Während manche sich die Ungezwungenheit und die Unbedarftheit der Nullerjahre zurückwünschen, sind die anderen bestimmt froh, dass diese Zeiten längst vorüber sind. Zumindest auf der Leinwand, denn in der Realität werden die schwanzgesteuerten Typen mit ihren vorpubertären Streichen immer noch existieren. Bloß, weil man manche Themen in Filmen momentan anders behandelt, bedeutet es nicht, dass alle Stiflers dieser Welt sich plötzlich in Luft aufgelöst haben. Insoweit waren die Filme während der damaligen Schaffensperiode schon ziemlich ehrlich und gingen allen niedrigen Instinkten der geilen Teenies nach. Mit den American Pie-Filmen sind ganze Generationen von Teenagern aufgewachsen und manche haben sich vielleicht sogar selbst in den einzelnen Figuren wiedererkannt. Es stand ja eine ganze Horde an Figuren für die Identifikationsmöglichkeit zur Verfügung: fünf Jungs und die dazugehörigen Mädels. Im allerersten Teil drehte sich noch alles darum, bis zum Abschlussball die Unschuld zu verlieren, doch auch in späteren Teilen spielten die Themen wie Liebe und Sexualität eine entscheidende Rolle. Alle Filme hatten eins gemeinsam: Es ging immer um die ganze Clique und die Peinlichkeiten, die jedem einzelnen von ihnen irgendwann Mal widerfuhren.
American Pie präsentiert: Die nächste Generation (2005)
Matt Stiftler, jüngerer und ähnlich ambitionierter Bruder der Hochschulrammler-Legende Steve Stiftler, wird, weil er beim Schulkonzert für einen Skandal gesorgt hatte, dazu verdonnert, die Sommerferien im alljährlich stattfindenden Sommerlager für Schulorchester zu verbringen. Ausgerüstet mit allem, was der Markt an Spionagekameras bereithält, fährt Matt ins Camp in der festen Absicht, den aufsehenerregendsten Schulmädchenporno zu drehen und damit endlich aus dem Schatten seines Bruders zu treten.
American Pie präsentiert: Die nächste Generation setzt erzählerisch nach den offiziellen drei ersten Filmen an und fokussiert sich stark nur auf eine Figur, die allen Streiche spielt oder in peinliche Situationen gerät. Während sich bei den vorherigen drei Filmen der ganze Quatsch zu gleichen Teilen zwischen den Figuren verteilte, muss jetzt Matt (Tad Hilgenbrink, Fantastic Movie), Stiflers jüngerer Bruder, für alles herhalten. Er ist wie eine Mischung aus Stiefler (Seann William Scott, Evolution) und Jim (Jason Biggs, Life Happens) und ist sich für gar nichts zu schade. Nur diesmal gibt es keinen Sex mit dem Apfelkuchen, wie bei dem legendären Teil 1, sondern Sex mit der Oboe. Außerdem werden die unschuldigen Schulmädchen beim Sex oder in der Dusche gefilmt, was sie aber im Endeffekt auch nicht sonderlich stört. Sobald sie davon erfahren, sind sie zwar im ersten Moment böse, aber bei Matts Angebeteter Lizzy (Arielle Kebbel, After Forever) verfliegt die Wut ziemlich schnell und sie quittiert die geheime Filmaktion unter der Dusche sogar lapidar mit: „Es stört mich ja gar nicht, dass er mich gefilmt hat“.
