Der britische Autor Edgar Wallace schrieb insgesamt 175 Bücher und 15 Theaterstücke und war einer der erfolgreichsten englischsprachigen Kriminalautoren. Er gilt sogar als Erfinder des modernen Thrillers. Hierzulande ist er vor allem durch die Rialto- und Constantin-Verfilmungen aus den 60er- und 70er Jahren mit Klaus Kinski (Der schwarze Abt), Joachim Fuchsberger (Der Hexer) oder Eddi Arent (Der Zinker) bekannt. Doch davor und während dieser Zeit gab es zahlreiche weitere Verfilmungen. Pidax hat vier dieser Verfilmungen für das TV, einen der letzten Kinofilme und 12 Folgen der britischen Anthologie-Serie Edgar Wallace Mysteries als Die große Edgar Wallace Krimi-Collection am 16. Juni 2024 herausgebracht.
Der Mann, der seinen Namen änderte (1958)
Welches Geheimnis verbirgt Selby Clive? Was geschah während seines Aufenthalts in Kanada? Hat er dort mehrere Verbrechen begangen? Selbys Ehefrau Nita findet ein geheimes Dokument ...
Was für ein wunderbares kammerspielartiges „beinahe Theaterstück“ in Form eines Films! Die Dialoge und die Interaktionen zwischen den drei Hauptfiguren sind exzellent inszeniert und äußerst amüsant. Es gibt jede Menge lustige Zufälle und Verwicklungen, die so charmant und großartig sind, dass man sich kaum von diesem Meisterwerk abwenden kann. Es wird eine zentrale Frage gestellt, die darauf abzielt herauszufinden, ob der Ehemann (Fritz Tillmann, Das große Glück) ein gefährlicher Verbrecher ist, der sich hinter der Fassade der Gutmütigkeit versteckt oder ist er womöglich in Wirklichkeit nur ein ganz normaler durchschnittlicher Typ, der seine Frau (Hannelore Schroth , Sieben Jahre Glück) liebt und fürchtet, nicht gut genug für sie zu sein. Ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel beginnt, bei dem es um eine treulose Ehefrau, den auf seinen Vorteil bedachten Liebhaber (Ernst Stankovski, Die große Freiheit) und den naiven oder vielleicht doch heimtückischen Ehemann geht. Dann gibt es auch noch einen aufmerksamen Diener (Franz Schafheitlin, Der Hexer), der immer in den unpassendsten Momenten aufzutauchen scheint. Und schon hat man alle Zutaten, die eine spannende Geschichte braucht. Das Schöne an dem Film ist nicht nur die Spannung, sondern auch der Humor, der sich nicht nur aus den Dialogen, sondern aus den skurrilen Situationen heraus ergibt.
Der Hexer (1963)
Henry Arthur Milton, von allen „Der Hexer“ genannt, ist in London. Der Mann, den niemand kennt, will den Tod seiner Schwester rächen. Scotland-Yard-Ermittler Bliss und Polizeiarzt Dr. Lomond ermitteln ...
Der Hexer lebt noch! Alle haben natürlich Angst vor dem Hexer und reden darüber, wie sehr sie sich vor ihm fürchten. Viel mehr passiert bei dieser eher unbefriedigenden Verfilmung auch nicht. Diese Hexer-Verfilmung ist ohne jegliche Höhepunkte und Spannung inszeniert und verläuft wie ein lahmes Theaterstück. Sicherlich gibt es ein paar erheiternde Dialoge, aber diese kann man an einer Hand abzählen und, was bleibt, ist viel Gerede und zu wenig Action. Dazu kommt noch der nervige Butler mit einer äußerst penetranten Stimme. Das einzig Amüsante an diesem eintönigem und einfallslosem Film ist die charmante und witzige Auflösung des Falles. Alles andere fühlt sich qualvoll lang an. Nur ein Jahr später verfilmte der Regisseur Alfred Vohrer (Drei Männer im Schnee) den gleichen Stoff, nur diesmal mit viel Spannung und großem Erfolg. Deswegen kann man jedem nur raten, sich lieber die Verfilmung aus dem Jahre 1964 anzusehen.
Der Teufel kam aus Akasava (1971)
Im Dschungel von Akasava wird ein wertvoller Stein gefunden. Damit beginnt eine Reihe von Verbrechen. Scotland Yard beauftragt die attraktive Agentin Jane Morgan, der Sache auf den Grund zu gehen…
Auch wenn Der Teufel kam aus Akasava ziemlich vielversprechend beginnt, kann die Spannung nicht auf Dauer aufrechterhalten werden. Und das ist noch milde ausgedrückt, denn dieser Film ist verwirrend hoch zehn, weil er keinen roten Faden hat, dem man folgen könnte und, weil die Schnitte so unglücklich gemacht sind, dass es schwer zu erkennen ist, wer gerade auf wen schießt. Insbesondere, wenn man in der Nahaufnahme nur einen Arm sieht. Es wird auch nicht hinterher erklärt, was gerade passiert ist, und diese Erklärung wäre bei der zusammenhanglosen Handlung tatsächlich angebracht. Stattdessen enthält der Film viele völlig überflüssige, unnötig sexualisierte Szenen, in denen sich die weibliche Hauptfigur Jane Morgan (Soledad Miranda, Fuego) die Agentin von Scotland Yard, nackt rekelt, ohne, dass es auch nur im Geringsten für die Handlung relevant ist. Außerdem ist diese Figur offenbar bereit, mit jedem sofort rumzumachen, ohne, dass es irgendeinen Sinn ergibt. Das Einzige, was an diesem Film positiv ist, ist die ausdrucksstarke Musik der 70er Jahre, die einen hohen Wiedererkennungswert hat. Alles andere kann man getrost vergessen, weil die Handlung im Endeffekt nur darauf hinausläuft, dass die Scotland Yard Agentin plötzlich aus unerklärlichen Gründen blank zieht.
