Episoden: Kinofilm (82 Minuten)
Animationsstudio: Production I.G.
Regisseur: Mamoru Oshii
Erscheinungsjahr: 1995
FSK: 16
Genre: Cyberpunk, Krimi, Thriller, Drama, Sci-Fi, Action
Ghost in the Shell wird dir gefallen, wenn dir folgendes gefällt:
Blade Runner, Her, The Matrix, Fight Club, Waking Life, AI, Dark City, Gattaca, 2001: A Space Odyssey, Metropolis, Logan's Run, I Robot, Ex Machina, Surrogates, Akira, Ergo Proxy
Synopsis: Major Motoko Kusanagi arbeitet für Sektion 9, eine japanische Anti-Terroreinheit im Jahr 2029. In einer Welt, in der das Bewusstsein digitalisiert werden kann und die Gehirne der Menschen mit Implantaten verbessert und mit direktem Netzwerkzugang ausgestattet werden können, Körperteile und ganze Körper durch leistungsstärkere Prothesen ersetzt werden, ist Cyberterrorismus eine größere Gefahr als je zuvor. Hacker sind die neuen Staatsfeinde, die sich theoretisch in die Gehirne von ranghohen Menschen hacken könnten, oder in das eines Sicherheitsbeamten und diesen per Fernbedienung zwingen mit seiner Waffe Amok zu laufen. Als es einem Hacker gelingt, der als der Puppetmaster bekannt ist, die Sicherheitsmaßnahmen der Gehirne zu umgehen, wird Sektion 9 auf den Fall angesetzt.
Wieso Ghost in the Shell?
Von „Ghost in the Shell“ werdet ihr zumindest gehört haben, wenn eure Liebe zum Film zumindest einen Cent wert ist. Man muss kein Anime-Fan sein, um von „Ghost in the Shell“ zu wissen. „Ghost in the Shell“ ist einer der wenigen Anime, die einen gigantischen Einfluss auf die westliche Popkultur und das Cyberpunk-Genre hatte, dessen Spuren man überall entdeckt. „The Matrix“ ist im Grunde die dystopische Version der Welt aus „Ghost in the Shell“, wo die Wachowski Geschwister oft ihre Liebe zum Anime kundtaten. Offensichtliche Einflüsse sind unter anderem der USB-Port im Nacken, künstliche Erinnerungen, KIs und die grüne Buchstabenwand, die sowohl das Intro von „The Matrix“, als auch von „Ghost in the Shell“ ziert.
Während man mit großer Sicherheit behaupten kann, dass „Blade Runner“ den Cyberpunk, wie wir es kennen, definiert hat, nimmt „Ghost in the Shell“ den philosophischen Aspekt von Ridley Scotts Meisterwerk und denkt ihn weiter. Atmosphärisch und inszenatorisch sind sich „Blade Runner“ und „Ghost in the Shell“ sehr ähnlich, doch während der Cyberpunk-Thriller von 1982 sich der Definition von Leben stellt und diese strikt in zwei Formen unterteilt – Mensch und Android – macht „Ghost in the Shell“ von dem Fakt, dass er aus dem Jahr 1995 stammt, Gebrauch und passt sich dem Zeitgeist an. Es wird über eine dritte „Lebensform“ debattiert und philosophiert, das durch die schiere Menge an Daten im Netz „entsteht“ und ein Selbstbewusstsein entwickelt.
Dazu erleidet die Protagonistin Motoko Kusanagi ihre eigene Existenzkrise, die von klein auf durch einen Unfall auf eine Vollkörperprothese angewiesen ist und somit nie auf natürliche Weise, sowohl physisch, als auch psychisch „erwachsen geworden“ ist. Die Auswirkungen dessen auf ihre Persönlichkeit, werden im Laufe des Filmes erforscht. Sie ist ein Cyborg, einzig durch den Fakt, dass ihr Bewusstsein natürlich entstand, wird sie als Mensch kategorisiert, wenn in Wahrheit kein einziges Atom ihres Körpers biologisch ist. In einer Welt, in der das Gehirn des Menschen digitalisiert wird und quasi per USB am Nacken jederzeit anzapfbar ist, treten Verbrecher auf den Plan, die es schaffen ihren Opfern „künstliche Erinnerungen“ einzupflanzen, was Kusanagi nur weiter in ihre existentielle Depression stürzen und über die „Echtheit“ ihres „Ghosts“ - ihrer „Seele“ - zweifeln lässt.
