe aber gewiss in Grenzen zu halten wusste. „Nixon“ gleicht einer shakespearschen Königstragödie, in der zuweilen auch nicht mit theatralischen Gestiken gegeizt wird: Richard Nixon (In seiner besten Rolle: Anthony Hopkins) fällt in demonstrativer Pose flehend auf die Knie, während sich Außenpolitiker Henry Kissinger (Paul Sorvino) angesichts des medialen Scherbenhaufens nur noch wehmütig ausmalen darf, was aus Nixon wohl geworden wäre, wenn er von doch nur die Liebe der Masse erfahren hätten dürfen.