Knapp sechs Wochen nach den folgenschweren Geschehnissen der zweiten Staffel, liegt der Fokus der dritten (und damit letzten) Season der HBO-Drama-Serie „Deadwood“ auf den immer näher rückenden Bezirkswahlen – Bürgermeister und Sheriff – und der endgültigen Eingliederung von Deadwood in das sogenannte Dakota-Territorium. Eine besondere Rolle in diesem (Zivilisierungs-)Prozess, spielen wie gewohnt die äußerst komplizierten Verflechtungen der verschiedenen Bewohner untereinander und deren unkontrollierbarer Hang zu überhasteten Gewaltausbrüchen.
Some fortunes are better left unclaimed
Streng genommen führt die dritte Staffel von „Deadwood“ konsequent jenen Weg fort, den sie mit Season Zwei bereits geebnet hat. Ohne jedwede Einführung der Charaktere oder des derzeitigen Status Quo im Camp (bzw. in der Stadt) wird der geneigte Betrachter sofort mitten ins Geschehen katapultiert. Ganz im Stil von reinrassigen Politserien, entfaltet sich die Atmosphäre dabei nahezu ausschließlich über die authentische Ausstattung und die unglaublich komplexen – teilweise immense Interpretationsspielräume offen lassenden – Dialoge. Dazu trägt ein weiteres Mal der derb realistische, aber streckenweise ziemlich vernuschelte und äußerst mühsam zu verstehende O-Ton bei, der jedoch mit Sicherheit auch für den nachhaltigen Charme der Serie sorgt. Jene Handlungsfortschritte, die sich im sechswöchigen Zeitraum zwischen Season Zwei und Drei ereignet haben werden nur am Rande thematisiert und setzen eine genaue Kenntnis der beiden Vorgängerstaffeln voraus.
Die theatermäßige Anordnung der Szenen und die entschleunigte Inszenierung, die häufig minutenlang um ein (vordergründig) nebensächliches Thema zu kreisen scheint, fordern dem Action-verwöhnten Serien-Fan einiges an Geduld ab. Dieser Umstand lässt sich jedoch ohne weiteres unter dem Punkt Authentizität verbuchen und stellt einen angenehmen Gegenpol zur Hektik manch einer weichgespülten Höher-schneller-weiter-Produktion der Gegenwart dar. Abermals entfaltet sich ein ebenso realistisches wie ungeschminkt entromantisiertes Bild des Wilden Westens am Ende des 19. Jahrhunderts, das durch einige wenige Gewaltexplosionen und eine immense Detailarbeit seine Würze erhält.
Was jedoch trotz allem Verständnis für Realitätsbezug und Dramatisierung negativ auffällt, ist der nahezu nicht existente Handlungsfortschritt im Zuge der knapp zehnstündigen Staffel. Unwahrscheinlich träge schleppt sich die Serie von Folge zu Folge, wobei der geneigte Betrachter den Eindruck nicht los wird, dass man das Gesehene auch weniger elegisch und punktgenauer vorbringen hätte können. Mehr noch als in den beiden vorangegangenen Staffeln verzetteln sich die Serienschöpfer in unzähligen Nebenhandlungen und verabsäumen dadurch, für eine durchgehend fesselnde Haupthandlung zu sorgen. Unterstrichen wird dieser Eindruck von einem abrupten Finale, das viele Fragen offen lässt und deshalb seltsam deplatziert in der Luft hängen bleibt. Dieses wenig zufriedenstellende Ende erklärt sich dadurch, dass der Serie nach Abschluss der dritten Staffel unvermittelt der Geldhahn zugedreht wurde und auch eine Weiterführung der Handlung in zwei Spielfilmen bisher nicht über den Planungsstatus hinausgekommen ist. Das ändert jedoch nichts an dem negativen Nachgeschmack, der durch diesen unvermittelten Schnitt entsteht.
Wovon die Serie ein weiteres Mal profitiert, ist das ungemein motivierte Schauspielensemble. Angeführt von einem perfekt besetzten Timothy Olyphant spielen sich Darsteller wie Ian McShane, Gerald McRaney, Molly Parker, Brad Dourif, John Hawkes, Robin Weigert, Dayton Callie und Powers Boothe die Seele aus dem Leib.
Aus den zwölf Folgen der dritten Staffel von „Deadwood“ stechen zumindest zwei Episoden hervor. Einerseits ist es A Two-Headed Beast, in der Seth Bullock einen betrunkenen George Hearst wutentbrannt und in aller Öffentlichkeit am Ohr in eine Ausnüchterungszelle schleift. Andererseits die eher ruhige Folge Tell Him Something Pretty, in der Al Swearengen eine seiner Prostituierten opfert, um ein Blutbad abzuwenden und sich in einer der letzten Einstellungen am Boden kniend an die katharsische Reinigung des überdimensionalen Blutflecks in seinem Büro macht.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass die dritte Staffel von „Deadwood“ die insgesamt überaus gelungene Serie lediglich zu einem unbefriedigenden Ende führt. Das wiederum liegt einerseits an der streckenweise langatmigen Inszenierung und den spärlichen Handlungsfortschritten im zehnstündigen Storygeflecht, andererseits aber mit Sicherheit auch an dem (erzwungen) abrupten Ende.Trotzdem ist es auch beim dritten Trip nach Deadwood ein Genuss die Wild West Atmosphäre von David Milchs Serie zu inhalieren und sich an der authentischen Ausstattung, dem hingebungsvollen Schauspiel, den ungeschliffenen Dialogen und den fantastischen Bildern zu berauschen. Einer Serie wie „Deadwood“ hätte trotzdem ein stilvollerer Abschied gebührt.
Blu-Ray: Die Blu-rayAusführung der dritten Season der HBO-Drama-Serie „Deadwood“ (die seit dem 03.01. im Handel erhältlich ist) ist ein ambivalentes Vergnügen. Während die Bildqualität - bis auf einige leichte Unschärfen bei Innenaufnahmen - nahezu durchgehend zu begeistern vermag, liegt lediglich der Original-Ton in druckvollem DTS-HD 5.1 vor. Entgegen der Angaben am Back-Cover und im Einstellungsmenü handelt es sich beim deutschen Ton nämlich nur um DTS-HD 2.0. Dadurch geht einiges an Räumlichkeit verloren und der (synchronisierte) Sound wird der Serie nicht im Geringsten gerecht.Zu den Specials der dritten Staffel der Westernserie gibt es nichts zu sagen, da noch nicht einmal ein Wendecover geboten wird.
Die dritte Season von „Deadwood“ verdient sich folglich 6,5 Punkte, womit sich die Gesamtwertung der Serie (nach der tollen ersten und der guten zweiten Staffel) von 8,5 auf 7,5 Punkte verringert hat.
Hier gibt es die KRITIK zur ersten Staffel der Serie
Hier gibt es die KRITIK zur zweiten Staffel der Serie