1. Highlights aus den Kinosälen:
Aus dem Nichts - Mit stiller Poesie verlagert der Regisseur die Fragen über zweifelhafte Moral sowie verwerfliche Selbstjustiz auf die Schultern seiner Protagonistin. Was als irritierender, brutaler Schlussakt missverstanden werden könnte, ist dabei nichts anderes als ein finales Statement des Regisseurs, der seiner eigenen Ratlosigkeit im Angesicht unverständlicher Entwicklungen Ausdruck verleiht, indem er gemeinsam mit Katja bis zum bitteren und nichtsdestotrotz zutiefst menschlichen Ende geht. Nicht die Handlung, die den Schluss dieses Films markiert, stimmt wütend, sondern die Umstände, die es nach zögernder Verzweiflung so weit haben kommen lassen.
Good Time - Der beste Beweis dafür, wie das Medium Film in erster Linie aufgrund der inszenatorischen Möglichkeiten über schlichte Konventionen eigentlicher Inhalte bestimmen kann. Die Regie-Brüder schicken einen glänzend aufgelegten Robert Pattinson als naiven, unüberlegten und doch immer wieder perfide improvisierenden Kleinkriminellen durch eine gehetzte, drastische Odyssee durch das New Yorker Nachtleben. Angetrieben wird der recht gewöhnliche Thriller-Plot hierbei durch die zügellose Form, bei der nervöser Hyperrealismus, hypnotischer Surrealismus und experimentelle Ausreißer für die nötige fiebrige Energie sorgen, um das Werk nach der Sichtung noch für einige Zeit im Kopf des Zuschauers zu verankern.
The Big Sick - Nicht nur ein amüsantes, liebenswertes Stück Kino-Magie, das neben hervorragenden Schauspielern und Figuren mit einigen dramatischen Einschüben beschwert wird, sondern auch eine fiktionalisierte Aufarbeitung realer Ereignisse. Neben der nötigen Anerkennung, die das Autoren-Duo den eigenen Angehörigen zollt, fällt der Streifen höchstens dadurch ein wenig negativ auf, indem er es dem Publikum fast schon zu leicht macht und sich mit süßlichen Klischees anbiedert, bei denen nicht immer klar ist, inwiefern diese einwandfrei den tatsächlichen Fakten zugeschrieben werden können. In die Herzen vieler Zuschauer wird sich dieser Film aber zweifelsohne einen Weg bahnen, und das nicht völlig zu Unrecht.
Detroit - Als wütender Aufschrei ist Detroit ein Werk, das den Finger mit nachhallender Wut in eine offene Wunde drückt, um durch offensive Zurschaustellung, bitteres Anklagen und explizites Aufzeigen erschütternder Missstände an etwas zu erinnern, das gerade in Anbetracht aktueller gesellschaftlicher Zustände nicht in Vergessenheit geraten darf. Kathryn Bigelow zeigt eine klare politische sowie emotionale Haltung mit stellenweise provokativen, wahlweise auch verwerflichen Mitteln, was den Film zu diskussionswürdigem, eindringlichem Stoff macht, der regelmäßig seinen Weg in die Kinos finden sollte.
2. Flops aus den Kinosälen:
Justice League - Die beste Szene von Justice League ist bezeichnenderweise ein Gespräch zwischen zwei Nebenfiguren, die im gesamten Film vielleicht zehn Minuten Screentime erhalten. Wenn Louis Lane und Martha Kent gemeinsam an einem Tisch sitzen und sich darüber unterhalten, auf welche Weise Superman jeweils als verlorener Liebhaber und verlorener Sohn im Unterbewusstsein der beiden Frauen verhaftet geblieben ist, entwickelt sich der Streifen für die kurze Dauer dieses Gesprächs zu einem sensiblen, einfühlsamen Charakterstück, das aufgrund des Schauspiels von Amy Adams und Diane Lane sowie des persönlichen Einbezugs von einschneidenden Konsequenzen und tragischen Folgen so viel mehr ist als die bedeutungslose, unmotivierte Zusammenkunft eines Heldenteams, das am Ende selbstverständlich wieder den Tag retten wird.