Sie reagiert genauso, wie die Austauschstudentin Nadia (Shannon Elizabeth, Swing Away) im zweiten Teil, die auf Jim überhaupt nicht böse ist, weil er sie im ersten Teil heimlich beim „Sex“ mit ihm gefilmt hat, sie steht sogar noch mehr auf ihn und will unbedingt mit ihm zusammen sein. Die Frauenfiguren in den American Pie-Filmen haben ungefähr die gleiche Tiefe wie Pornodarsteller. Scharf, allzeit bereit und auf keinen Fall nachtragend. Also im Grunde ein Alptraum für emanzipierte Frauen. Wenn man es natürlich nicht allzu verbissen sieht, dann macht American Pie präsentiert: Die nächste Generation Spaß und am Ende ist der Film sogar irgendwie charmant. Wenn man den Blödsinnfaktor und die Ekelszenen ignoriert oder sie sogar geil findet, dann ist man bei dem Film gut aufgehoben. Eins sollte man jedoch wissen: Nur die englische Version ist ungeschnitten. Bei der deutschen Version bekommt man nur einen nackten Männerhintern zu sehen. Doch auch wenn man sich die ungeschnittene Version ansieht, gibt es dort eigentlich nicht viel mehr. Sie ist etwa nur vier Minuten länger, dafür aber mit ein paar nackten Brüsten.
American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen (2006)
Noch nie musste ein Stifler das College als Jungfrau betreten. Das könnte sich nun ändern, respektiert Erik Stifler (John White, Below Her Mouth) doch den Wunsch seiner Freundin, mit dem Sex noch zu warten. Als er gemeinsam mit seinen Kumpels Cooze (Jake Siegel, Caveman) und Ryan (Ross Thomas, Soul Surfer) einem seiner Cousins (Steve Talley, Peaceful Warrior), einen College-Besuch abstattet, eröffnen sich ihm ungeahnte Möglichkeiten: Auf der "Naked Mile" lassen hundert Studenten nach ihrer Zwischenprüfung Dampf ab, indem sie nackt über den Campus rennen …
Man bräuchte eigentlich nur zwei Wörter, um American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen zu beschreiben. Mit „sexistisch“ und „rückständig“ trifft man schon den Nagel auf den Kopf. Die Originalteile strotzen zwar auch nicht gerade vor feministischen Botschaften, aber mit American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen erlebt man in gewisser Weise den Abstieg in ein äußerst makaberes Terrain. Nach dem Motto „Schlimmer geht’s immer“ stolpert man in American Pie 5 von einem sexistischen bzw. politisch nicht korrekten Witz zum nächsten. Die Männer haben nun mal ihre Bedürfnisse und scheuen sich auch nicht davor, ihren Kumpels Viagra unterzujubeln, um feuchtfröhliche Dauerständer-Wettbewerbe veranstalten zu können. Schließlich sollte man immer das Beste aus seiner Erektion machen.
American Pie 5 ist unfassbar platt und hat nicht das gewisse Etwas, was sogar sein Vorgänger-Teil noch aufweisen konnte. Hinzu kommen noch die farblosen Darsteller, die, abgesehen von Jims Vater (Eugene Levy, Es lebe Hollywood) überhaupt keinen Wiedererkennungswert haben und schon hat man eine Komödie, an die man sich glücklicherweise schon fünf Minuten nach der Sichtung nicht mehr erinnern wird. Um so besser, denn mit diesem Film, versucht man nur ziemlich plump Teil 1 von American Pie nachzuahmen. Einfach ausgedrückt: Die Typen wollen alle nur vögeln und ziehen sich auf einer Party zurück, um den Akt mit irgendjemandem zu vollziehen. Völlig egal, mit wem. Das war's auch schon und mehr ist von diesem Trash nicht zu erwarten. Es ist weder charmant noch niedlich, sondern einfach nur öde. Fairerweise muss man zugeben, dass am Ende eine nette Botschaft verbreitet wird, aber bis dahin ist es ein sehr langer Weg.
