1. Highlights aus den Kinosälen:
Letzten November zum ersten Mal gesehen, seitdem nicht davon losgekommen. Vielleicht am spannendsten: die großen Auslassungen, mit denen Olivier Assayas hier erzählt. Und dann natürlich auch von was: Geister, Ziellosigkeit, Sexualität und schlussendlich dann Loslassen. Wir sehen Kristen Stewart dabei zu, wie sie sich durch diesen Film hetzt und tippt, stottert und zittert, fürchtet und weint, und am Ende wären wir alle gerne so cool wie sie. Ich bezweifle 2017 einen faszinierenderen Film im Kino zu sehen.
Kenneth Lonergan erzählt einmal mehr die Mär vom traumageplagten Loner, nur dieses Mal noch trister und tauber als in You Can Count on Me und Margaret. Die emotionale Urgewalt dieses Films schlummert irgendwo tief unter der Oberfläche begraben, aber ist dennoch stets spürbar. Ein spröder, elegischer Film und ein wirklich, wirklich guter. Vermutlich auch weil gesegnet mit exzellenten Leistungen von Casey Affleck, Michelle Williams und Newcomer Lucas Hedges.
Vorletztes Jahr wollte ich M. Night Shyamalan schon endgültig das Karriere-Aus bescheinigen, aber plötzlich ist er wieder da und anscheinend beinahe vollkommen genest. In diesem wunderschön fotografierten Thriller (It-Follows-Kameramann Mike Gioulakis!) verhilft er dem immer brillanten James McAvoy nicht nur zu einer weiteren Ausnahmeleistung, in der Inszenierung laufen Thrill, Grusel, Drama und Humor so gut zusammen, dass man ihm seine Ausfälle der letzten zehn Jahre umgehend verzeihen möchte. Die letzte Minute ist dann natürlich nochmal der absolute Oberkracher.
Ebenfalls im Kino, toll: Elle, Sanjuro, You Can Count on Me, The Killer
2. Flops aus den Kinosälen:
Und Helden im Krieg gibt es doch! Die sind so heroisch, dass sie ihrem Land dienen ohne dabei eine Waffe anzurühren - für den herzhaften Granatenkick zurück ins schlitzäugige Dämonengesicht darf dann aber natürlich auch mal eine Ausnahme gemacht werden. Mel Gibson erzählt von Empathie, indem er Körper ausweidet, und das mit einer Blutlust, die selbst in seinem eigenen Œuvre bis jetzt unerreicht sein dürfte. Das Scheißterwerk eines Wahnsinnigen.
Quälend langweilige Ansammlung gedanklicher Bruchstücke, die so ziellos durch den Kopf ihrer Protagonistin irrt, dass selbst Terrence Malick den Faden verlieren würde. Vor allem natürlich auch wegen dieser hässlichen, zweidimensionalen Bilderwelten, die jegliche Form von assoziativer Poesie vermissen lassen (aber stets den Eindruck vermitteln, eine solche ausstellen zu wollen). Natalie Portman liefert derweil das peinlichste ACTING, das man sich nur vorstellen kann. Sie ist nie Jackie, immer nur Natalie Portman playing dress-up. Krampfige Imitation statt echtem Schauspiel. Purer Fremdscham.
Ein laues Musical-Lüftchen, das glaubt mit der eigenen Nostalgieverliebtheit brechen zu können, solange es nur die romantische Tanznummer von einem iPhone-Klingelton durchbrechen lässt. Die Lieder sind nicht eingängig, die Choreographien nicht kinetisch und der Kitsch nicht kitschig genug. Damien Chazelle scheut das Spektakel, die Ausgelassenheit, die wirklich großen Gefühle. Der minütliche Kniefall vor dem Alten hemmt alles Neue. Und lässt den Film höchstens ganz nett, aber nie wirklich mitreißend geraten. Auch wenn Emma Stone trotzdem ein Engel ist.
Ebenfalls im Kino, Enttäuschung: Die irre Heldentour des Billy Lynn. Mehr dazu nächsten Monat.
3. Highlights im Heimkino:
Gesehen, um mich von La La Land reinzuwaschen. Was für ein ekstatischer Bilderrausch! Wie Baz Luhrmann sich unapologetisch durch die Musikgeschichte zitiert und die sanfte Romanze zur überlebensgroßen Herzschmerzoper aufbläst, ist noch immer ganz fantastisch. Ein kunterbuntes Kitschmanifest und damit der größte Liebesbeweis an das Kino überhaupt. Plus: Ewan McGregor is my sweet perfect singer boy.
4. Flops im Heimkino:
Erwachsene als grausame Autoritätsmonster, die es bis aufs Blut zu quälen und zu demütigen gilt. Schule als verblödeter Bildungsapparat, gegen den man ja eigentlich nur aufbegehren kann. Und dann Ferris Bueller, diese schmierige, verzogene Kotzgöre, der passenderweise Matthew Broderick sein nur zum Reinschlagen gutes Milchgesicht leiht. Ein Film zum Brechen. Vielleicht waren die 80s auch einfach scheiße.
5. Alles über Serien:
Nichts über Serien.
6. Was ich im Februar gucken möchte:
Trainspotting 2, Mein Leben als Zucchini, Empörung und Loving. Und irgendwie auch noch einmal Rogue One.
7. Filmschaffender des Monats:
M. Night Shyamalan, dafür, dass er den großen Twist anscheinend doch nicht verlernt hat. Ob er der nächste Spielberg ist?
8. Der Monat in einem Wort:
Alltagssinfonie