Inhalt
Die siebte - und zugleich letzte - Staffel der britischen Erfolgsserie Skins geht in die letzte Runde und erzählt uns die Geschichte dreier altbekannter Charaktere und davon, was mit ihnen nach den Ereignissen der vorigen Staffeln geschehen ist.
Kritik
Das Format "Serie" bringt eine generelle Problematik mit sich. Welcher Stoff rechtfertigt es, dass ich unzählige Stunden in eine Geschichte investiere? Dieser Frage muss man sich immer wieder unterstellen und kommt schnell zu dem Schluss, dass Serien vor allem deshalb aktuell so erfolgreich sind, weil wir in einer Zeit leben, in der die Gesellschaft jegliche Form von Endlichkeit ablehnt. Das fängt bei der Party an, wo man sich gegenseitig auf Instagram folgt, um sich nicht aus dem Auge zu verlieren und endet bei Fantasien von einem unendlichen Daseins und verschiedenen unmenschlichen Techniken, die eine Unendlichkeit des Lebens anstreben wollen. Dass dieser Trend wenig sinnvoll ist, sollte wohl nicht zur Debatte stehen, und so steht auch der massige Serienkonsum vor allem für ein Sich-nicht-trennen-wollen, das oftmals essentiell für das komplette Ausfalten der Wirkung eines Kunstwerkes erscheint. Skins ist dankbarerweise anders angelegt und erzählt uns alle zwei Staffeln eine neue Geschichte, die thematisch lediglich zueinander gehören. Nach der sechsten Staffel war die letzte Geschichte erzählt, es hätte vorbei sein können, doch man hat sich für einen anderen Weg entschieden.
Die Idee schreit regelrecht nach Fanservice: Es werden drei altbekannte Charaktere aufgegriffen und berichtet, was aus ihnen geworden ist. Das bietet den Raum für Rückblenden, für nachträgliche Erklärungen von Details, für ein Schwelgen in Erinnerung und für einen versöhnlichen Abschluss. Doch zu welchem Preis? Geht nicht die Prämisse der Serie dadurch verloren, dass die Protagonisten nicht mehr im Jugendalter sind? Schließlich basierten die vorigen Staffeln inhaltlich darauf, zu zeigen, wie hart die Jugendjahre sein können. Auch die Übertreibungen und teils sehr unrealistischen Handlungen und Geschehnisse wirkten im richtigen Maße überzeichnet, so dass sie sich in die ausgeprägte Emotionalität und empfundene Dramatik der Jugendjahre einfügen.
Nun könnte man meinen, dass diese Übertriebenheit, die hier auch dauerhaft vorhanden ist, anfängt lächerlich zu wirken, weil es sich nicht mehr um Jugendliche, sondern um vollständig Erwachsene handelt. Dem ist jedoch glücklicherweise nicht so, da die Staffel einen sehr pessimistischen und nachdenklichen Eindruck vermittelt: Die Dramatik, die Tragik, die man in den Jugendjahren erlebt hat, findet kein Ende. Die siebte Staffel entlässt uns mit dem Ausblick, dass die Serie zwar ein Ende nehmen mag, die Tragik des Daseins jedoch nicht. Ein sehr nachdenkliches Ende, das man gerade durch den angedeuteten Fanservice nicht erwartet hätte.
Die siebte Staffel hat drei thematische Blöcke, die jeweils aus zwei Episoden bestehen, die sich zentral mit einem Charakter befassen. Wir bekommen im Grunde genommen - und so fühlt es sich auch erstmals an - drei vollwertige Spielfilme geboten, die sich thematisch voneinander unterscheiden und die wir im Rahmen dieser Kritik kurz besprechen wollen. Der erste Block trägt den Titel "Fire" und erzählt uns die Geschichte von Effy (Kaya Scodelario, Maze Runner). Der Problemfall aus der ersten Staffel scheint das eigene Leben in den Griff bekommen zu haben. Sie arbeitet als Empfangsdame eines Hedgefonds in London, gerät jedoch durch Trickserei in eine höhere Position, wo sie plötzlich spekulieren muss. Da sie davon eher weniger Ahnung zu haben scheint, bezieht sie Informationen von einem Bekannten, dessen Zuneigung ihr gegenüber sie schamlos ausnutzt. Schnell klettert sie nicht nur die Karriereleiter hinauf, sondern steigt auch im Ansehen ihres Chefs: Eine Affäre scheint sich anzubahnen.