American Pie präsentiert: Die College-Clique (2007)
American Pie präsentiert: Das Buch der Liebe (2009)
Rob (Bug Hall, Die kleinen Superstrolche), Nathan (Kevin M. Horton, Big Game) und Lube (Brandon Hardesty, Bucky Larson: Born to Be a Star) besuchen dieselbe Highschool und haben nur ein Ziel: Sie wollen unbedingt bei den Frauen ihrer Träume landen. Zufällig entdeckt das Trio in der Schulbibliothek das legendäre Buch der Liebe. Die Geheimnisse dieses einzigartigen Sex-Ratgebers verhalfen schon ganzen Schülergenerationen zu erregenden Höhepunkten. Doch leider fehlen in dem lüsternen Leitfaden ein paar Seiten …
Abgesehen davon, dass Jims Vater (Eugene Levy) in jedem American Pie-Teil einen neuen Job hat, (mal ist er Anwalt, mal Vertrauenslehrer, mal Teppichverkäufer) gibt es noch mehr Ungereimtheiten und sie kommen gerade in diesem Teil deutlich zum Vorschein. Die große „Liebe und Respekt für Frauen-Ansprache“ von Mr. Levinstein steht natürlich im großen Kontrast zum vorpubertären „Wir wollen endlich ficken“-Gelaber. Das Buch der Liebe weiß nicht so recht, was es sein will. Nur eine weitere Masturbationsvorlage für Jugendliche, die keinen Zugang zu echten Pornos haben oder eine schräge Komödie mit einer einigermaßen netten Botschaft? Auf jeden Fall geht es so tief unter die Gürtellinie wie noch nie und die gesamte Story ist schon ziemlich ausgelutscht: Ein paar notgeile Typen wollen endlich ihre Unschuld verlieren und benehmen sich dabei wie Vollidioten. Auch die weiblichen Figuren sind in diesem Szenario nicht viel besser. Kaum werden sie ordentlich geleckt, schon vergessen sie ihr Keuschheitsgelübde. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann ficken sie noch heute. Eins steht auf jeden Fall fest, Das Buch der Liebe sorgt an der einen oder anderen Stelle für Gänsehaut, aber auf eine ungute Art.
Technischer Part
OneGate Media GmbH veröffentlichte die American Pie präsentiert: 4-Movie-Collection auf 4 Blu-rays am 17. November 2023 in hervorragender Bild- und Tonqualität auf Deutsch und Englisch (jeweils in Dolby Digital 5.1) mit deutschen und englischen Untertiteln. Es sind zahlreiche amüsante Bonusmaterialien vorhanden:
American Pie präsentiert: Die nächste Generation:
Outtakes; Geschnittene Szenen; Das unanständige Tagebuch; Schmutzige Geheimnisse; Stiflers versteckte Aufnahmen; Musikvideo "Baby Got Back"
American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen:
Unrated Version Deutsch; Rated Version Englisch; Der Yoga Guide - um Girls abzuschleppen; The Bare Essentials - Vorbereitung auf den Nacktlauf; Geschnittene & unveröffentlichte Szenen; Outtakes; Kleine Menschen, große Stunts; Hinter den Kulissen
American Pie präsentiert: Die College Clique:
Entfernte Szenen; Geschnittene Szenen; Outtakes; Exklusives Interview mit Mr. Levenstein; Hinter den Kulissen der Spiele; Nuts About Pie
American Pie präsentiert: Das Buch der Liebe:
Gestrichene Szenen; Gag Reel; Clips vom Set; Hinter den Kulissen; Just the Tips: The Love Manual; American Pie Trivia
Gesamtfazit
Insgesamt sind wohl alle Teile der "American Pie-Collection" schlüpfrig und trashig angehaucht. Doch manche Filme machen deutlich mehr Spaß als die anderen. "Die nächste Generation" und"Das Buch der Liebe" scheinen sogar auf ihre schräge Art eine richtige Geschichte erzählen zu wollen. Auch wenn es der gesamten Reihe an Tiefgang fehlt, sind jede Menge nackte Brüste, Peniswitze und vorzeitige Samenergüsse garantiert. Im Grunde ist es kein Geheimnis, worauf man sich bei "American Pie" einlässt, deswegen sollte man sich hinterher auch nicht beschweren. Man bekommt genau das, was man erwartet: peinliche und eklige Storys über notgeile Teenager.