Bildnachweis: © Telltale

"The Walking Dead" – The Final Season - Kritik

von Thomas Repenning

Spätestens mit The Walking Dead hat Telltale im Jahre 2013 eindrucksvoll gezeigt (passend im Fahrwasser des Erfolges der AMC Serie sowie der Comic-Vorlage), dass Point-and-Click-Adventure deutlich mehr sein kann als nur fröhliches wie buntes Chaos oder Humor-Spektakel. Es kann auch Verzweiflung, Finsternis und Horror bringen und dabei gleichsam eine Vorlage perfekt übertragen. Seit dem Start – mit vielen weiteren Episoden und Staffeln – ist natürlich viel passiert und so hat Protagonistin Clementine viel erlebt, sich gewandelt, hat teils brutale Entscheidungen getroffen (und somit die Spieler), den Tod mehrfach in vielfacher Form erlebt und ist immer wieder aufgestanden. Wir haben Charaktere liebgewonnen, andere verachtet, Tränen vergossen, Abenteuer begleitet und waren stets dicht am Geschehen und sind gemeinsam mit der Heldin an der Reise gewachsen. Doch eines Tages geht jede Geschichte zu Ende. Mit The Walking Dead – The Final Season will Telltale daher nun die Odyssee von Clementine zu einem bewegenden wie emotionalen Ende führen. Eine unglaubliche Mammut-Aufgabe und die Frage bleibt, ob Telltale all den Erwartungen überhaupt gerecht werden kann. Seit dem 14.08.2018 ist die erste Episode erhältlich und wir haben einen Blick riskiert.

Story

Clementine ist nun eine unerbittliche und entschlossene Überlebende, die das letzte Kapitel ihrer Reise angetreten hat. Nachdem sie jahrelang heimatlos war und Gefahren durch die Lebenden sowie die Toten trotzen musste, hat sie nun endlich die Chance, in einer abgelegenen Schule ein neues Zuhause zu finden. Aber sie wird Opfer bringen müssen, um es zu beschützen. Clem muss sich eine Existenz aufbauen und zur Anführerin heranreifen, ohne AJ aus den Augen zu lassen. Dieser Waisenjunge ist für sie zum einzigen Familienmitglied geworden, das sie noch hat. In dieser mitreißenden und emotionalen letzten Staffel wirst du deine Beziehungen definieren, gegen die Untoten kämpfen und bestimmen, wie Clementines Geschichte endet.

Kritik

Der Start ist indes vielversprechend: Genug mit Wegrennen! Somit hat die Geschichte gleich zu Beginn einen gewissen Weg, der reichlich Spannung verspricht. Neulinge sollten jedoch auf jeden Fall bei der ersten Staffel beginnen, weil sonst einfach eine gewisse emotionale Tiefe und Entwicklung fehlt. Zwar gibt es zu Beginn einen kurzen Entscheidungseditor – für die, die nicht mehr ihren alten Speicherplatz der letzten Staffeln haben (wobei Staffel 3 keine Rolle spielt), der jedoch natürlich viel zu knapp die düstere Reise von Clementine beschreibt. Diese ist mittlerweile eine taffe Kämpferin mit vielen Erfahrungen und hat schon längst keine Züge mehr des einstigen verängstigten Mädchens. Dementsprechend gestaltet sich auch die Geschichte deutlich anders: Clementine weiß um die Gefahren und beschützt gekonnt den kleinen AJ vor all den Monstern, die in der Welt von The Walking Dead warten. Schnell führt hierbei der Weg zu einem Heim für Jugendliche und Kinder, die das Gebäude nach dem Tag Z kurzerhand übernommen und verteidigt haben. Hier wird zwar nicht viel verraten, jedoch gelingt es Telltale mit den neuen Figuren wieder wunderbar eine einzigartige Stimmung zu erzeugen. So sind die Figuren durchdacht, haben alle Stärken und Schwächen und wachsen bald ins Herz der Spieler. Jedoch gibt es einige Schwächen in dem knapp zweieinhalb stündigen Auftakt der Staffel.

So fühlt sich der Abschied in vielen Bereich zu stark als solcher an: Eine gewisse Melancholie schwingt in der langsam zerfallenden Welt immer mit, während viele der Motive und Ereignisse wie ein Best-Off der bisherigen Episoden und Staffeln wirkt. Natürlich ist dies nicht schlimm, bringt aber in gewisser Weise auch etwas Trägheit mit und ist wenig intensiv. Zugegeben, die erste Episode fungiert als Wegbegleiter für den Rest der Staffel und eröffnet viele neue Entscheidungen und Story-Pfade – und auch das Finale ist hervorragend inszeniert – jedoch passiert insgesamt doch zu wenig. Auch hinterlässt die erste Episode einige Fragen: Was ist mit den Ereignissen der dritten Staffel? Wie konnten Clementine und AJ zueinander finden? Und was ist mit den Figuren der dritten Staffel? Dies mag noch in den nächsten Episoden eröffnet werden, jedoch gibt es auch nur noch drei weitere an der Zahl. Da müssen die Autoren noch einiges zaubern, um den Stil der bisherigen Staffeln fortzuführen. Gelungen ist jedoch die Charaktertiefe und vor allem die Beziehung zwischen Clementine und AJ, die stark an die erste Staffel erinnert. Diese besondere Dynamik, und auch die wunderschöne zerfallende Welt, sind es, die Fans wieder begeistern wird. Packend und spannend ist somit die erste Episode auf jeden Fall.

Technisch gesehen gibt es indes wenig zu bemängeln. Im Gegenteil: Die finale Staffel holt noch einmal alles aus der Technik raus, was wohl möglich war. So ist die Grafik malerisch und wunderschön und kommt der Comic-Vorlage wirklich erschreckend nah. Dies zusammen mit der neuen schwenkbaren Kamera, den deutlich größeren Gebieten und somit der harmonischeren Bewegungen in der Welt, erzeugt tolles Gameplay, welches das bislang beste der Reihe darstellt. Auch die Kämpfe oder Interaktionen mit den Beißern ist dynamischer, fließender und harmonischer. Die kleinen Verbesserungen sorgen insgesamt dafür, dass sich das Spiel sehr gut anfühlt und die Point-and-Click Mechanik sich sehr gut in die Geschichte einbettet. Zudem ist die Episode komplett deutsch vertont, was angesichts der bisherigen Staffeln ungewohnt erscheint, aber für deutsche Spieler ein schönes Extra darstellt.

Fazit

Insgesamt liefert uns Telltale mit The Walking Dead: The Final Season einen gelungenen und spannenden Start in finale und letzte Staffel, die an vielen Stellen schon wie ein Abgesang wirkt. Allerdings bleiben einige Fragen offen und auch klare Highlights gibt es in den ersten Stunden noch nicht. Dafür ist die Dynamik einmalig, die Figuren hervorragend geschrieben und technisch die Staffel die bislang klar beste der Reihe. Bleibt zu hoffen, dass nun erzählerisch noch einmal was oben drauf gepackt wird. Dann steht einem emotionalen wie ebenso dramatischem Finale nichts mehr im Wege.  

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