"On Her Majesty's Secret Service" ist vor allem eins: anders! Der ultimative Bond-Ausreißer mit dem nur einmal als Doppelnull auftretenden George Lazenby schickt sich an, die bisherige Erfolgsformel des 007-Franchises gezielt zu ignorieren. Was damals als finanzieller Flop endete (trotz wirtschaftlichen Erfolgs blieb der Film hinter den Einspielergebnissen seiner Vorgänger zurück), gilt heute als einer der besten und unterschätztesten Teile der ganzen Reihe. Und das zu Recht! "On Her Majesty's Secret Service" fühlt sich so eigenständig an, dass es schon fast seltsam anmutet, wenn im großen Finale für kurze Augenblicke das altbekannte Bond-Thema ertönt. Peter R. Hunt entführt den Zuschauer mit seiner Geschichte in eine obskure, träumerisch-surreale Hölle voller glitzernder Farben, schneeweißer Berggipfel und deutscher Akzente. Was viele als irritierend empfinden werden, macht für andere wiederum den großen Reiz des Films aus. Die dynamische und weitaus einfallsreichere Kameraführung trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, setzt mit einer sensationell geschnittenen Ski-Verfolgungsjagd und eindrucksvoll in Szene gesetzten Schneelawine wahre Action-Höhepunkte. Der übliche Bond-Sexismus ist nicht ganz so abstinent wie im angenehmen "Thunderball", geht aber auch kaum von 007 selbst aus - der darf sich hier nämlich Hals über Kopf verlieben und unterfüttert den Agenten mit der Lizenz zum Töten somit erstmalig auch emotional. Zudem ist Diana Rigg ein absolut formidables Bond-Girl, das zur Abwechslung mal mehr machen darf, als nur die hilflose damsel in distress zu spielen. Bizarr, komisch, dramatisch, romantisch - dieser Bond ist ein wahres Feuerwerk an willkommenen Überraschungen und bis dato mit Sicherheit der rundeste Franchise-Vertreter. This never happened to the other fellow, indeed.
von Nikolas Friedrich