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Moviebreak geht unter die Detektive: True Detective Staffel 2.7

von Sandra Scholz

Diese Woche bei "True Detective": eine ganz neue Show, und ich will verdammt sein, aber das war anständiges Fernsehen. Ein bisschen spät wenn man bedenkt dass nur noch eine Folge übrig ist, aber besser spät als nie, würd ich meinen. In dieser Woche wurden viele Dinge endlich aufgelöst, gleichzeitig zieht sich die kollektive Schlinge um die Hälse der Protagonisten zu. Und nicht alle erreichen das Finale lebendig. Aber versuchen wir der Reihe nach vorzugehen. Außerdem in diesem Recap: die genaue Erklärung, was eigentlich los ist. Ihr dürft mir später danken.

Zuerst möchte ich diese Zeilen allerdings nutzen um mich in aller Form (die er niemals mitkriegen wird, aber egal) bei Vince Vaughn zu entschuldigen. Vier Folgen lang habe ich angenommen dass er mit den teilweise bescheuerten Dialogen überfordert war, dass er für Dramen einfach nicht so geeignet ist. Das würde ich gerne zurücknehmen. Diese Episode hat gezeigt dass er als Frank seine Sache durchaus im Griff hat, vor allem aber sorgt sie dafür dass das bisher gesehene überdacht werden muss. Ich gehe davon aus dass Frank massive Zweifel daran hatte, dass der Weg in die Legalität der richtige Weg sei. Diese Unsicherheit schimmerte dann durch, eben in Form eines etwas wackligen Schauspiels. Doch "Black Maps and Motel Rooms" wischt all das vom Tisch. Legalität ist keine Option mehr, also kann man den ganzen Laden auch direkt niederbrennen. Im wahrsten Sinne des Wortes. 

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Klären wir, zur besseren Übersicht, kurz auf was zur Hölle eigentlich los ist. Dafür müssen wir zurück ins Jahr 1992. Dort wurde ein Juwelengeschäft in LA ausgeraubt, die beiden Besitzer wurden dabei ermordet, die Kinder konnten sich im Schrank verstecken. Paul untersucht die Akte dieses Falls und findet heraus dass Detective Teague Dixon, Lt. Burris und Chief Holloway(der in dieser Folge am Ende im Tunnel unterwegs war) die diensthabenden Beamten in diesem Fall waren und schließt daraus, dass sie sich damals abgesetzt haben müssen und die Diamanten an sich nahmen. Ben Caspere, unsere Leiche aus Folge 1, arbeitete ebenfalls damals für die Polizei und war in den Fall verwickelt. Später stiegen dann alle vier in hohe Positionen in Vinci auf.

Dann ist da noch die Sache mit dem Land. Da sieht es folgendermaßen aus: Die Catalyst Corportation, Frank Semyon, der Bürgermeister, Ben Caspere und Osip (der russisch-israelische Typ) haben alle günstiges Land in Californien gekauft. Das Land wurde absichtlich vorher vergiftet, um den Preis zu drücken. Alle haben untereinander einen Deal geschlossen, sie wollten ihr Land an die Regierung verkaufen, damit eine Bahnstrecke gebaut werden kann. Kurzum: eine Menge Kohle für alle Beteiligten.

An diesem Punkt setzt die zweite Staffel ein. Caspere wird von dem Mann in der Rabenmaske ermordet. Franks Investment bricht zusammen. Am Ende läuft es darauf hinaus dass reiche Leute noch reicher werden wollen. Dafür morden und erpressen sie. Wer genau Caspere allerdings umgebracht hat ist unklar, denn dass seine Mitverschwörer dahinter stecken ist dann doch unwahrscheinlich. Wie praktisch dass unsere Ermittler herausgefunden haben dass die Tochter des Ladenbesitzers von 1992 nun als Eskortmädchen arbeitete und irgendwann Casperes Assistentin wurde. Sie ist auf den Fotos von den Sexparties zu sehen. Sie hat einen Bruder, um die 30 Jahre alt, dunkelhaarig, arbeitet als Setfotograf für kleinere Filmproduktionen. Eventuell besitzt er auch eine Rabenmaske. Näheres erfahren wir hoffentlich in der kommenden Woche

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Garniert wurde diese Auflösung des Falls mit einer ganzen Menge Action und Drama. Frank hat endlich die Schnauze voll von so ziemlich allen Personen in seinem Umfeld. Er konfrontiert Blake, der den wirklich durchdachten Vorschlag hat, die Leute in deren Auftrag er Frank hintergeht gemeinsam mit Frank zu hintergehen (soll ihm da noch mal jemand folgen...). Franks Antwort darauf ist stilsicher: ein Whiskyglas, mitten ins Gesicht. Dicht gefolgt von einem gezielten Schuss in den Bauch: "Look me in the eyes, I want to watch your lights go out". Dass Blake ihn seit Jahren hintergeht, ihm damals den falschen Typen als Vergewaltiger von Rays Frau präsentiert hat und dann auch noch seinen Teppich versaut ist eben einfach eine Spur zu viel. Seine Frau Jordan scheint darüber hinaus schwanger zu sein, und so ist es an der Zeit alte Brücken abzubrennen. Frank zündet also das Casino an, denn wenn er kein Geld hat sollen die Russen gefälligst ebenso auf dem Trockenen sitzen bleiben. Frank scheint zum Schluss zu kommen dass seine ehrlichen Pläne nicht zielführend sind, aber immerhin wäre er ein Gangster mit Moralvorstellungen. Ob man das gleiche von Jordan behaupten kann? Sie war auffällig schnell an Ort und Stelle. Jedenfalls hat Frank jetzt eine Menge Geld und viele Waffen, was in Vinci definitiv keine schlechte Ausgangslage ist.