3. Highlights im Heimkino:
Nacht und Nebel - Muss jeder Mensch mindestens einmal gesehen haben.
Brokeback Mountain - Heath Ledger und Jake Gyllenhaal haben selten besser geschauspielert als in diesem Film, doch neben den Hauptdarstellern ist es vor allem der Regisseur, der das Wesen der Liebe so kraftvoll und sensibel beschwört, wie es in den wenigsten Hollywood-Filmen der Fall ist. Der nach unterdrückten, aufgestauten Gefühlen in seinen Figuren forscht, wenn diese alleine mit einem Drink an der Bar oder im Diner vor einem Stück Kuchen das Haupt unter ihren Cowboyhüten senken, um sich zu verstecken. Und der selbst nach verpassten Chancen, falschen Entscheidungen und unlösbaren Konflikten an eine Liebe glaubt, die auch durch einschneidende Hindernisse wie den Tod irgendwie fortbestehen kann, obwohl es sie nicht geben darf.
Eine reine Formalität - Der Regisseur inszeniert zusammen mit dem überragend aufspielenden Schauspieler-Duo Gérard Depardieu und Roman Polanski ein elektrisierendes Kammerspiel, das als mitreißender Thriller voller wortgewandter Gefechte brilliert und zugleich eine Reflexion über das Verhältnis zwischen dem Künstler und der von ihm geschaffenen Kunst anstößt. Gekrönt wird der Film schließlich durch ein Ende, zu dem man nicht zu viele Worte verlieren sollte und das schlichtweg erlebt werden muss.
Suburra - Indem der Regisseur impulsive Junkies der Unterschicht, Edelprostituierte, die sich beruflich nur in der Oberschicht Italiens bewegen, korrupte Politiker, labile Gangsterbosse, unterkühlte Mittelmänner und skrupellose Auftragskiller miteinander in Verbindung bringt und Beziehungen bis in die obersten Bereiche des Staates sowie den Vatikan spinnt, findet Suburra nicht nur zu vereinzelten Spannungsmomenten, die sich in kompakt verdichteten Höhepunkten und gewalttätigen Zuspitzungen entfalten. Stefano Sollima zeichnet darüber hinaus ein von der Realität geprägtes Bild der italienischen Gesellschaft, in der sich klaffende Abgründe, eiskalte Machenschaften, mörderische Kalkulation und rücksichtslose Intrigen durch sämtliche Bereiche der Gesellschaft ziehen und schließlich am letzten Tag in der Geschichte des Films, an dem eine Art der Apokalypse stattfindet, nichts als abstoßender Pessimismus übrig bleibt, der dem Zuschauer wie kaltes Gift durch die Adern strömt.
4. Flops im Heimkino:
Wonder Woman - Spätestens im letzten Drittel, in dem sich die Regisseurin nicht nur romantischen Klischees hingibt, sondern auch noch einen generischen Showdown auffährt, in dem das gesamte Übel der Welt mit übermenschlicher Überlegenheit ausgemerzt werden kann und auch Chris Pines Figur neben dem eigenmächtigen Willen der Hauptfigur noch zu tragischem, hilfsbereiten Heroismus finden darf, ist von der vielfach angepriesenen feministischen Ausrichtung sowie dem angeblich frischen Wind, den Wonder Woman bringen soll, rein gar nichts mehr zu spüren.
5. Alles über Serien:
Ich schaue weiterhin jede Woche die neue Folge der 3. Staffel Mr. Robot und bin weiterhin angetan.
6. Für den Dezember plane ich:
Star Wars: Die letzten Jedi, The Killing of a Sacred Deer
7. Künstler des Monats:
Ang Lee, der mir bei der längst überfälligen Sichtung von Brokeback Mountain das wohl berührendste Heimkinoerlebnis des Monats beschert hat.