»Abhauen oder draufhauen?«
Ein kontaminierter Burger. Natürlich war es ein kontaminierter Burger, was sollte es auch sonst gewesen sein? Welcher Urheber einer unaufhaltsamen Zombie-Epidemie in den Vereinigten Staaten wäre in sich logischer als BSE-verseuchtes Fast Food? So werden im Falle von Zombieland aus wahnsinnigen Rindern ganz schnell hasserfüllte, gewalttätige und kannibalistische Untote. Die Plage des 21. Jahrhunderts, wie Columbus (Jesse Eisenberg, The Social Network) passend beschreibt. Erfrischenderweise ist es Regisseur Ruben Fleischer (Venom) in seinem Überraschungserfolg aus dem Jahre 2009 gar nicht so sehr daran gelegen, die obligatorischen Tropen des Wiedergänger-Genres zu bedienen. Viel mehr versucht sich die Geschichte des Filmes daran, den Blick vom Altbekannten (gerade in diesem Gefilde) abzuwenden und die Perspektive hinter die Gemeinplätze und Klischees dieser zu verschieben.
Zuerst einmal aber steht das A und O eines jeden Zombie-Filmes zur Disposition: Wie überlebt man in einer Welt, die nichts mehr mit der Welt zu tun hat, in der man aufgewachsen ist? Mehr noch: Wie überlebt man in einer Welt, die bevölkert ist von nach Menschenfleisch gierenden Untoten, die das Gesicht deiner Eltern, deiner Liebsten, deiner Freunde tragen? Columbus hat die Antwort für sich entdeckt: Wo keine Ordnung ist, müssen Regeln her. Und wenn Amerika meint, sich auf dem Kopf zu stellen, dann muss man eben lernen, wie man sich mittels Handstand fortbewegt. Das Schöne an der Figur des Columbus ist, dass ihr schlaksiges, phobisches, jungfräuliches Auftreten von vornherein jedes heroisches Selbstverständnis entkräftet, welches man eigentlich von einem der letzten Überlebenden einer Zombie-Seuche erwarten würde.
Stattdessen verpflichtet sich Columbus strikt seinen Survival-Regularien, legt immer brav den Sicherheitsgurt an, achtet auf seinen Fitness-Zustand, damit er schnellstmöglich und ausdauernd die Beine in die Hand nehmen kann und – ganz elementar – spart sich jedwede Form Verwegenheit. Auch nachdem ihm Tallahassee (Woody Harrelson, Schloss aus Glas), Wichita (Emma Stone, La La Land) und Little Rock (Abigail Breslin, Little Miss Sunshine) über den Weg laufen, gibt Columbus weder dem Zufall, noch den Hormonen die Freiheit, über die Situation zu entscheiden. So aber funktioniert die Dynamik der Charaktere: Alle Figuren, ob Raubein Tallahassee, das durchtriebene Schwesternduo oder Nervenwrack Columbus, besitzen einen individuellen Lebensentwurf, nur sehen sie sich dazu gezwungen, diesen (weitestgehend) mit dem gesunden Gemeinschaftsgefühl abzugleichen, welches ausschlaggebend ist, um nicht an den neuen Bedingungen des menschlichen Daseins zu zerbrechen.
Ruben Fleischers wunderbar spielerische Inszenierung gibt sich über die nicht einmal 90-minütige Laufzeit genauso ironisch wie blutig; sie schmiegt sich aufmerksam an die Lebenswelt ihrer Protagonisten und lässt ihnen, trotz aller offenkundigen und erfolgreichen Versuche, einen neuen Kultfilm aus dem Boden zu stampfen, den nötigen Raum, verschiedene Facetten ihrer Persönlichkeit zu präsentieren. Gerade Tallahassee steht dafür exemplarisch, der die neue Weltordnung zwar in erster Linie als grenzenlosen Abenteuerspielplatz versteht, darüber hinaus aber gleichwohl mit den Erinnerungen an einfachere Tage zu kämpfen hat – und immer wieder von der Angst eingeholt wird, diese Erinnerungen gänzlich verlieren zu können. Primär aber überzeugt Zombieland durch Ausgelassenheit und Nonchalance, dass darüber hinaus auch die Figuren funktionieren, grundiert nicht nur den Unterhaltungswert, sondern rettet auch das Zombie-Genre vor seiner selbstgenügsamen Tristesse.