Der amerikanische Autor und Regisseur Richard Shepard ist bekannt für seine schwarzhumorigen Komödien und konnte vor allem mit „The Matador“ einiges an Aufmerksamkeit erregen. Pierce Brosnan als heruntergekommener Auftragskiller, der sich aufgrund seiner Alkoholsucht Ärger mit dem Auftraggeber einfängt – das war nicht nur schauspielerisch allererste Sahne, sondern auch überaus lustig und originell.
Shepards neuestes Werk „Dom Hemingway“ schlägt nun in eine ähnliche Kerbe und setzt dieses Mal Jude Law in Szene. Wobei dieser hier keinen Killer spielt, sondern einen ehemaligen Bankräuber, der nach zwölf endlosen Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird und von seinem damaligen Auftraggeber eine Belohnung für sein Schweigen einkassieren will.
Das ist nicht nur Komödie, sondern nimmt mitunter ganz schön dramatische Züge an, denn Dom Hemingway ist ein sehr heruntergekommener Ganove. Schlecht gekleidet, schiefe gebrochene Nase, Bierbauch, unrasiert und mit schlechten Zähnen – Jude Law ist hier völlig gegen den Strich besetzt und zeigt tatsächlich etwas Mut zur Hässlichkeit. Sicherlich ist das seinem mitterweile etwas reiferen Alter geschuldet, dass er sich mittlerweile in Rollen präsentiert, die man ihm nicht unbedingt zugetraut hätte. Jedenfalls muss man am Ende des Films feststellen, dass „Dom Hemingway“ ohne Laws Schauspielkunst nur halb so gut gewesen wäre. Auf welche Weise dieser den Zuschauer durch die eigentlich recht simple Geschichte führ ist aller Ehren wert, wenn nicht gar spektakulär und das Herzstück des Films. Wie negative Stimmen zu „Dom Hemingway“ belege heißt das im Umkehrschluss allerdings auch, dass man wenig Freude mit dem Film hat, wenn man mit dem schleimigen, vulgären und ständig betrunkenen Dom nicht anfangen kann.
Richard Shepards Werk fühlt sich in den besten Momenten an wie ein klassischer Guy Ritchie Film. Dafür sorgen viele illustre Charaktere, eine gute Portion schwarzer Humor und zum schießen komische Dialoge. Das alles garniert mit einem ziemlich coolen Soundtrack.
Es macht einfach riesigen Spaß zuzuschauen, wie Jude Law seine Rolle abfeiert, zumal er ja normalerweise eher zivilisierte Typen verkörpert. Allein schon der Eröffnungsmonolog, bei dem Dom im Duschraum des Gefängnisses steht und Lobpreisungen über sein bestes Stück von sich gibt ist einfach nur abgefahren – aber seht selbst. Trotz dem niedrigen Niveau, das Dom an den Tag legt, schwingt jedoch bei allem was er sagt etwas poetisches mit.
Der Charakter von Dom ist schwierig zu umschreiben, aber im Film fällt einmal der Spruch “Biest mit Herz” und das passt ganz gut. Nach zwölf Jahren im Gefängnis hat er jedenfalls ganz schön gelitten. Nachdem er sich wieder mit seinem alten Kumpanen Dickie (genial gespielt von Richard E. Grant) zusammengetan hat, wird erst mal drei Tage mit Prostituierten und Koks durchgefeiert. Anschließend geht es zur Villa des mächtigen Mafiabosses Mr. Fontaine (Demian Bichir), der Dom eine Million Pfund als Entschädigung dafür überlässt, dass er im Gefängnis niemanden verpfiffen hat. Alles scheint perfekt, doch dank immensem Drogenkonsum und einem ungeplanten Autounfall verliert Dom all sein Geld, was letztendlich erst eine folgenschwere Gaunerkomödie nach dem Yin und Yang Prinzip in Gang setzt. Dom möchte eigentlich alles zum Guten wenden und nimmt den Kontakt zu seiner Tochter (Emilia Clarke) auf, nachdem seine Frau während seiner Haftstrafe starb. Doch Doms anfängliches Glück bekommt immer wieder herbe Rückschläge verpasst und Doms Taten erreichen dank seiner Alkoholsucht genau das Gegenteil von dem, was er bewirken will. So kämpft er sich ohne Dach über dem Kopf und ohne Geld durch ein fast schon düsteres London, immer in der Hoffnung auf die große Wendung. Obwohl der Film dabei öfter an die niederen Instinkte des Zuschauers appelliert, gibt es genug Szenen die auch tatsächlich Herz haben. Die Chemie zwischen Jude Law und Emilia Clarke (bekannt aus Game of Thrones) stimmt und so gibt es einige bewegende Momente zwischen den beiden, z.B. als Dom seine Tochter weit entfernt an der Bar sitzend das erste Mal mit ihrer Band singen hört und dann zu zweifeln anfängt, ob sein Lebensweg nicht doch falsch war und noch ist. Als er diese Gefühle erstickt, indem er sein Bier auf Ex trinkt, scheint er sich entschieden zu haben.
Die Handlung springt also zwischen Doms gefeierter Freiheit und seiner gewalttätigen Verzweiflung. Mit jeder Wendung im Film frägt sich der Zuschauer, ob Dom wirklich das verdient hat, was er sich so gern wünscht, nämlich die Vergebung seiner Tochter und der Beginn eines neuen Lebens. Letztendlich ringt Dom mit sich selbst. Soll er weiterhin der knallharte Gangster sein, das gefühlskalte Arschloch das nur an sich selbst denkt? Oder schafft er es doch noch ein guter Mensch zu sein?
Für welche Seite sich Dom letztendlich entscheiden, ist die Frage, die den Film bis zum (bitteren?) Ende spannend und absolut kurzweilig hält. Somit ist „Dom Hemingway“ nicht nur launige Gangsterkomödie, sondern auch Drama.
Etwas negativ stößt dann doch auf, dass Regisseur Shepard in der letzten Viertelstunde etwas zu stark die sentimentalen Töne in den Mittelpunkt rückt. Und das zu einem viel zu späten Zeitpunkt, zu welchem der Zuschauer ohnehin schon auf alles gefasst ist.
Fazit: Okay, die Handlung ist relativ dünn und der Film vielleicht etwas zu kurz ausgefallen, um die inneren Konflikte des Hauptcharakters ausreichen zu beleuchten.
Trotzdem ist Regisseur Richard Shepard ein durchweg amüsantes und kurzweiliges Gangstermovie mit komödiantischen Elementen gelungen. Man sollte sich allerdings nicht an schwarzem Humor, gehörig Sarkasmus und Dialogen unter der Gürtellinie stören, was auch einfach zu einem britischen Film dazugehört. Herausragend ist auf jeden Fall Jude Law in der Rolle des Hauptcharakters. Selten hat man ihn so gut spielen sehen. Er spielt nicht nur Dom Hemingway, er ist es!