Es mag daran gelegen haben, dass die Verleihung dieses Mal etwas früher als gewöhnlich begann. Bereits kurz nach Mitternacht deutscher Zeit begrüßte Moderator Jimmy Kimmel die prominenten Gäste im Dolby Theatre in Los Angeles sowie die Zuschauerschaft zuhause vor ihren Bildschirmen. Für diejenigen auf unserem Breitengrad war es dank der Uhrzeit vermutlich etwas leichter, der Show zu folgen, die im Vorfeld versuchte von dem letztjährigen Barbenheimer-Phänomen zu profitieren. Das war jedoch weder notwendig noch sonderlich erfrischend, daher ist es recht nett gewesen, dass diese Thematik nicht oft angesprochen wurde, wie es zu erwarten war.
Das In-Memoriam-Segment gehörte dazu und lieferte emotional durchaus gut ab. Natürlich kann hier auch gestritten werden, wie fair es ist, selbst wichtige Regisseure wie etwa William Friedkin mit einer lausigen Grafik abzuspeisen, aber sei’s drum. Es waren gut produzierte, emotional effektive Minuten, mit denen die Veranstalter in Sachen Inszenierung aber irgendwann übers Ziel hinausschossen. Denn gegen Ende der Performance standen mehr die Interpreten und die Tanzgesellschaft im Bild als die Verstorbenen. Die Auflistung der Verstorbenen fand irgendwann nur noch im Hintergrund statt. Ob das so eine gute Idee ist ... Wohl eher nicht. Aber sie haben es versucht. Das ist auch viel wert.
Auch wurde in der Show versucht, der Berufsgruppe zu danken, die zu oft sträflicherweise vergessen wird: Stuntfrauen und Stuntmänner. Ryan Gosling und Emily Blunt, die bald in The Fall Guy zu sehen sein werden, wurden auf die Bühne gestellt und bewarben ihren neuen Actionfilm (in dem die Hauptfigur selbst ein Stuntman ist) mit abgelesenen Witzen und herzlichen Lobesbekundungen für die Stuntbranche. Alles sicherlich nett gemeint, aber selbst wenn die Academy jetzt jedes Jahr solche Dankesreden präsentiert, ändert das nichts daran, dass es bei den Oscars endlich eine Kategorie für Stunts geben sollte. Die Hoffnung, dass dies eines Tages geschieht, ist da. Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass ab 2026 die Kategorie "Bestes Casting" bei den Oscars aufgenommen wird. Nächster Halt Beste Stuntarbeit? Ja, das sollte eigentlich unumgänglich sein.
Unumgänglich waren ansonsten die obligatorischen Oscar-Standards. Es gab die großen Verlierertitel (sorry Maestro und Killers of the Flower Moon), es gab mit Oppenheimer und Poor Things zwei klare Gewinner und ansonsten keine wirklich großen positiven oder negativen Überraschungen. Dass Barbie nur als bester Song gewinnt, war erwartbar, und angesichts des Erfolgs des Films benötigten weder der Film noch die Macher wirklich einen Oscar. Vor allem, wenn in Kategorien wie Produktionsdesign die Konkurrenz erstaunlich stark war.
Die 96. Oscar-Verleihung ist nun seit rund 12 Stunden vorüber. Mit Oppenheimer gibt es endlich auch einen Oscar-Film von Christopher Nolan, was ihm durchaus gegönnt sei. Dennoch waren die Oscars 2024 insgesamt nicht so bahnbrechend wie sein Biopic über den Wissenschaftler, der die Atombombe mitentwickelte. Es alles in allem solide und routiniert, doch wird sie wohl in den kommenden Tagen und Wochen lediglich in ein paar Memes weiterleben. Vielleicht fehlten in diesem Jahr die wirklich herausragenden Momente und die richtig großen Emotionen voller Menschlichkeit. So gesehen passte die Show perfekt zum Kino eines Nolans. Und trotzdem: Im Vergleich zu vielen Oscar-Verleihungen der letzten Jahre war diese hier doch ganz anständig. Hoffen wir aber mal, dass spätestens 2028, bei der 100-Jahre-Jubiläums-Show, mehr geboten wird. Wie wär's zum Beispiel mit einer Vergabe eines Stunt-Oscars? Nur so ein Gedanke.
Wie hat euch die Show gefallen?