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Moviebreak bittet zu Tisch: Hannibal Staffel 3.2

von Sandra Scholz

Nachdem wir uns letzte Folge auf einen ausgiebigen Trip mit dem neuen Ehepaar Fell begeben durften steht diese Folge Will Graham im Vordergrund. Das heißt, Will Graham, Abigail Hobbs und Hannibals gebrochenes, gefaltetes Herz. Ihr wisst schon, dieser Aufbau in der Kirche in Italien. Während in der letzten Folge noch die Annahme nahe lag, dass es sich bei dem Herz in der Kirche einfach um eine Parodie auf Da Vinci's Vitruvianischen Mann handelte, muss im Rahmen dieser Folge umgedacht werden. Tasten wir uns also vorsichtig an die Ereignisse dieser Episode heran. 

Eröffnet wird die Episode mit einem Flashback, wir dürfen das blutige Ende von Staffel 2 also noch einmal erleben. Nach einem Jahr Pause hatte ich schon fast wieder verdrängt, wie brutal die ganze Angelegenheit war. Doch es macht Sinn, uns die Szene noch einmal zu zeigen. Nicht nur als Auffrischer für unsere Gedanken, nein. Vor allem um klar zu machen, dass diese Szene Will (und auch Hannibal) geprägt hat. Der eine hat sich geöffnet, sein wahres Ich gezeigt. Der andere wird von den Ereignissen mitgenommen, sie verlassen seine Gedanken niemals, spielen sich vermutlich immer und immer wieder ab.

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Wenn jetzt allerdings irgendwer angenommen hat, dass Will danach mal einen Gang zurückschaltet, dann irrt er/sie sich gewaltig. Gemeinsam mit einer imaginären Abigail im gedanklichen Gepäck macht er sich acht Monate nach Hannibals Angriff auf nach Italien. Dort trifft er Inspector Rinaldo Pazzi, sozusagen sein italienisches Gegenstück. Pazzi durfte vor vielen Jahren schon Bekanntschaft mit Hannibal aka Il Mostro machen und hat nun das Gefühl, der Gute sei wieder zurückgekehrt in seine alten Jagdgründe. In der Kirche, in der das gefaltete Herz aufgetaucht ist, kommt es dann zu ausgiebigen Gesprächen, und Will merkt schnell dass auch Hannibal anwesend ist. In der visuell eindrucksvollen Krypta der Kirche kommt es zu einer Art Verfolgungsjagd, und Will ist voll in seinem Element. Er schafft es gleichzeitig, Hannibal auf der Spur zu bleiben und Pazzi den Schreck seines Lebens einzujagen. Junge, der Mann will doch nur helfen, wieso bist du so gemein zu ihm? Pazzi sieht ein, dass er hier keine Chance hat, und verlässt die Krypta wieder. Und endlich kann Will loswerden, was ihm auf dem Herzen liegt: er vergibt Hannibal. Ob er das nun wirklich ernst meint oder es sich um einen Trick handelt? Wer weiß. Die kommenden Wochen werden es zeigen. 

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Das erneute Auftauchen von Abigail wäre wohl in den meisten anderen Serien als billiger Trick aus der untersten Schublade abgehakt worden. Doch der Trick funktioniert, denn mal ehrlich: wenn jemand dir die Kehle so durchschneiden könnte dass du überlebst, dann wäre das Hannibal. Die Beziehung zwischen Will und Hannibal war eine Freundschaft, die erste, wirklich tiefgehende die beide hatten. Diese Freundschaft ist am Ende der zweiten Staffel zerbrochen, es macht also Sinn dass beide nun damit beschäftigt sind, die genauen Gründe zu erforschen. Es ist diese Besessenheit voneinander, die beide verbindet. Abigail dient hier als Spiegel, als eine imaginäre Möglichkeit für Will, seine Emotionen genau zu untersuchen. Und sie ist der Teil von Will, der Hannibal vermisst, bei ihm sein will. Die innere Zerrissenheit spiegelt sich dann in der Krypta am Ende nur allzu deutlich wieder, aber das Bild ist effektiv. Einer kann nicht ohne den anderen, aber beide können auch nicht zusammen. Will scheint erneut verloren in seinen Gedanken, und ich bin gespannt ob er aus diesem Labyrinth wieder herausfindet, und mit wessen Hilfe. Und dann ist da natürlich noch die Frage ob Hannibal überhaupt gewillt ist, seinem ehemaligen Freund zu vergeben oder dessen Vergebung zu akzeptieren. Denn aus Hannibals Sicht war es Will, der Alles ruiniert hat.

Die Auflösung um Abigail gipfelte dann in einer wundervollen Montage. Während sowohl sie als auch Will aus Hannibals Wohnung in Baltimore mitgenommen werden, gehen sie unterschiedliche, aber so ähnliche Wege. Während sie so vorbereitet wird, dass sie auch als Leiche noch präsentabel aussieht, wird Wills Leben mit ähnlichen Schnitten und Nähten gerettet. Leben und Tod, so nah beieinander. Und auch dem Herzen muss eine neue Bedeutung zugesprochen werden. Dimmond war, obwohl die beiden sich die Haarfarbe und einige Gesichtszüge teilten, nicht Will Graham. Er konnte seinen Platz nicht einnehmen, für ihn ist kein Platz in Hannibals Welt.

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Freunde des narrativen Fernsehens dürften mit der aktuellen Staffel ihre Probleme haben. Mehr denn je fühlt Hannibal sich an wie ein schrecklich-schöner Alptraum den man hat, wenn das Fieber über 40 Grad klettert. Ob man den Einschaltquoten so einen Gefallen tut wage ich zu bezweifeln, doch es fühlt sich ziemlich gut an zu wissen, dass Bryan Fuller komplett freie Hand hat. Nach diesem Setup für die Staffel bin ich gespannt, welche Alpträume uns in den kommenden Wochen noch serviert werden.

Wahllose Gedanken zum Schluss: 

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