Die erste Folge dieses Blocks funktioniert wunderbar. Man hat eine erwachsene Frau mit erwachsenen Problemen dargestellt und damit eine ganz eigene Geschichte entwickelt, die sich von den vorigen Staffeln unterscheidet. Es geht hier um die Korruption des Finanzwesens, um die Amoralitäten des Arbeitslebens, die mittlerweil zum Aufstieg essentiell erscheinen, um den Konflikt zwischen dem Privaten und dem Beruflichen und wie das Berufliche das Private einnehmen und destruieren kann. Am Ende der ersten Folge kommt es dann zu einem Schicksalsschlag, der den Verlauf der zweiten Folge bestimmen soll. Und der Schuss geht leider nach hinten los: Dieser Schicksalsschlag wirkt sehr plakativ und nimmt die typische "Wie-das Leben-eben-spielt"-Attitüde der Serie ein, die hier nicht nur sehr routiniert, sondern vor allem kontraproduktiv wirkt. Auch wäre es, wenn man sich den Verlauf der vorigen Staffeln ansieht, eine inhaltliche Abwechslung gewesen, die Tragik im Ruhigen zu entwickeln, anstatt wieder mit dem emotionalen Vorschlaghammer zu arbeiten.
In dem zweiten Block "Pure" geht es um Cassie (Hannah Murray, Dark Shadows), die uns in der ersten Staffel noch als ein im Lügen talentiertes Mädchen mit Essstörung präsentiert wurde. Hier stellt sie eine einsame und scheinbar nicht wahrgenommene Frau dar, die sich verloren fühlt. Wieder greift die siebte Staffel ein wunderbares, erwachsenes Thema auf. Schließlich bedeutet das Ausreifen auch, eine Stellung innerhalb der Gesellschaft finden zu müssen, verbunden mit dem Wunsch nach Aufmerksamkeit und Bestätigung. Und Die findet Cassie letztlich in einem zurückhaltenden Verfolger, der sie anzuhimmeln scheint. In der ersten Folge dieses Blocks wird fabelhaft skizziert, wie sich eine Beziehung zwischen den beiden entwickelt. Es wird gezeigt, dass die wahnsinnigen Bedürfnisse danach sehen zu können, was man liebt, und von jemanden gesehen zu werden, den man lieben kann, auch wahnsinnge Handlungen erfordern.
Das ist vor allem deshalb so genial, weil der stille Verehrer nicht als Irrer abgetan wird, sondern ein cleverer Zwischenton gefunden wird, der für seine Obsession Verständnis aufbringt. In der zweiten Folge gibt es leider wieder einen qualitativen Abfall, der diesmal weniger inhaltlicher Natur ist und sich vielmehr auf die Erzählweise zurückführen lässt. Diese wirkt gerade zum Ende hin ein wenig wirr und unfokussiert. Der letzte Block, der unter dem Titel "Rise" zu finden ist, befasst sich mit Cook (Jack O´Connell, Money Monster), der mittlerweile zu einem Drogenkurier im Untergrund geworden ist. Diese Prämisse bietet ein enormes inhaltliches Potential, gerade in Abgrenzung zu den beiden vorigen Blöcken. So könnte dem Untergrund, dem Teil der Gesellschaft, den man nicht jeden Tag zu hören scheint, eine Stimme verliehen werden. Leider gelingt es den beiden Folgen weder inhaltlich und stilistisch, ein überzeugendes Bild dessen zu skizzieren. Stattdessen verliert man sich in eine typische "Du-hast-dich-mit-dem-falschen-angelegt"-Jagd.
Fazit
Insgesamt betrachtet ist die siebte Staffel der Serie "Skins" ein befriedigender, wenn auch nicht unproblematischer, Abschluss der Serie. Man hat es geschafft, einen inhaltlichen und pessimistischen Ausblick über die Serie hinweg zu liefern und dabei auch noch den einen oder anderen Fan durch das Treffen mit alten Bekannten befriedigt.
Technischer Part
Die DVD zur siebten Staffel der Serie "Skins" (VÖ: 07.09.18) von Studio Hamburg Enterprises kommt mit angemessener technischen Aufarbeitung, die weder als besonders raffiniert, noch als störend auffällt, einem Wendecover mit FSK-Logo und ohne weitere Extras daher. Insgesamt demnach eine eher unterdurchschnittliche Veröffentlichung, die dennoch ihren Zweck erfüllt und ein angenehmes Schauerlebnis garantiert.