Ist es ein gutes Zeichen, wenn ich der Heldentruppe in jeder zweiten Folge "ihr seid Idioten" zurufen muss, weil sie wieder irgendeinen Mumpitz bauen? Oh Ja, Stargate Atlantis… das ist eine dieser Serien, bei denen man nicht genau weiß, was man machen soll. Einerseits sollte man sie nicht zu gut heißen, andererseits hat sie aber auch ein gewisses Etwas, das man nicht ignorieren kann.
Charaktere:
Die Figuren an sich sind eher mäßig interessante Archetypen die wiederholt ins Stereotype abzudriften drohen. Insbesondere der Anführer John Sheppard erscheint wie ein kaum aufgebohrtes Plagiat von Colonel Jack O'Neill. Purer Amerikanismus in geballter Form, mit Schutzweste und Baseball-Cap bekleidet, von ironischem-meta-Humor durchzogen, seine eigene Intelligenz hinter einer Fassade aus militärischem Stolz verbergend. All dies machte Jack O'Neill in SG-1 überaus interessant und vielschichtig. Robert C. Cooper und Brad Wright probieren die gleichen Taktiken ein zweites Mal, mit nachlassendem Erfolg. Vielleicht hätte ein Paradigmenwechsel bei den Führungscharakteren genützt. Weg vom Haudrauf hin zum Denker vielleicht? Von Kirk zu Picard, um so den beiden Schwesterserien eine jeweils eigene, unverwechselbare Identität zu geben? Ähnlich sieht es beim restlichen Team aus. Der edle außerirdische Krieger Teal'C bekommt die Starbuck-Behandlung und wird zur strong-independent-woman Teyla, ab der zweiten Staffel dann zusätzlich zu Ronon Dex, wodurch Teal'C de facto auf zwei Figuren aufgeteilt wird. Zeitgleich werden Samantha Carter und Daniel Jackson in Rodney McKay verschmolzen, vermengt mit einer gehörigen Prise Arroganz. Anfangs befindet sich noch der farblose GI Lieutenant Ford im Team, der – zu Recht – unverzüglich abgesägt wurde. Einzig Dr. Elizabeth Weir scheint von den Hauptfiguren ein wenig Tiefe zu besitzen, leidet bedauerlicherweise aber am Janeway-Syndrom. Einige Male steht ihr ihre Fraulichkeit etwas im Weg um als glaubwürdiger Charakter zu funktionieren. Woolsey, Zelenka und vor allem der schottische Beckett sind aber alles in allem interessante Nebenfiguren und führen auch zu einigen spannenden Dialogen und moralischen Konflikten im Laufe der Serie.
Stil:
Auch hier bin ich hin und her gerissen. Einerseits merkt man, dass an den meisten Stellen das höhere Budget der Serie zu gute kommt. Dann sieht man aber das Innere des Kontrollraums und kann sich eigentlich nur wundern. Die Böden schimmern in allen Farben des Linoleums, die bronzefarbenen Stelen auf denen die erste Etage ruht, kann ihre Kunststoffherkunft kaum verbergen und – am schlimmsten – das metallen-glänzende Sternentor der Originalserie wurde durch ein rundes Stück Plastik ausgewechselt. Warum wurde hier der teils hart erkämpfte Realismus des Originals so achtlos weggeworfen? Für die Faszination der Pegasus-Galaxie? Zur Darstellung der herausragenden Fähigkeiten und extrem hohen Technologie der Antiker? Leider zu bemüht, leider umsonst, da dadurch die Antiker-Ästethik weniger hochentwickelt wirkt, sondern mehr wie Kulissen aus Star Trek TOS. Aber dann kommen Schiffe wie die Daedalus und schaffen es trotz allen Star Trek Anleihen zu faszinieren. Ein beeindruckend realistisch wirkendes Schlachtschiff, dass sich mit der neuen Galactica auf direktem Weg in den Olymp der Science-Fiction Schiffe beamt. Wenn allerdings die Wraith einmal mehr in Erscheinung treten, droht man fast, die Design-Pluspunkte wieder zu vergessen. Lächerlich anmutende Vampire in Matrix-Outfits mit einer Vagina an jeder Hand und damit die unverständlichste Design-Entscheidung des Stargate-Universums.
Das alles gepaart mit den abwechselnd hanebüchend-dummen und den ausbaldowert-schlauen Geschichten hinterlässt den Zuschauer irritiert zurück. Ausschlaggebend ist dann die klar dargestellte Selbstironie der Serie und die wirklich herausragend inszenierten Raumschlachten. Alles in allem fühlt sich Stargate-Atlantis somit wesentlich mehr wie Star Trek an, als SG-1, bietet aber zumeist unterhaltende Action-Kost auf anständigem Niveau.