Den schockierendsten Fakt über Wes Cravens schonungsloses Spielfilmdebüt vorweg: “Das letzte Haus links” ist gar nicht das letzte Haus links! Es ist weder das letzte, noch steht es links. Vielleicht nur ein Fun Fact. Vielleicht ist die eigenwillige Positionierung aber auch eine Politische. Das ländliche Einfamilienheim des braven Bürgerpaares Mr. und Mrs. Collingwood, dessen jugendliche Tochter und deren gleichaltrige Freundin Opfer einer vierköpfigen Großstadt-Gang werden, ist der letzte Hort eines moderaten Mittelstands. Diese bürgerliche Bastion wird zur Todesfalle für das perverse Prekariat, repräsentiert durch die kriminelle Clique. Wenn die Collingwoods die durch einen Zufall in ihrem Haus gastierende Gang in die Mangel nehmen, ist das Rape-and-Revenge-Szenario zugleich ein symbolischer Kampf: Urbaner Moloch vs. Vorstädtische Harmonie, Kernfamilie vs. Patchwork, Sauberkeit & Reinheit vs. Dreck & Drogensucht, heteronormative Monogamie vs. paraphile Promiskuitivität, Establishment vs. “Asoziale”.
Als karikatureske Quintessenz all dessen, was die Nixon-Ära verdammte, sind die Antagonisten nicht nur Personifikation, sondern Parodie einer mindestens ebenbürtig brutalen republikanischen Panik. Diese soziologische Ambivalenz machte den von Ingmar Bergmans Die Jungfrauenquelle inspirierten Exploitation-Thriller unangenehmer als die Gewaltszenen, die Hauptthema der öffentlichen Debatte wurden und zu rigorosen Schnitten führten. Manche Filmvorführer*innen griffen selbst zur Schere und erzürnte Zuschauende entwendeten Filmkopien, um diese zu vernichten. Wie gesagt: bürgerliche Wut ist nicht zu unterschätzen. In Großbritannien kursierte nach einem zensierten Kinostart eine ungeschnittene Video-Version, bis ‘82 mit der Panikmache um video nasties ein fast 20 Jahre langes Verbot anstand. Craven selbst kommentierte das Aufsehen indirekt mit der doppeldeutigen Tagline: Keep telling yourself ‘it’s only a movie, it’s only a movie’.