Und welche von all den Filmen müssen jetzt unbedingt gesehen werden? Das hängt natürlich stark von Euren Kinovorlieben ab. Aus den knapp unter 90 Berlinale-Beiträgen, die ich für Euch dieses Jahr gesichtet & rezensiert habe, hier die Favoriten. Sind Eure Highlights dabei?
Und ab jetzt nie wieder Berlinale - bis '21, sagt Lidanoir
Kuzuhiro Soda besucht ein zweites Mal den Psychiater, dessen progressive Patientarbeit bereits sein dokumentarisches Pendant Mental inspirierte. Der beginnende Ruhestand wird zur doppelten Herausforderung für Dr. Yamamoto, dessen Lebenspartnerin an Demenz leidet. Anrührende Alltagsszenen offenbaren die tiefe Zuneigung während der letzten Schritte eines gemeinsamen Weges.
Drei Freundinnen, die Kim Min-hee als rätselhafte Hauptfigur besucht. Drei Frauenrunden, unterbrochen von aufdringlichen Typen. Viele köstliche Gerichte & Gespräche, noch mehr Alkohol und die coolste Katze der Berlinale. Hong Sangsoo erweist sich einmal mehr als einfühlsamer Beobachter zärtlich ironisierter Zwischenmenschlichkeit.
Die Flucht aus dem Gefängnis eines despotischen Gesellschaftssystems als nervenaufreibendes Handy-Essay. Susanne Regina Meures' Doku zeigt den verzweifelten Freiheitskampf einer jungen Frau als Real-Life-Thriller von erschütternder Unmittelbarkeit.
Bruchstücke eines zerrütteten Geistes entfalten sich als mataphysische Alternativen zu einer nicht nur für den Hauptcharakter schwer zu navigierenden Realität. Sally Potters nuanciertes Psychogramm findet eindringliche Metaphern für neurologische, familiäre und existenzielle Verluste.
Die Todesstrafe wird zum Symbol moralischer Entmündigung und diktatorischen Zwangs in Mohammad Rasoulofs episodischer Kontemplation über die Macht einzelner Proteststimmen innerhalb eines despotischen Staatsapparats. Der Gewinner des Goldenen Bären setzt ein philosophisches Statement gegen politische Unterdrückung und ethische Kompromittierung.
Kühe, Küchlein, Kommerz & Kapitalismus - mit feiner Ironie und hintersinnigen Allegorien führt Kelly Reichardts tragikomischer Western überholte Männlichkeitsbilder und sozialökonomische Konsumprivilegien vor.
Kultträchtiger Soundtrack und packende Bilder schweißt Rubika Shah zu einer furiosen Chronik der Underground-Bewegung, die dem neo-faschistischen England die Stirn bot. Laut, wild, zornig und inspirierend. Die Zeit ist längst reif für einen neuen Protest, wie ihn RAR formierte.
In klaustrophobischen Büroräumen, vergiftet von toxischer Männlichkeit und hierarchischer Ausbeutung, erlebt die junge Protagonistin ihre eigene Ohnmacht gegenüber Machtmissbrauch und sexistischer Gewalt. Kitty Green seziert die Enabler Culture und patriarchalische Strukturen im Schatten Harvey Weinsteins.
Um einen Schwangerschaftsabbruch zu erhalten ist die 17-jährige Autumn gezwungen, vom ländlichen Pennsylvania nach New York zu reisen. Schnörkellos und dennoch sensibel zeigt Eliza Hittmans Plädolyer für reproduktive Selbstbestimmung die harschen Effekte inhumaner Gesetzgebung, nicht nur in den USA.
Tschetscheniens Progrom gegen Homosexuelle fordert immer mehr Opfer, während die Weltöffentlichkeit sich desinteressiert abwendet. David Frances Guerilla-Doku begleitet die wenigen Verbündeten der Verfolgten bei ihren lebensbedrohlichen Rettungsversuchen. Ein verstörender, blutiger Aufruf zum Handeln.