Wir verlassen ein turbulentes Filmjahr 2023 und werfen einen Blick auf das, was uns im kommenden Jahr 2024 auf den Leinwänden erwarten wird. Wie immer gilt, nichts von diesem und von den drei folgenden Beiträgen, ist in Stein gemeißelt. Vorfreude darf es in unterschiedlichsten Bereichen dennoch geben, wie direkt zu Beginn des Jahres!
Gleich im Januar kehrt Anime-Großmeister Hayao Miyazaki ein weiteres Mal mit einem letzten Film auf die Kinoleinwand zurück. Im Gegensatz zu anderen Urgesteinen weiß der Regisseur von Chihiros Reise ins Zauberland und Prinzessin Mononoke das Publikum auch noch im späten Alter zu verzaubern. Gerade deswegen dürfte Der Junge und der Reiher nicht nur für Fans von Animationsfilmen ein frühes Kinohighlight bieten. Für alle anderen gibt es ebenfalls ab dem 4. Januar den neuen Film von Taika Waititi zu sehen. Wir lassen uns überraschen wie treffsicher die neuste Regiearbeit des Jojo Rabbit und Thor: Love and Thunder-Regisseurs Next Goal Wins mit Michael Fassbender und Oscar Kightley wirklich ist.
Mitte Januar erreicht dann endlich Yorgos Lanthimos vielfach gelobter und passend zur Filmografie des Griechen eigenwilliger und ausschweifender Poor Things die deutschen Kinos. Darin erwartet das Publikum nicht nur eine moderne Bearbeitung der Frankensteingeschichte und eine herausragende Emma Stone, sondern auch ein farbenfroh, grotesker Bilderrausch, zu dem unsere Autorin Lida Bach folgende Worte fand:
Der viktorianische Futurismus der Settings und Kamerabilder, die zwischen der Schwarz-Weiß-Optik klassichen Hollywood-Horrors und der barocken Farbintensität des Giallo wechseln, spiegeln auf visuell berauschende Weise die inhaltliche Ambiguität Yorgos Lanthimos preisverdächtigen Publikumslieblings. So interessant dessen auf Alasdair Grays titelgebendem Roman basierende Auseinandersetzung mit der Infantilisierung und Bevormundung von Frauen seitens männlicher Autorität ist, so unangenehm sind die Kindlichkeit sexualisierenden und pseudo-feministischen Untertöne. Das satirische Skalpell ist hier so scharf, dass es ins eigene Fleisch schneidet.
Wem die Weihnachtsstimmung noch bis ins neue Jahr nachhängt, darf sich zudem den Ende Januar startenden The Holdovers auf die Watchlist schreiben. Der hat neben dem weihnachtlichen Setting außerdem das vielversprechende Gespann aus Regisseur Alexander Payne und Hauptdarsteller Paul Giamatti zu bieten, die beide bereits für den oscarprämierten Sideways zusammenarbeiteten.
Der Februar startet unter anderem mit Agnieszka Hollands Green Borderden wir bereits im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele in Venedig gesehen und besprochen haben:
Trotz aller Grausamkeit, Hilflosigkeit und Verzweiflung in Agnieszka Hollands (Die Spur) finsterer Chronik einer initiierten humanitären Katastrophe liegt dennoch vage Hoffnung in ihrem eindringlichen Wettbewerbsbeitrag. Er zeigt die faschistischen Folgen von Rechtspopulismus und Neo-Konservativismus, die auf dem Festival nicht nur auf der Leinwand beunruhigend präsent sind. Dagegen setzt die polnische Regisseurin und Co-Drehbuchautorin eine alarmierende Anklageschrift gegen die Abriegelung der EU-Außengrenzen, an denen allein im Handlungsjahr 2021 Tausende Menschen umkamen. Gefangen in einem Niemandsland zwischen Terror und Tod.
... ein Geheimtipp, dem sich in der zweiten Februarwoche Dream Scenario, der neue Film mit Nicolas Cage und All of Us Strangers mit Andrew Scott und Paul Mescal in den Hauptrollen anschließt. Von letzteren war unter anderem unser Redakteur Stu schon sehr angetan:
Wenn Claire Foy und Jamie Bell die Rollen von Adams Eltern übernehmen und dabei genauso alt erscheinen wie er, verströmt der Film eine Herzlichkeit, die keine Geheimnisse birgt, sondern tiefe Verbundenheit ausstrahlt. Eine Emotionalität, die Adam nach und nach auf einer romantischen Ebene auch mit seinem Nachbar Harry erreicht. Dieser wird von Paul Mescal verkörpert, der dem Autor dieser Zeilen nach Aftersun erneut das Herz zerbrochen hat. Er und alle anderen Darstellerínnen liefern hier eine kraftvolle Performance ab. Zum dahinschmelzen.
Außerdem startet im Februar die Neuverfilmung von Die Farbe Lila, die dem Stoff von Schriftstellerin und Aktivistin Alice Walkerneues, musikalisches Leben einhaucht. Und auch wenn das Ende des Monats vermutlich nur einem einzigen Film gehört, seien zumindest noch zwei weitere nicht uninteressante Neustarts genannt: Mit Spuk unterm Riesenrad steht eine Neuverfilmung des DDR-Kinder-Klassikers in den Startlöchern und mit The Zone of Interest der neue Film von Under the Skin-Regisseur Jonathan Glazer.
Der Schlussakkord des Februars gehört der Fortsetzung von Denis VilleneuvesDune, der die Geschichte rundum die von Timothée Chalamet verkörperte Hauptfigur Paul Atreides weitererzählt. Wir sind gespannt ob Dune: Part Two, zu dessen Cast neben den bekannten Gesichtern des ersten Teils unter anderem Florence Pugh, Christopher Walken und Léa Seydoux hinzugestoßen sind, mit seinem Vorgänger mithalten oder ihn sogar noch in den Schatten eines imposanteren Sandwurms stellen kann.
Nicht minder spannend geht es im März weiter, der zwar erst am Ende einen neuen Blockbuster ins Kinorennen schickt, aber zuvor einige nennenswerte Titel zu bieten hat. Wie Drive-Away Dolls, das Solo-Regiedebüt von Ethan Coen, ein Roadtrip mit Gangstern im Schlepptau und einem Cast (Beanie Feldstein, Matt Damon, und Pedro Pascal), der sich sehen lässt. Zudem startet mit Kung Fu Panda 4die späte Fortsetzung der Kung Fu Panda-Filmreihe und Serie, die nicht nur Familien vor die Leinwände locken dürfte. Die Unschuld von Hirokazu Kore-eda und The Delinquents von Rodrigo Moreno entschleunigen den März mit zwei Filmdramen, die 2023 auf verschiedensten Filmfestivals zu sehen waren, ehe Ghostbusters: Frozen Empire das erste Quartal am 28.3. mit einer weiteren Fortsetzung beschließt. In dieser heißt es warm anziehen und New York vor einer neuen Eiszeit beschützen!
Heutige Frage: Wenn ihr eure ersten Tage im neuen Jahr filmisch planen könntet, welche Filme würdet ihr euch ansehen?