Bildnachweis: @Hanna Boussouar/Disney•Pixar 2024

"Alles steht Kopf 2" : Interview mit Olaf Schubert, dem Synchronsprecher von Angst

von Yuliya Mieland

Es wird so emotional, wie noch nie, weil Alles steht Kopf 2 ab dem 13. Juni 2024 überall in den Kinos läuft. Aus diesem Anlass hatten wir das Glück den begnadeten Komiker Olaf Schubert zu interviewen. Er spricht, die bereits aus Teil 1 bekannte und beliebte Emotion Angst.

Du sprichst Angst. Gibt es in deinem Leben Bereiche, bei denen du genauso übervorsichtig bist. Schnallst du dich gerne überall an?

Ja … die Frage, Netz, Helm, doppelter Boden … Netz ja, aber eigentlich lieber als Netzhemd. Also Vorsicht ist halt die Mutter der Porzellankiste, aber natürlich auch der Stiefvater des Nachthemds … also ich bin, glaube ich, normal ängstlich.

Jetzt hat sich die Vorlagestimme verändert. Bill Hader war es damals, jetzt Tony Hale. Wie sehr hat sich Angst verändert in den ganzen Jahren?

Das war ja eine sehr lange Zeit, neun Jahre glaube ich, liegen zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. Da hat sich natürlich eine Menge getan und das Gute ist, ich kann mich beim synchronisieren quasi auf meinen Vati verlassen, auf den Regisseur, der ja ein Konzept hat und einen Plan und alles bis ins kleinste Detail dramaturgisch und strategisch vorbereitet hat, dass ich mich sozusagen in sein gemachtes Bett lege und dadurch gar nicht so am Original verhaftet bin.

Dann kannst du so bleiben, wie im ersten Film?

Ja, so kann man das sagen.

Würdest du sagen, Angst ist die beste Emotion, die du widerspiegeln kannst oder gibt es da noch andere Kandidaten?

Gute Frage! Ich glaube, sehr reizen würde mich natürlich auch mal die Trauer. Die Traurigkeit ist, glaube ich, eigentlich die Lustigste, wenn die so schön jammert, nörgelt und winselt und umfällt. Da ist auch viel in mir, da könnte ich schön was rausholen. Auch Neid. Das ist alles da. Wut. Da müsste ich noch daran arbeiten. Meine Wut verpufft oft. Völlig sinnlos.

Gibt es Dinge, vor denen du große Angst hast? Zum Beispiel Spinnen, Schlangen, Katzen?

Angst … Nein. Angst vor Spinnen habe ich nicht … Angst vor Katzen auch nicht. Ich habe große Angst vor Haien, und deshalb wohne ich im dritten Stock. Da bin ich relativ sicher und das ist das Schöne an der Angst. Man kann ja immer etwas tun in seinem Leben, um der Angst Herr zu werden. Wenn man jetzt zum Beispiel Angst hat, vor seiner Frau oder Freundin, dann würde ich zum Beispiel empfehlen, sie nicht zu heiraten. Diese Impulse sind manchmal gar nicht so schlecht. Die Angst ist nicht immer der schlechteste Ratgeber.

Bei "Alles steht Kopf 2" stehen ein paar andere Emotionen mehr im Mittelpunkt, aber wie wichtig ist trotzdem die Angst im Fall von Riley?

Nun ja, die Angst, zeigt sich ja gelegentlich an den ganz archaischen Grundmustern wie Angst vor der Dunkelheit oder Angst vor Geräuschen, Angst vor Gespenstern, und in der Zeit der Pubertät verflüssigt sich das ein bisschen. Die Welt, die man kannte, hört auf zu existieren und die Angst wird sozusagen diffuser und verteilt sich in alle Lebensbereiche und in der Pubertät heißt es eben dann lernen, welche Ängste sind berechtigt, welche kann man ignorieren und welche Ängste leiten einen vielleicht in die richtige Richtung oder in die völlig falsche. Und bei mir war es so, dass ich in der Pubertät viel gelernt habe und sie war von einem auf den anderen Tag vorbei. Das war, glaube ich, letzte Woche.

Den Film werden ja auch logischerweise viele Kinder sehen und die Thematik ist ja schon sehr vorangeschritten. Was glaubst du, wie Kinder, die jetzt vielleicht noch nicht im pubertierenden Alter sind, diese neuen Gefühle interpretieren?

Ich glaube für die ist es schon ein bunter, schöner Zirkus in dem diese ganzen seltsamen Gestalten dort rumspringen und sie werden sicherlich Ältere und Erfahrene auch mal fragen: „Was war denn dort los?“ Und da werden sie sich schon freuen können auf das, was dann über sie hereinbrechen wird, denn das ist mehr oder weniger unabwendbar, unumgänglich. Jeder wird erwachsen, will erwachsen werden, muss erwachsen, darf erwachsen werden. Da kommt halt eine Menge: Schönes, Beängstigendes und im besten Fall lässt man sich dann irgendwann treiben und mitreißen vom Strom des Lebens und zumindest im Kino wird ja eigentlich immer alles gut.

Also soll der Film sozusagen auch einen Lerneffekt haben?

Lerneffekt klingt vielleicht ein bisschen sehr pädagogisch, aber im besten Fall, so geht es mir zumindest, lernt man vielleicht zu verstehen, warum andere gerade so reagieren, wie sie reagieren und dass man vielleicht so ein bisschen mehr Verständnis bekommt. Und man kann sich vielleicht ein bisschen besser in andere hineinversetzen und wenn man das kann, hat man, glaube ich, schon mal ein bisschen leichteres Leben.

