Hach ja, wie sehr würden wir jetzt gerne ausufernd über die Kinostarts des Januars 2021 schwadronieren und euch ausführlich einen Überblick geben, aber … wir erinnern uns, Kino war Anfang des Jahres einfach weltweit ein Problem. Und dennoch: Dank Streaming gab es dann doch einiges zu entdecken, wenn auch eher im Kleineren. So Beispielsweise Der weiße Tiger (The White Tiger) von Regisseur und Autor Ramin Bahrani auf Netflix. Eine atemberaubende Achterbahnfahrt über Klassismus, Hoffnung, Wut und Gier.
„Der weiße Tiger“ mag nicht die subtilste Kapitalismuskritik darstellen, dennoch geht die Mixtur aus poppigem und tief deprimierendem Gesellschaftsdrama auf. Mit einer gehörige Portion Zynismus, starker Bildsprache sowie einer mitreißenden Performance von Hauptdarsteller Adarsh Gourav macht „Der weiße Tiger“ den moralischen Abstieg Balrams nicht nur spür-, sondern auch nachvollziehbar. Das sorgt für 125 Minuten, die auf der Oberfläche nach unterhaltsamem Gangsterkino aussehen, darunter aber mit einem fiesen, mitreißenden Schlag in die Magengrube überraschen.
Ebenfalls auf Netflix, folgte mit Pieces of a Woman eine sehr intime und schicksalsreiche Geschichte über eine trauernde Frau (Vanessa Kirby) um ihr Baby. Mit Shia LaBeouf an der Seite, bot das Drama von Kornél Mundruczó eine intensive Reise in die Zerbrechlichkeit des Lebens und von Beziehungen. Aber auch Hoffnung, drang durch das düstere Geflecht einer atemberaubenden Inszenierung. Unsere Kritik fiel dennoch eher in den mittleren Bereich
Nicht nur die ersten 23 Minuten werden sich in das Gedächtnis der Zuschauer einbrennen, auch sind es die exzellenten Schauspielleistungen von Shia LaBeouf und Vanessa Kirby, die eine Sichtung von "Pieces of a Woman" rechtfertigen. Die körperliche Intimität, die zu Beginn bei all der Wucht immer subtil beobachtet bleibt, tauscht sich im weiteren Verlauf jedoch durch ein ungesundes Maß an Klischees, Allgemeinplätzen und Oscarbait-Einlagen aus. Hätten Kornél Mundruczó und Kata Wéber sich konsequenter darauf konzentriert, leisere Töne anzuschlagen, anstatt müdeste Metaphern und einen alles zukleisernden Score zu bemühen, wäre "Pieces of a Woman" eine klare Empfehlung und keine handfeste Enttäuschung, die letztlich allzu sehr daran erinnert, wie grandios "Manchester by the Sea" doch war.
Und weiterhin Netflix: Mit Outside the Wire wollte der Streaming-Riese das neue Jahr recht actionreich beginnen und brachte dafür Anthony Mackie in einer düsteren Sci-Fi-Geschichte in Stellung. Doch trotz vieler guter Effekte und gut inszenierter Action, hatte der Film von Mikael Håfström ein Problem mit Erzählgeschwindigkeit, Logik und seiner Geschichte an sich. Am Ende ging alles in einem Knall auf. Hübsch, mehr nicht.
Kampfroboter, Supersoldaten, Bürgerkrieg, Dronen. "Outside the Wire" besitzt nicht nur die Zutaten für einen eindrucksvollen Sci-Fi-Actioner, sondern auch für eine Verhandlung über die Themen Künstliche Intelligenz und Militär. Die Balance misslingt ihm allerdings. Die Netflix-Produktion traut sich weder eine klare Stellung zu beziehen, noch sich voll und ganz der Action hinzugeben. Kurz: Ein unerheblicher Film.
Abseits dessen, gab es im Streaming noch ein paar weitere kleinere Perlen, so zum Beispiel One Night In Miami, doch auch der HBO Start von The Little Things, der zwar ordentlich Star Power hatte, letztlich aber etwas enttäuschte. Abseits von Filmen, konnten Fans sich im Januar auf Lupin, Cobra Kai Season 3, Vikings: Season 6B und WandaVision freuen.
Heutiges Gewinnspiel: Mit welchem Film habt ihr euer Filmjahr 2021 begonnen und hat es sich gelohnt?
Viel Glück!