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Sense8: Unsere Kritik zur ersten Staffel

von Sandra Scholz


Capheus (Aml Ameen) aus Nairobi, Sun (Doona Bae) aus Seoul, Nomi (Jamie Clayton) aus San Francisco, Kala (Tina Desai) aus Mumbai, Riley (Tuppence Middleton) aus Island, Wolfgang (Max Riemelt) aus Berlin, Lito (Miguel Ángel Silvestre) aus Mexico City und Will (Brian J. Smith) aus Chicago. Acht Menschen, verteilt über die ganze Welt. Auf den ersten Blick ähneln sie sich überhaupt nicht, es gibt auch keine gemeinsame Verbindung zwischen ihnen. Doch plötzlich merken sie, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Zunächst hören sie seltsame Geräusche, dann fangen sie an, Menschen zu sehen die gar nicht da sind. Doch was geht da vor sich? Die acht werden unfreiwillig in einen Strudel aus Ereignissen gezogen, den sie nicht stoppen können.

Im First Look wurde es bereits angedeutet: „Sense8“ braucht eine ganze Weile, bis endlich alles in die Gänge kommt. Auch nach mehr als drei Folgen bleibt das Fazit, dass der Großteil der Serie sich damit beschäftigt, die acht Hauptfiguren einzuführen. Wer hier also ein ausgefeiltes Action-Meisterwerk erwartet, der dürfte bitter enttäuscht werden. Nicht falsch verstehen, es gibt actionhaltige Momente, und sie sind wirklich ausgezeichnet inszeniert. Doch sie sind nur ein kleiner Teil eines vielschichtigen Gesamtkunstwerkes.

So ist „Sense8“ in erster Linie eine Charakterstudie, nur eben mit acht Charakteren die es zu studieren gilt. Dass sie über große Teile des Planeten verstreut sind, bietet den Wachowskis ausreichend Möglichkeiten, sich in verschiedenen Stilen auszutoben. Lito beispielsweise verdient sein Geld als Schauspieler in Mexico City. Seine Szenen innerhalb der Serie ähneln verdächtig oft dem, was in handelsüblichen mexikanischen Soap Operas vor sich geht. Und in einer bestimmten Szene referenzieren die Wachowskis geradezu schamlos „Matrix“ und somit sich selbst, doch es fügt sich perfekt ins Gesamtkonzept und wird die Lacher auf seiner Seite wissen.

Ein anderes Beispiel wäre Kala, die in Indien lebt und für die ein oder andere Bollywood-typische Szene herhalten muss, inklusive Tanzeinlage. Überhaupt, die verschiedenen Schauplätze glänzen durch ihre Eigenheiten und einen eigenen, visuellen Stil, so dass man nach zwei, drei Folgen sofort weiß, wo man sich gerade befindet. Man kann sich also optimal auf die Figurenentwicklung konzentrieren. J. Michael Straczynski und die Wachowskis beweisen hier gemeinsam, dass sie das Thema „alles ist verbunden“ auch deutlich besser abhandeln können, als es beispielsweise beim doch eher aufdringlichen „Cloud Atlas“ der Fall war. Es sind Momente der emotionalen Bedrängnis, die das Verbundensein zunächst auslösen. Aber die Probleme der Protagonisten sind nicht wirr an den Haaren herbeigezogen. Es sind alltägliche Probleme, mit denen sich jeder Zuschauer auf die eine oder andere Art identifizieren kann. Sicher, die Darsteller sind alle noch immer überdurchschnittlich schön und mehr Diversität in Sachen Aussehen wäre klasse gewesen. Doch selten waren Figuren in einer Serie so greifbar, boten so viel Identifikationspotential. Das führt unweigerlich dazu, dass man tatsächlich mitfühlt, mitfiebert und sich mitfreut, wenn etwas gut läuft.

Komplementiert wird dies durch den prägnanten Einsatz von Musik. Episode vier bietet mit einer großartig geschnittenen Szene musikalische Erfüllung, überhaupt begeistern der Soundtrack und die Musikwahl durch die ganze erste Staffel hindurch. Schuld daran ist Regisseur Tom Tykwer, der bei „Cloud Atlas“ bereits mit den Wachowskis arbeitete und hier ab und an auch Regie führt.

Neben all den Emotionen und der wohl dosierten Action bringt „Sense8“ auch eine ganze Menge brisanter, aktueller Themen mit. Allzu konservative Zuschauer dürften sich davon stellenweise bedrängt fühlen, doch die Serie lädt zur Reflektion ein. Es ist ein groß angelegtes Unterfangen, doch in den meisten Punkten eines, das sehr erfolgreich funktioniert.

Fazit: Sicher, „Sense8“ hat noch die ein oder andere Kinderkrankheit. Schaut man auf Englisch, dann fällt es stellenweise durchaus schwer, nicht verwirrt zu sein. Und so lobenswert es auch ist, die einzelnen Figuren so tiefgehend vorzustellen, die eine oder andere Länge schleicht sich ein. Doch die Wachowskis kompensieren dies mit atemberaubenden Bildern und einer eindrücklichen Reise rund um die Welt. Letzten Endes fordert „Sense8“ zum mitdenken auf, wirbt für einen toleranteren Umgang miteinander und dürfte besonders konservative Zuschauer ordentlich vor den Kopf stoßen. Und wenn es dann doch mal zur Sache geht, dann ordentlich. Eine außergewöhnliche Idee, außergewöhnlich umgesetzt. Und spätestens mit den letzten drei Folgen steigt die Lust auf weitere Staffeln doch signifikant.


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