Harrys Meinung
Breaking Bad als Film. Geschickt erzählt Shot Caller von der Wandlung von Jacob alias „Money“, der betrunken am Steuer einen Autounfall verursachte und seinen Mitfahrer und Freund auf dem Gewissen hat. Im Knast zusammen mit Mördern und Schwerverbrechern muss er sich ganz nach dem „Wolf oder Lamm“-Prinzip entweder beweisen oder untergehen. Er wehrt sich und schließt sich einer Gang an. Immer wieder im Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit wird das alte „normale“ Familienleben und das jetzige „Gangster“-Leben nach der Haftentlassung von Jacob gegenübergestellt. Durch diesen einfach Kniff wird grundlegendes Interesse geweckt, werden Beweggründe offensichtlich und Emotionen entfacht.
Überzeugend in seinen Szenen hinter Gittern werden wir nicht nur Zeuge von genretypischen, gut inszenierten Scharmützeln, Aufständen und Schlägereien, sondern auch von Machtspielen und der schieren Wahllosigkeit, die einen dort ereilen kann. Warum aber Shot Caller nicht nur als knallharter Knast-Thriller funktioniert liegt einerseits an der starken Leistung von Nikolaj Coster-Waldau (Game of Thrones) der die Entwicklung des Charakters glaubhaft verkörpert und unsere Aufmerksamkeit vollends einfordert, aber auch der für diese Art von Filmen größenteils eher ruhig und bedächtigen, aber ungeheuer intensiven Begleitung durch Regisseur Ric Roman Vaugh (Snitch). Unterstützt durch den melancholischen und wunderschönen Soundtrack von Antonio Pinto wird immerzu die Zerrissenheit Jacobs erspürbar, der verzweifelt nach einem Ausweg aus seiner schwierigen Situation für sich und zunehmend auch für seine Familie sucht.
Auch wenn gegen Ende alles etwas zu konstruiert wirkt, überrascht Shot Caller mit seiner Konsequenz. Ein Weg, den man nicht gehen will, aber beschreiten muss, um sein Ziel zu erreichen. Ein Weg zu dem, was man hasst, um das zu schützen was man liebt. Ein Weg weit weg von sich selbst. (ausgezeichnet)
Kreuzküssers Meinung
„Ein Krieger oder ein Opfer zu werden".Ric Roman Waughs Film will eine vielschichtige Charakterstudie über einen Gangster mit Köpfchen und Muskeln sein, strebt in seiner Sprache und seinen tristen Orten nach Authentizität. Anhand eines Einzelschicksals offenbart Shot Caller die zerstörerische Kraft der vermeintlichen Rehabilitation des amerikanische Rechts- und Gefängnissystem. Im Kern ist der Film allerdings eine Farce. Anders lässt sich diese depressive Reise des Überlebens kaum bezeichnen. Wo das vermeintlich starke Geschlecht in Käfigen haust, wo die Kamera homoerotisch-fasziniert über ihre tätowierten Nazi-Körper streichelt, verkommen der Knast und die Gangs zu lächerlichen Klischees. Wenn in der Schlusssequenz die Dualität vom Familienmenschen und Kriminellen verherrlicht wird, gibt der Film seinen letzten Hauch von Glaubwürdigkeit auf. Das Porträt eines Mannes, der immer seiner Linie treu bleibt und als Märtyrer für den Schutz der Familie kriminell wird, ist ein elendes Selbstgewichse auf ein krudes Testosteron-Männerbild aus Hollywood, das wieder einmal aus Ehre, Schuld und Vergebung besteht. Da kann der ungemein stark aufspielende Nikolaj Coster-Waldau noch so die unterkühlte Wildsau herauslassen, das rettet den Film nur bedingt. (uninteressant)
Soulis Meinung
Gar nicht mal so gut. Ein derber Schicksalsschlag führt einen Familienvater in den Knast, wo er sich die Hände schmutzig macht, um den Preis der Sicherheit zu bezahlen. Shot Caller erzählt nichts Neues, muss er ja auch gar nicht, allerdings sollte er das, was erzählt, schon mit Verve tun. Das jedoch hat Ric Roman Waugh Zeit seines Schaffens noch nie beherrscht. Die große Stärke des Felon- und Snitch-Regisseurs war immer schon seine Schauspielführung, die in Shot Caller ebenfalls zur Geltung kommt. Nikolaj Coster-Waldau trägt den Film auf seinen muskulösen Schultern mühelos über die Ziellinie. Auch wenn das Drehbuch einem oftmals einer gewissen Nachvollziehbarkeit seiner Handlungen schuldig bleibt, spielt Coster-Waldau stark auf. Zeigt sich als zutiefst verletzter Vater und gleichzeitig absolut gnadenloser Bastard. Ansonsten? Hm, da macht sich das fahrig-klischierte Skript dann eben doch bemerkbar. Der Geschichte um einen Vater, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dass sein Sohn in die eigene Fußstapfen tritt, fehlt die schöpferische Vision. Das alles ist abgestanden und altbekannt. Muss nicht sein, lieber zu Mauern der Gewalt und R - Gnadenlos hinter Gittern greifen. (enttäuschend)