Die Arschkarte der Episode geht definitiv an Paul. Halten wir an dieser Stelle kurz einen Moment inne und lassen sein Leben nochmal durchlaufen: Die Mutter ist ein Fall für irgendeinen Beratungsdienst. Paul kriegt sein ganzes Leben eingetrichtert, wie ein Mann zu sein hat. Dementsprechend unterdrückt er, was er eigentlich ist und eifert einem Idealbild nach. Am Ende wird er so durch die Fotos, die Dixon vor seinem Ableben angefertigt hat, erpressbar. Dass es sein ehemaliger Kollege und Liebhaber ist, der ihm sagt "hättest du mal offen dazu gestanden, dann wäre das hier nicht passiert", tut doppelt weh und ist auch ein wunderbarer Seitenkommentar auf unsere eigene Gesellschaft. Während diese zwar anteilig immer offener und akzeptierender wird werden einzelne Stimmen immer lauter, die nicht in der Lage sind andere Menschen zu akzeptieren. Alle naselang wird einem eingeredet, man sei unnormal, man sei selbst schuld daran, man könnte sich ändern, wenn man nur wollen würde. Ich will nicht wissen, wie viel Leid daraus entsteht.

Vor seinem Ableben hat er allerdings noch einmal mächtig aufgeräumt. Das Konglomerat aus Catalyst Corporation, dem Polizeichef und den Blackrock-Sölndern hat am Ende einige Opfer zu beklagen. Doch dann ist es Lt. Burris, der zur falschen Zeit am falschen Ort auftaucht und Paul hinterrücks erschießt. Hätte man durchaus mit rechnen können. Von allen damaligen Beteiligten sind ja nur noch zwei übrig, und Holloway tauchte schon im Tunnel auf. Doch Paul bettelt nicht, sondern geht mit einem fetten "Fuck you" aus diesem Leben. Hoffen wir, dass sein Kind in einer besseren Welt aufwachsen wird. Taylor Kitsch verdient wirklich eine große Portion Lob für seine Rolle hier. Auch wenn ich mir nach all dem Drama ehrlich gewünscht hätte, dass er da lebend rauskommt. 

Ani beginnt die Episode mit dem herunterkommen von ihrem Drogentrip. Wie gut, dass Ray da ist, an den macht sie sich im Rausch noch schnell heran. Aber nicht mit Ray, denn er gehört zu den guten Jungs. Nach dem Ausnüchtern kriegt Ani dann Gelegenheit, mit der Frau zu sprechen, die sie mitgenommen hat. Doch die zeigt sich wenig kooperativ. Als es dann Zeit wird, die Familie in Sicherheit zu bringen, bekommt sie Gelegenheit sich mit ihrem Vater auszusprechen. Wie sich herausstellt hat der mit dem Fall wirklich nichts zu tun, und ihm tut es unendlich leid was mit seiner Tochter damals passiert ist. Details erfahren wir nicht, aber wir wissen dass sie vier Tage lang weg gewesen ist, in der Gewalt des Typen an dessen Gesicht sie sich nun erinnert. Ihr ehemaliger Kollege hilft der Familie dann bei der Flucht, und Ani stellt einen neuen Rekord in Sachen "Umarmungen an einem Tag" auf. Ob man ihrem ehemaligen Kollegen trauen kann wird sich zeigen, sicher bin ich mir da nicht.

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Ray läuft ebenfalls in eine Falle, doch er reagiert blitzschnell und macht sich wieder auf die Flucht. So langsam wird klar, dass es für unsere Detectives wirklich nicht gut aussieht, denn es ist einfach niemand mehr da, der ihnen helfen könnte. Dafür kommen er und Ani sich am Ende der Folge dann völlig nüchtern ein wenig näher. So sehr mir dieses "ich überkomme meine schwere Vergangenheit und das Trauma des Missbrauchs und entdecke den "guten" Typen Klischee auf die Nerven geht, die beiden passen gut zusammen. Auch die Art der Annäherung gefällt mir. Dafür, dass beide so viel durchgemacht haben gehen sie langsam vor, Ani legt ihre Hände in die von Ray, beide zeigen sich, dass sie sich vertrauen. Irgendwie fühlt es sich noch immer an wie "wir brauchen eine Lovestory, die beiden sind grad da", aber naja.

"Black Maps and Motel Rooms" kommt dabei nicht ohne Fehler daher. Zwischen den einzelnen Szenen ist alles so vollgepackt mit Erklärungen, dass man die Folge am besten zweimal schaut, um wirklich alles mitzukriegen. In vielen Fällen sind mir die Figuren noch immer nicht sympathisch genug um wirklich mitzufühlen. Und bei einigen habe ich einfach auch noch immer keine Ahnung, wer sie eigentlich sind. Ich weiß jetzt, dass eine Frau namens Tasha in der kleinen Hütte gestorben ist und vorher Fotos gemacht hat. Aber wer Tasha war? Keine Ahnung. Immerhin hab ich rausgefunden wer Stan war. So bin ich mir recht sicher, dass wir kommende Woche ein zufriedenstellendes Finale bekommen werden. Doch der Weg dahin hat zu lange gedauert, zu viel Zeit wurde mit Nichtigkeiten vergeudet. Bei all den Nichtigkeiten ist man als Zuschauer gefordert, jederzeit alles im Blick zu behalten, aber wenn ich mich so im Internet umsehe, dann scheine nicht nur ich damit massive Probleme gehabt zu haben. Dass nun am Ende alles zusammenfindet ist eine schöne Angelegenheit, aber ich frage mich, ob das Chaos im Vorfeld nötig war.

Notizen für die Akten: 


Wie immer findet ihr das Recap auch in meinem Blog.


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