Wenn die Authentizität ihrer Erinnerung in Frage gestellt werden kann … wie kann sie sicher sein, nicht einfach nur Android zu sein? Kusanagi, die nie eine Pubertät durchmachte, hat Schwierigkeiten sich sozial und emotional auszudrücken (man achte auf ihre konstant äußerst monotone, „gefühllos“-anmutende Stimme) und verrennt sich in dem Fall über den Puppetmaster, der ihr endlich Antworten zu geben können scheint. Ist man ohne einen biologischen Körper immer noch ein Mensch? Welchen Wert hat eine Seele in einem technischen Zeitalter, in dem diese nicht nur programmiert werden können, sondern die durch puren Zufall in einem Meer aus Informationen sich selbst bilden. Wenn die ersten Lebewesen auf der Erde in einem urzeitlichen Meer aus DNA-Informationen sich zu höheren Lebewesen entwickelt haben, ist dann die Seele, die aus dem Internet geboren wird, nicht einfach nur eine andere Form der Evolution? Wenn jeder den Körper haben kann, den er/sie möchte, welche Rolle spielen dann Geschlechter in dieser Gesellschaft? Und warum ist der maskulinste Charakter im ganzen Film, die mit dem Frauenkörper?
Die Handlung ist nicht der Punkt von „Ghost in the Shell“. Die Story ist lediglich ein Vehikel, das dazu benutzt wird die Philosophie des Humanismus und diverse weitere Fragen über das „Menschsein“ zu erforschen. Und daher kann ich verstehen, wieso manche Leute diesen Film nicht mögen. Es ist ein sehr Dialog-lastiger, langsamer Film und vielen ist die besprochene Philosophie von „Ghost in the Shell“ schlicht und einfach zu hoch, dessen Metaebene man beim ersten Angucken selten erreicht. Ich persönlich habe nach einem halben Dutzend Durchgängen immer noch das Gefühl nicht alles ganz verstanden zu haben. In seiner Vision des Internets und der Technologie schlicht und einfach seiner Zeit voraus, funktioniert „Ghost in the Shell“ auch ohne den analysierenden Blick eines Filmkritikers oder Filmstudenten, da er immer noch atemberaubend animierte und choreographierte Action-Szenen bietet. Wenn man jedoch versucht "Ghost in the Shell" zu sezieren, wird aus einem guten Film, ein exzellentes Meisterwerk.
„Ghost in the Shell“ ist ein Film, der darum bettelt zwischen den Zeilen gelesen zu werden. Kameraeinstellungen, der Schnitt, die Musik, jeder einzelne Shot der Umgebung, der augenscheinlich irrelevant zu sein scheint, stützen die philosophische Reise, auf die der Film seinen Zuschauer schicken möchte. „Ghost in the Shell“ spielt in einer Liga mit „There Will Be Blood“, „Fight Club“, mit jedem Kubrick-Film und natürlich „Blade Runner“. Dieser Film verkörpert die "Show, don't tell"-Mentalität des Filmemachens. Beim ersten Durchgang erscheint dieser Anime seltsam, dröge und langsam, doch bei jedem Rewatch schält man eine weitere Schicht der Zwiebel und entdeckt die gigantische, intellektuelle Tiefe, die es bietet. Wie ihr sicher gemerkt habt, ist dieser Text doppelt und dreifach so lang, wie die anderen in dieser Liste, jedoch die intellektuelle Tiefe und Metabene seines Drehbuchs betrachtend, ist dies mehr als passend. „Ghost in the Shell“ ist pures Art House, den die meisten Leute, die ihn nicht mögen, ihn nicht mögen, weil sie den Film wahrscheinlich nicht verstanden haben. Wenn ihr etwas von Filmen versteht und mehr seid als nur ein Casual-Kinogänger, ist "Ghost in the Shell" fast schon Pflicht - ob Anime hin oder her.
Wie gucken?
„Ghost in the Shell“ ist in Japan ein gigantisches Franchise. Neben dem Film von 1995, mit dem ihr anfangen solltet, gibt es auch eine visuell „ergänzte“ Version des Films aus dem Jahr 2008, indem einige der fantastisch-detaillierten, handgezeichneten Animationen durch schlechtes Playstation-2-Cutscene-CGI ersetzt wurde. Haltet euch unbedingt an das Original, wobei der Film besonders in BluRay-Qualität voll zur Geltung kommt. Auch gibt es ein Sequel aus dem Jahr 2004, der „Ghost in the Shell 2 – Innocence“ heißt, im Wettbewerb um die Goldene Palme 2004 in Cannes vorgeführt wurde und mit dem ersten Teil durchaus mithalten kann und auch angesehen werden sollte, falls das Original zu gefallen weiß.Dazu existiert eine Serie mit zwei Staffeln ("Ghost in the Shell: Stand Alone Complex"), die jedoch sowohl vom Stil, als auch der Story unabhängig von den Filmen sein eigenes Universum aufbaut und eher eine Neuinterpretation des Mangas darstellt, als ein Spin-Off der Filme. Die atmosphärische Diskrepanz zwischen den Filmen und der Serie war sehr verstörend und befremdlich, wenn man jedoch akzeptiert, dass es eine neue Interpretation des Mangas ist, entpuppt sich auch die Serie als genauso tiefgründig, wie die Filme. Der Stil ist halt nur anders und das muss nichts schlechtes sein. Auch hier könnt ihr ruhig zur deutschen Synchronisation greifen. Es sollte beachtet werden, dass zwei deutsche Synchronfassungen existieren. Welche besser ist, ist jedoch subjektiv.