Inhalt
»ABC« – So lautet die Unterschrift unter verschiedenen Briefen, die Meisterdetektiv Hercule Poirot erhalten hat. Nicht nur, dass der mysteriöse Absender den Gentleman-Belgier darin verhöhnt, er kündigt auch einige Morde an. Inspektor Crome hält alles für einen Aprilscherz. Als Poirot den pensionierten Inspektor Japp aufsucht, stirbt dieser plötzlich in seiner Gegenwart. Erst als zwei weitere Menschen sterben, nimmt die Polizei die Briefe ernst. Inspektor Crome lehnt Poirots Hilfe jedoch ab. Der Meisterdetektiv lässt sich dadurch aber nicht von weiteren Ermittlungen abhalten ...
Kritik
Wenn eine Verfilmung eines Agatha Christie Romans den Fans von der "Queen of Crime" so richtig weh tut, dann ist es diese hier, weil es unmöglich ist gleichzeitig die Bücher von Agatha Christie zu lieben und diese Verfilmung zu mögen. Agatha Christies Stil zeichnete sich immer dadurch aus, dass sie zwar über Morde und die schlimmsten Verbrechen schrieb, doch die Stimmung insgesamt trotzdem recht heiter blieb, sodass man den Fall immer analytisch lösen und mitraten konnte, ohne emotional betroffen zu sein. Gerade die Figur von Hercule Poirot besticht in ihren Büchern immer durch ihren Charme, ihre Kultiviertheit und ihre Unantastbarkeit. Diese Charaktereigenschaften wurden bisher in den meisten Verfilmungen übernommen. Doch nicht in dieser Verfilmung, denn hier war man bestrebt, einen möglichst unsympathischen Poirot zu kreieren, der unhöflich auftritt und von Halluzinationen und quälenden Erinnerungen geplagt wird. Er ist weder schrullig noch charmant, sondern unangenehm und arrogant.
Überhaupt scheint das Ziel dieser Verfilmung zu sein, den Zuschauer unangenehm zu berühren. Es bleibt einem wirklich nichts erspart, weil man mit Vorliebe Szenen zeigt, in denen sich die Figuren übergeben, eiternde Pickel anstarren, oder sich auf sadomasochistisch anmutende Praktiken einlassen, die nur eingebaut werden, um zu schockieren. Das alles hat mit Agatha Christies Stil überhaupt nichts gemein. Außerdem kreiert man düstere Welten, in denen Poirot offenbar mit seiner Vergangenheit als Flüchtling hadert und im weiteren Verlauf Opfer rassistischer Anfeindungen wird. Dabei ist Poirot eine sehr starke Figur und niemals hätte Agatha Christie ihn so schwach dargestellt, wie in dieser Verfilmung und auch niemals als Opfer. Hercule Poirot stand immer über allem und belächelte eher, dass man ihn für einen Franzosen und nicht für einen Belgier hielt. Deswegen ist die Figurenzeichnung durch Regisseur Alex Gabassi und auch die Darstellung durch John Malkovich (Schande) insgesamt sehr enttäuschend. Was auch immer da gespielt wird, es ist sicher nicht Hercule Poirot, den die Fans lieben.
Das Schlimmste an der ganzen Verfilmung ist nicht nur, dass man aus dramaturgischen Gründen extrem von der Buchvorlage abweicht, sondern, dass man es so ungeniert tut, dass man damit die Figur Hercule Poirot vollkommen verunstaltet, weil sie so weit von der Figur entfernt ist, die Agatha Christie erschaffen hat, dass man es nicht fassen kann, wie irgendjemand so etwas nur tun konnte. Der Handlungsstrang, der sich mit der schwierigen Vergangenheit Poirots während des Krieges befasst, ist eine Zumutung und sollte eigentlich bei der Verfilmung von Die Morde des Herrn ABC nichts zu suchen haben. Eigentlich passt die Storyline zu keiner einzigen Verfilmung von Agatha Christie. Vermutlich wollte man hier einfach originell sein, doch meistens ist es besser, wenn man sich an die Buchvorlage hält und, wenn man doch davon abweicht, dann sollte man Respekt vor den, durch die Autoren erschaffenen, Figuren haben. Man würde doch auch nicht auf die Idee kommen, bei einer erneuten Harry Potter Verfilmung die Figur von Harry Potter mit den Eigenschaften von Draco Malfoy auszustatten und ihm richtig düstere Halluzinationen zu verpassen, und zwar schon im ersten Teil.
Fazit
Wenn man die schlimmste Verfilmung eines Agatha Christie Buches sehen möchte, dann ist man hier an der richtigen Adresse. Mit Respektlosigkeit setzt man sich nicht nur über den Stil der Agatha Christie hinweg und kreiert eine düstere, unangenehme Welt, sondern ruiniert auch noch die von ihr erschaffene Figur Hercule Poirot, in dem man ihr Eigenschaften zuschreibt, die diese Figur nie hatte. Diese Verfilmung setzt mehr auf die Schockmomente und ist stets bestrebt, den Zuschauer peinlich zu berühren, statt eine spannende Story genauso wiederzugeben, wie es sein sollte.
Pidax veröffentlichte die Blu-Ray von Die Morde des Herrn ABC am 10. November 2023 in hervorragender Bild- und Tonqualität auf Deutsch und Englisch (jeweils in DTS HD Master Audio 5.1 mit deutschen Untertiteln. Als Bonusmaterialien enthält die Disc lediglich Trailer.