Der Fall der verängstigten Lady (1983)
Es ist Nacht auf Marks Priory, dem einsam gelegenen Landsitz der Adelsfamilie Lebanon. Ein Unbekannter schreitet durch den dunklen Park. Plötzlich ertönt ein Schrei. Wenig später findet man eine Leiche …
Einerseits erinnert Der Fall der verängstigten Lady an eine Agatha Christie Verfilmung, weil nach dem Auffinden der Leiche nur eine begrenzte Anzahl der Verdächtigen zur Verfügung steht und von vorne herein klar ist, dass einer von ihnen die Tat begangen haben muss. Zu den Verdächtigen gehört eine ältere Dame (Virginia McKenna, Die kleinste Schau der Welt), ihr Sohn (Tim Woodward, Personal Services), eine verängstigte Lady und die Diener. Was auch noch an Agatha Christies Stil erinnert ist das vornehme Ambiente und die Tatsache, dass der Butler ständig in unpassenden Momenten auftaucht und seinen Herrschaften auf Schritt und Tritt folgt. Daraus ergeben sich ein paar lustige Situationen. Nur leider gibt es zu wenig überraschende Wendungen und eine ziemlich simple Auflösung des Falles. Das ist wohl der entscheidende Unterschied zu einer Agatha Christie Verfilmung. Der Fall der verängstigten Lady ist sicher nicht die beste Verfilmung von Edgar Wallace, aber eine, die man sich auf jeden Fall ansehen kann, wenn man sich für Kriminalgeschichten begeistert.
Der geheimnisvolle Mönch (1985)
Unheimliches geht nachts auf Chelford Castle vor: Seit dem Mord an Abt Hubert vor rund 400 Jahren soll sein Geist in dunklen Nächten in der Abtei herumspuken. Scotland Yard soll der Sache auf den Grund gehen ...
„Kann mir endlich jemand erklären, was hier vor sich geht?“, fragt Sir Henry (Siegfried Schürenberg, Die blaue Hand) inmitten von diesem Affentheater und ganz genauso fühlt man sich auch als Zuschauer, weil man meist keine Ahnung hat, was sich da überhaupt vor den eigenen Augen abspielt. Zum einen wird man sofort ins kalte Wasser geworfen, weil die Figuren überhaupt nicht vorgestellt werden und trotzdem erwartet wird, dass man ohne Weiteres dem Geschehen folgen kann. Dann wird das Ganze auf die Spitze getrieben, wobei der Versuch den komödiantischen Touch reinzubringen gänzlich misslingt. Im Ergebnis entpuppt sich der vermeintliche Kriminalfall, als eine riesige Seifenblase, die letztendlich zerplatzt. Was bleibt ist nur ein schräger, wirrer Alptraum, der skurriler nicht hätte sein können. Der geheimnisvolle Mönch ist absurd, theatralisch und unverständlich. Dieser Film verfehlt seine Intentionen bei Weitem.
The Edgar Wallace Mysteries (1959-1965)
The Edgar Wallace Mysteries – Eine verschwundene Leiche, ein entlassener Sträfling unter Mordverdacht, ein verbrecherischer Buchmacher, der seine Komplizen aus dem Gefängnis befreit, eine entführte reiche Frau, zwei Freunde, die ein Wettbüro ausrauben und ein Casanova, der einen Frauenmörder jagt. (Pidax)
Das sind alles, die Geschichten, aus denen sich die Anthologie-Serie zusammensetzt. Sie alle haben eins gemeinsam: Es ist nicht immer alles so wie es scheint und es gibt Verwicklungen über Verwicklungen, sodass die Serie locker mit Agatha Christie Verfilmungen mithalten kann, nur mit dem Unterschied, dass Edgar Wallace kein Faible für bestimmte Ermittler hatte und in jeder Folge jemand anders ermittelt. Meistens geht es um Erpressung, Mord und um geheime Liebschaften, außerdem lassen sich die Täter von den Ermittlern immer recht schnell aufs Glatteis führen oder werden von ihren Komplizen verraten. Jeder hat ein paar Leichen im Keller, manchmal sogar die Ermittler selbst. Deswegen sollte man niemandem trauen, nicht einmal der Polizei. Alle Geschichten sind unterhaltsam, kurzweilig und hervorragend inszeniert. Das sind die guten alten Krimis, wie man sie kennt und liebt. Insgesamt besteht die Serie aus 48 Episoden, von denen 12 in der Box enthalten sind. Da die einzelnen Folgen nicht aufeinander aufbauen, steht jede Folge für sich und erzählt eine eigenständige spannende Geschichte.
Technischer Part
Fazit
In "Der großen Edgar Wallace Krimi-Collection" sind einige von seinen klassischen Krimis enthalten, die mal mehr, mal weniger gut inszeniert sind. Diese Box enthält vier Fernsehfilme, einen Kinofilm und eine Anthologie-Serie. Insgesamt ist diese Serie deutlich besser als die Filme, natürlich mit Ausnahme der großartigen Verfilmung von Der Mann, der seinen Namen änderte. Dieser Film und die Serie sind definitiv die Highlights aus dieser Box.