„Cannibal Holocaust“ ist wohl der bekannteste Vertreter unter den Kannibalenfilmen und gilt bis heute als einer der kontroversesten Werke der kompletten Filmgeschichte. Tatsächlich kann Ruggero Deodatos Film diese umstrittene Wirkung noch immer aufrechterhalten, denn er ist roh, brutal, dreckig und menschenverachtend, kritisiert darüber hinaus aber überraschend intelligent die Medienwelt und die menschliche Gesellschaft. Im ranzigen Found-Footage-Stil führt uns der Film tief in den südafrikanischen Dschungel und damit auch tief in die Abgründe der menschlichen Seele. Mit einem dröhnenden Bass unterlegt gelingt „Cannibal Holocaust“ etwas, das nur wenige Genrevertreter schaffen, nämlich Authentizität. Dabei generiert der Film immer wieder Szenen, bei denen man als Zuschauer am liebsten wegsehen würde. Angefangen bei den garstigen Tierverstümmelungen, für die unnötigerweise auf echte Tiere zurückgegriffen wurde, über schmerzhafte Vergewaltigungen und grausame Riten bis hin zu den obligatorischen Kannibalismus-Momenten. Dass der Film dafür verachtet und gehasst wird ist durchaus verständlich, schließlich präsentiert er diese Momente auch mit einem gewissen Voyeurismus, der gezielt darauf abzielt zu verstören und anzuecken. Jedoch ist die reine Sensationsgier, auf die er damit unweigerlich zusteuert, bereits Teil seiner kritischen Botschaft. Denn über alle Gräueltaten hinaus ist „Cannibal Holocaust“ ein sehr menschliches Werk, was nicht zuletzt an seinen Figuren liegt. Indem er die Mechanismen der Medienwelt als kannibalisch und die Rückständigkeit der Ureinwohner zumindest teilweise als Tugend darstellt, plädiert er für ein sehr einheitliches Weltbild, getreu dem Motto leben und leben lassen. Wenn Robert Kerman dann in der letzten Einstellung den Großstadtdschungel betritt und „I wonder who the real cannibals are“ ins Off spricht, dann ist das zwar nicht besonders tiefsinnig, passt aber wunderbar in die direkte Stimmung des Films.