Demenz, beziehungsweise Alzheimer, kann jeden treffen. Dabei ist es egal, welchen Status und welchen Grad an Intelligenz die betroffene Person vor der Diagnose und dem Eintritt der ersten Symptome besitzt. Still Alice nimmt sich diesem wichtigen und schmerzhaften Thema absolut authentisch und empathisch an. Julianne Moore verkörpert dabei den Hauptcharakter Alice, eine Linguistik-Professorin, die durch Ihre Intelligenz und außerordentliche Eloquenz hervorsticht und sich an der Spitze ihres Erfolgs befindet. Dabei merkt man während jeder Minute des Films, dass sich Julianne Moore voller Interesse und Leidenschaft in diese Rolle gestürzt und sie sich nicht nur eine Maske für diese Rolle übergestreift hat, sondern die Dialoge, die Szenen und den Verlauf der Geschichte fühlt und lebt. Auch die anderen Schauspieler, unter anderem Alec Baldwin, Hunter Parrish, Kate Bosworth und auch Kristen Stewart merkt man an, dass der Film von Ernsthaftigkeit und inniger Auseinandersetzung mit dem Quellmaterial und der Thematik geprägt ist. Als ich in einem Altersheim fast ein halbes Jahr lang wöchentlich ausgeholfen habe, sind mir verschiedene Stadien der Demenz begegnet und Still Alice arbeitet hier niemals mit Übertreibung oder absichtlicher Aktivierung der Tränendrüsen der Zuschauer. Jede der Stufen, die Alice hier rapide innerhalb von Monaten, beziehungsweise wenigen Jahren durchleben muss, decken sich mit meinen Erfahrungen. Anders als der deutsche Film ‚Honig im Kopf‘ bedient sich Still Alice keiner Hyperbeln, unangebrachten komödiantischen Einlagen oder theatralischer Musik im Hintergrund. Nein, Still Alice wirkt realitätsnah und ich kann nur noch einmal die Brillanz betonen, in der es Julianne Moore gelingt, ihrem Charakter Form zu geben und eine Alice zu schaffen, die wir langsam aber sicher bis zum Ende des Films verlieren – ein Oscar war hier mehr als verdient. Die Filmmusik ist dabei angemessen und verleiht jeder Szene eine entsprechende Tonalität, die noch stärker und klarer den Verfall von Alice Persönlichkeit herausarbeitet. Auch die Kameraeinstellungen und der Schnitt passen sich sehr den Bewegungen und dem alltäglichen Leben von Alice an – alles dreht sich hier um den Alltag, den Verlust von Kontinuität, Riten und Selbstverständlichkeiten.
Der Film lässt nachdenklich, vielleicht auch etwas ängstlich zurück und sensibilisiert hoffentlich einen Großteil der Zuschauer für so ein wichtiges Thema – Still Alice ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger medialer Beitrag dazu.