Das Biopic „Marinette“ erzählt eine mitreißende wahre Geschichte der Fußballspielerin Marinette Pichon, die eine entscheidende Rolle in der Geschichte des französischen Fußballs spielte. „Marinette“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die einen spannenden Einblick in den Frauenfußball bietet, aber auch in das persönliche Leben von Marinette Pichon, das von vielen tragischen Ereignissen überschattet war. Trotz allem kämpfte sie sich nach oben und dank der großartigen Inszenierung und der emotionalen Darbietung von Garance Marillier hat man den Eindruck, hautnah dabei zu sein und Marinette Pichon persönlich zu kennen.
Wir hatten die Gelegenheit, die Regisseurin Virginie Verrier zu interviewen:
Erst mal möchte ich sagen, dass ich Ihren Film großartig fand. Er hat mir wirklich sehr gut gefallen.
Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Film gekommen?
Ich muss sagen, dass ich selbst Sportlerin bin und viel Sport gemacht habe. Leichtathletik und Handball. Das hat mich richtig geprägt in meiner Kindheit und Jugend und als es darum ging das Thema für meinen zweiten Film auszusuchen, war für mich klar, ich würde gerne was über Sport machen und da ich Biopics sehr gerne habe, kam das eine zum anderen.
Hat Marinette Pichon Sie während der Dreharbeiten beraten?
Sie kam für eine Woche an das Set, aber nur als Gast. Ich lud sie mit ihrer Frau und ihrem Sohn ein, damit sie die Dreharbeiten genießen konnte und während dieser Woche beschloss sie Garance Marillier jeden Morgen zu trainieren. Das war genau die Woche, in der wir sehr viel Fußball gespielt beziehungsweise inszeniert haben. Insofern passte das Ganze perfekt und Marienette Pichon hat uns damit sehr geholfen und es war eine wunderbare Erfahrung. Es gab natürlich einen Proficoach, der die ganzen Fußballsachen inszeniert hat und geholfen hat, dass alles gut ausschaut. Aber in dieser Woche hat Marinette Pichon es sich nicht nehmen lassen, selbst mitzumachen und mit uns an der Rolle der Marinette zusammenzuarbeiten. Es war super schön.
Was war der Grund, warum Sie Garance Marillier für die Rolle der Marinette ausgesucht haben?
Tatsächlich folgte ich Garance bereits auf Instagram, als ich an dem Drehbuch gearbeitet habe. Eines Tages sah ich dann ein Video, das sie auf Instagram postete. In diesem Video erzählte sie, dass sie Fußball spielt. Da traf es mich wie ein Schlag und ich sagte mir: „Wunderbar, die Schauspielerin ist im richtigen Alter, das passt perfekt.“ Sie war dann, als das Drehbuch fertig war, auch die Erste, die es bekommen hat und sie hat sofort geantwortet. Das war einfach dieser wunderbare Moment, dass ich an dem Tag draufgeschaut habe, als sie gerade dieses Insta-Video veröffentlicht hat.
Ich habe das Video gesehen und dachte, sie ist perfekt für die Rolle. Ich hatte für die Rolle von Marinette zwei Möglichkeiten: eine echte Fußballspielerin zu engagieren, die keine Schauspielerin ist, oder eine sportliche Schauspielerin auszuwählen. Es war eine schwierige Entscheidung und als ich das Video auf Instagram gesehen habe, dachte ich: „Es ist perfekt.“ Sie ist keine Profifußballspielerin, aber sie weiß genau, wie sie es darstellen muss.
Was ist aus Ihrer Sicht das Faszinierendste an der Person Marinette Pichon?
Ihr ganzes Leben. Ihr gesamter Weg. Sie war an vielen Orten Pionierin. Sie hat einen ganz starken Charakter und hat auch eine sehr große Widerstandsfähigkeit. Als ich ihre Biografie gelesen habe, war ich an ganz vielen Stellen überrascht und habe gedacht: „Wow! Das hat sie gemacht und das und das....“ Ich fand ihren Weg extrem faszinierend und auch überraschend.
Wie lange haben die Dreharbeiten gedauert und gab es besondere sportliche oder allgemeine Herausforderungen beim Dreh? Beziehungsweise waren während der Dreharbeiten Sporttrainer vor Ort, die halfen, die Fußballspiele authentisch zu gestalten?
