So, zum zehnten Mal gesehen, zum neunten Mal geliebt. Martin Scorseses Filme waren schon immer Hommagen an das Kino und die Kunst des Filmemachens. Mit Shutter Island erreicht dieses passionierte Tribut Zollen aber eine neue Dimension. Von der ersten Minute an nämlich baut der Großmeister hier auf den durch unsere Sehgewohnheiten ankonditionierten Erfahrungsschatz, der uns weismachen will, in Shutter Island gäbe es tatsächlich ein großes Geheimnis, welches es unbedingt zu lösen gilt. Gibt es nicht. Gab es nie. Shutter Island ist vielmehr ein Werk, welches die Dunkelkammer des Lichtspielhauses bis zuletzt als apparaturerzeugte Realität des Sehens definiert. Und wir, die Zuschauer, sind die größten Idioten in diesem (augenscheinlichen) Labyrinth der Psychosen, welches sich dort auf der Leinwand entlädt. Keine Frage, Shutter Island funktioniert blendend als düsterer Thriller, dafür ist der Charakter und der stetige Wandel des Teddy Daniels zu einnehmend, dafür ist das Setting zu wuchtig und der sich hier merklich köstlich amüsierende Martin Scorsese ein zu begnadeter Geschichtenerzähler. Unfassbar, wie viele memorable Augenblicke dieser Film aneinanderreiht. Die wahre Meisterschaft von Shutter Island aber liegt auf der Meta-Ebene: Dort, wo tradierte Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstrukturen entlarvt und aufgebrochen werden; Dort, wo unsere mediale Wohlfühlzone auch einmal zusammenbrechen darf, weil wir uns unserer Sache einfach zu sicher waren.