Gibt es lustige Geschichten aus deiner eigenen Teenagerzeit. Hast du da auch Eishockey in einer Mannschaft gespielt?

Ich war Geher, also Gehen, das ist, das wo die so komisch und so völlig verspranzt umherwackeln und das war überhaupt nicht lustig. Es haben sich nur andere über mich lustig gemacht. (lacht) Warum ich gerade Geher geworden bin, das lässt sich auch nicht mehr dechiffrieren. Irgendwie gab es einen, der hat gesagt: „Komm mal mit!“ Und ich war auch noch so doof und bin mitgegangen. Dann bin ich vier Jahre dort irgendwie im Kreis rumgelatscht.

Wie bereitest du dich auf einen Synchro-Tag vor?

Ich bereite mich eigentlich immer identisch vor, indem ich das einfach erstmal alles auf mich zukommen lasse und ich hatte vorher ein Gespräch mit dem Regisseur und der hat mir eigentlich die Angst genommen. Er hat gesagt, ich kann den Film nicht versauen, ich kann nichts kaputt machen und wenn man das weiß, dann geht man relativ entspannt an die Sache ran.

Die Fans vom ersten Film sind ja mittlerweile neun Jahre älter geworden. Meinst du, dass der zweite Teil trotzdem gut funktioniert?

Man muss ja den ersten Film nicht gesehen haben, um jetzt den Zweiten zu verstehen. Man kann als Novize unvoreingenommen ins Kino gehen und es ist quasi eine zeitlose Geschichte. Sie beginnt ja jeden Tag überall auf der Welt neu und endet neu. Zeitlose Geschichten sind immer aktuell und das ist eine von diesen.

Was würdest du sagen, mit was für einem Gefühl sollen die Besucher aus dem Kino gehen, wenn Sie den Film gesehen haben?

Da will ich den Leuten jetzt nichts vorschreiben. (lacht) Am besten mit einem guten Gefühl und man hat dann die gesamte Bandbreite des emotionalen „Gefühlsfeelings“ im Film erleben dürfen: Trauer, Hoffnung, Angst, Freude. Alles wird irgendwie zum Schwingen gebracht und im besten Fall, geht man beschwingt, mit einem heiteren Lächeln in einen wolkenblauen Himmel.

Wie bist du aus dem Film rausgegangen?

Ich bin sozusagen drin geblieben. Weil drei Sekunden, nachdem wir den Film gesehen hatten, hieß es: „Jetzt geht es los!“ Da hatten wir auch Lust und insofern, hieß es gar nicht erst zur Ruhe kommen, sondern frisch munter ans Werk.

Und hast du eine Lieblingsszene aus dem Film?

Das ist ja nun ein sehr schneller Film. Es passiert ganz viel, viel Handlung, viele Aktionen, viele Auseinandersetzungen, viele Konflikte, viele Witze, viele Gags, ganz viele schnelle Sachen, bunte Bilder, Geräusche, Musik. Insofern muss ich sagen, eine Lieblingsszene … Nee, kann ich jetzt gar nicht sagen.

Was meinst du, welche Emotion, die noch nicht da war, könnte im dritten Teil eine Rolle spielen?

Noch eine Emotion? Gibt es überhaupt noch Emotionen? Vielleicht müsste man eine erfinden. Eine neue Emotion aus dem Labor. Es wird doch eigentlich auch mal Zeit, finde ich, jetzt im Zeitalter der Digitalisierung, dass eine künstlich generierte KI-Emotion dazu kommt, mit der wir uns Menschen dann insgesamt als Menschheit auseinandersetzen. Ja, das wünsche ich mir.

Welche Emotionen würdest du gerne behalten und welche würdest du löschen, wenn du könntest?

Eigentlich ist es dann doch die Erkenntnis, dass man sagt: „Alles gehört dazu.“ Wenn man alles wahrnimmt, das ganze Leben in all seinen Facetten, kreuz und quer und plus und minus, dann ist es eben traurig oder es ist manchmal langweilig, ist manchmal hocherfreulich und ich glaube, es geht dann vielleicht darum, dass man zulässt, was alles in sich schlummert und wenn man eben merkt man ist neidisch oder man ist aggressiv oder hat Wut, dass man sich das dann auch zugesteht und man kann ja irgendwie an sich rumbasteln, dass man lernt, das alles dann zum richtigen Zeitpunkt hinauszulassen.

Glaubst du, dass man dich wegen deines Kleidungsstils sofort als Angstsprecher gewählt hat?

Ja, ich könnte mir schon vorstellen, dass da ein intimes Quantum schon mitgespielt hat, dass sie gedacht haben: "Da gibt es doch diesen einen komischen Typen, der tatsächlich so rumrennt, frag mal den, ob er Zeit hat." Durchaus möglich.

Olaf Schubert sprach noch ein paar abschließende Worte über "Alles steht Kopf 2":

"Das ist ein Film, der eine eigene Bildsprache hat. Ich habe mir vorher nie bildlich vorgestellt, was geht in so einem zerebralen Schaltlager vor sich. Seitdem hat man es visualisiert vor Augen."

Man kann sich den Worten von Olaf Schubert nur anschließen, weil das Alles steht Kopf-Universum uns fabelhafte emotionale Welten offenbart, an die wir in dieser Form sicherlich noch nie gedacht haben. Vielen Dank für dieses aufschlussreiche und spannende Interview, lieber Olaf Schubert!

Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.