Wir haben den Film in 39 Tagen abgedreht. Uns stand wenig Geld zur Verfügung. Ich habe den Film selbst produziert und führte Regie. Es war eine Herausforderung an sich, diesen Film zu drehen. Das ist das erste französische Biopic einer Sportlerin und es liegt nicht in unserer Kultur solche Filme zu drehen. Es gab einen Coach, der Garance auf alle Fußballszenen vorbereitet hat und ich hatte als Cast drumherum nur Spielerinnen, die wirklich in den jeweiligen Fußballclubs schon gespielt haben. 200 Mädchen und Frauen. Es war mir sehr wichtig, dass sie wirklich im Mittelpunkt stehen und ich wollte die Fußballspiele nicht in ihrer Gänze zeigen, sondern nur ganz spezielle prägende Momente. Wir haben verschiedenste Techniken ausprobiert und sind am Ende bei einem Roboter gelandet, der in der Nähe von Garance ist, damit man Garance und ihre Gefühle wirklich aus der Nähe sieht. An den Tagen, an denen wir Fußballszenen gedreht haben, da war es natürlich für sie eine enorme Herausforderung. Sie musste acht Stunden am Tag rennen. Wenn man weiß, wie groß so ein Fußballfeld ist, dann ist es eine enorme Leistung. Es ist nicht dasselbe, wie ein Gespräch in einem Zimmer zu drehen. Es ist so ein großer Raum, den man bespielen muss.
Marinette ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit und in vielerlei Hinsicht ein Vorbild sowohl als Fußballspielerin als auch als Mensch. Welche Facetten von Marinettes Charakter waren für Sie besonders wichtig bei der Darstellung ihrer Figur im Film?
Vor allem ihre Widerstandsfähigkeit und ihre Stärke immer wieder nach jeder Prüfung neu aufzustehen und sich der neuen Herausforderung zu stellen, immer der Bewegung des Lebens zu folgen und nicht in irgendeinem destruktiven Modus zu landen. Mit dem, was sie erlebt hat, hätte sie alles gegen sich selbst wenden können, sie hätte einen ganz anderen Weg einschlagen können und bei ihr war es genau andersherum. Sie hat daraus eine Stärke gemacht.
Der Film „Marinette“ beleuchtet wichtige Themen wie Frauenfußball. Glauben Sie, dass der Film „Marinette“ einen Einfluss auf die gegenwärtige Situation von Frauenfußball in Frankreich hatte? Hat sich die Situation von Profifußballspielerinnen mittlerweile verbessert?
Es gibt in Frankreich bei den großen Vereinen immer noch keinen Profistatus für Fußballspielerinnen. Sie erhalten Gehalt, aber sie haben immer noch nicht den offiziellen Status als Profifußballerin. Als der Film rauskam, haben wir sehr viel PR gemacht, haben sehr viel darüber gesprochen, dass es an diesem Status fehlt und der französische Fußballverband der Nationalspieler hat gesagt, sie werden eine Frauenliga einführen, aber man wartet bis heute. Während der Promo-Kampagne hat der Präsident des französischen Fußballverbands mich angerufen und gesagt: „Das wird sich jetzt bald alles ändern.“ Wir warten bis heute noch.
Wann hat er es gesagt?
Im Juni 2023
Haben Sie selbst an Sportwettbewerben teilgenommen?
Nicht in Frankreich, nicht in der französischen Nationalmannschaft. Aber im Bereich der Leichtathletik.
Ist es aus Ihrer Sicht als Regisseurin einfacher eine wahre Geschichte zu erzählen oder eine vollkommen fiktive Story darzustellen?
Es kommt darauf an. Es ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Hier hatte ich wirklich extrem viel Spaß eine wahre Geschichte zu erzählen und diese Geschichte hat so viele Wendungen genommen. Marinette hat so viele Dinge erlebt. Das hätte man sich niemals ausdenken könne. Das Leben ist häufig viel stärker als die Fantasie. Deswegen war ich sehr froh.
Gab es während der Dreharbeiten besondere Momente oder Szenen, an die Sie sich genau erinnern?
Als ich ganz oben auf der Treppe in Philadelphia war. Als Marinette in Philadelphia war, rannte sie, begleitet von der Musik aus Rocky. Ich erinnere mich noch sehr gut daran. Es war die letzte Szene und für mich fühlte es sich wie ein Sieg an, diesen Film zu beenden. Ganz oben auf dieser Treppe.
Vielen Dank Virginie Verrier für dieses schöne Interview!