7.0

MB-Kritik

Yakuza 1974

Action, Drama, Crime, Thriller – USA, Japan

7.0

Robert Mitchum
Ken Takakura
Brian Keith
Herb Edelman
Richard Jordan
Keiko Kishi
Eiji Okada
James Shigeta
Kyōsuke Machida
Christina Kokubo
Eiji Gō
Lee Chirillo
M. Hisaka
William Ross
Akiyama
Harada

Inhalt

Der ehemalige Privatschnüffler Harry Kilmer kennt sich in Japan bestens aus. Auch unter den Gangstern, die Glücksspiel, Prostitution und Schutzgelder mit eiserner Hand kontrollieren. Harry weiß, wie man sich in der brutalen Unterwelt behauptet. Und er weiß, dass mächtige Mafia-Bosse nur eines respektieren: die noch Mächtigeren über sich. Ein moderner Film Noir.

Kritik

Einst, nach Ende des Zweiten Weltkriegs als MP im besiegten Japan stationiert, hat Harry Kilmer (Robert Mitchum, Ein Köder für die Bestie) dem Land der aufgehenden Sonne den Rücken gekehrt, obwohl er dort kurzzeitig sein Glück gefunden hatte. Darüber scheint Gras gewachsen, bis ihn sein alter Kriegskamerad und guter Freund George (Brian Keith, Der Wind und der Löwe) darum bittet, seine noch vorhandenen Beziehungen spielen zu lassen. Denn seine Tochter wurde nach einem geplatzten Waffenschmuggel im Auftrag des Tono-Clans – einer mächtigen Yakuza-Familie – entführt. Nur vier Tage bleiben ihm um den Schaden zu beheben, oder sie wird sterben. Das kann der abgebrannte George beim besten Willen nicht. Und Yakuza-Mitglied Tanaka Ken (Ken Takakura, Black Rain), der Bruder von Harry’s einstigen Geliebten Eiko (Keiko Kishi, Samurai in der Dämmerung), ist noch in dessen Schuld. Harry kehrt zurück nach Japan, muss aber feststellen, dass hier zwar noch vieles beim Alten, Details sich aber trotzdem entscheidend verändert haben – und vor allem, dass ihm die Wichtigsten davon über Jahrzehnte vorenthalten wurden.

Yakuza von Sydney Pollack (Tootsie) vermengt Elemente des Film Noir mit modernem, harten Gangster-Kino und versucht sich gleichwohl als moralische und gesellschaftliche Gegenüberstellung von Historie, Werten, Selbstverständlichkeiten, Gegensätzen und allgemeinen Weltanschauungen von West und Ost. Das ist kein Annährungsversuch, es ist eine bewusste Konfrontation zweier Parallelgesellschaften. In Japan ist alles diktiert von Ehre, von Schuld und einer für uns manchmal übertrieben wirkender Version von Wiedergutmachung, wo für hiesige Gepflogenheiten bald Nichtigkeiten eine lebenslange Bürde auferlegen. Ebenso muss es für die Japaner erschreckend erscheinen, wie unehrenhaft, verlogen und selbstsüchtig der Westen selbst in nicht-illegalen, gesellschaftlich geduldeten, ja total alltäglichen und kaum wahrgenommenen Kleinigkeiten sich als verrohte Schlangengrube herausstellt. Wo Moral und Ethik nur lose Begriffe sind, zwar immer hoch gepredigt werden, aber am Ende des Tages selbst im engsten Kreis keinerlei Bedeutung besitzen. Diese Konflikt, er ist an sich sehr spannend und wird entsprechend bearbeitet, nur wird ihm während des Films keine besonders geschickte Bühne dafür geboten.

Der Plot kommt über weite Strecken sehr schwerfällig in die Gänge, verliert sich in Redseligkeit. Die zwar bemüht ist, eben diesen essentiellen Culture-Clash heraus zu kristallisieren, was aber bei einem besseren Skript gar nicht vieler Worte benötigt hätte. Zu offensichtlich sind hier die Differenzen, die ungebremst ineinander scheppern, teils sogar viel zu plakativ. Selbst das skrupelloseste Yakuza-Mitglied besitzt offenbar mehr Anstand als (bis auf Mitchum, denn der hat ja die japanische Mentalität mit dem großen Löffel gefressen) jeder Amerikaner. Da wird das vorgestellte Modell bis in bald abstruse Extreme ausgereizt. Was insofern sehr bedauerlich ist, da Pollack sein Handwerk absolut versteht und Yakuza als exotischer, 70er-Hard-Boiled-Reißer mit tendenziellem Anspruch in akuten Situationen absolut seinen Zweck erfüllt. Allein der extrem hitzige Showdown ist aufgeladen, wuchtig und radikal. Vertritt das ruppige, ungebremste und zum Teil hemmungslose (sogar Mainstream-)Kino dieser Dekade in voller Pracht. Reduziert darauf, ein Hingucker, ohne Frage. Leider hat das Gesamte mit zu vielen Baustellen zu kämpfen.

Seien es erzählerische Schwächen (obwohl Paul Schrader, Taxi Driver, am Skript saß), ein über seinem Zenit, ausgebrannt agierender Robert Mitchum (Lee Marvin oder Robert Redford waren heiße Kandidaten, die sich beide besser anfühlen würden) oder besonders ein nicht unbedingt glorifizierender, aber zumindest romantisierender Grundton gegenüber Gangster- bzw. Yakuza- „Idealen“. Speziell durch eine wahnsinnig fragwürdiges Ende, das in der Art und Weise vermutlich etwas anderes möchte, aber einen sehr faden, fehlinterpretierten Beigeschmack hinterlässt.

Fazit

Ein sehr zweischneidiges Katana, der angestrengte und mitunter mitreißende „Yakuza“ will viel, schafft dafür zu wenig. Überzeugt mit seiner groben Idee und radikalen Action-Elementen, scheitert im Feintuning, insbesondere mit seiner letztendlich angepriesenen Intention. Ambivalenz ist gut, aber der Film generiert eher Sympathien für die Kriminalität und ihre Regeln…obwohl er das sicher nicht vorhatte. Ungeschickt, da wird das Samurai- zum Damoklesschwert. Weil (u.a.) moralische Integrität und Verantwortungsbewusstsein durch Symbole des organisierten Verbrechens heroisiert werden.

Autor: Jacko Kunze
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