„Karma is a bitch!“
Diesen Spruch sprühen die Aktivisten an den Spind des Sicherheitsbeamten, während sie nach Ladenschluss im Warenhaus eine besondere Aktion durchführen. Doch das ist längst nicht alles, denn ihr Ziel ist in kürzester Zeit so viel Schaden wie möglich anzurichten. Bewaffnet mit Paintball-Kanonen verstecken sie sich so lange im Laden, bis alle Mitarbeiter den Laden verlassen. Es bleiben nur zwei Sicherheitsbeamte da, um den Laden zu bewachen und einer von ihnen ist so richtig angepisst. Diese Story lässt sich schon mal sehen und mithilfe einer wahrlich gelungenen Inszenierung wird man als Zuschauer direkt in das Warenhaus katapultiert und hat das Gefühl mittendrin statt nur dabei zu sein. Man spürt wie die Spannung immer mehr steigt und darf auch recht schnell der Eskalation beiwohnen. Wake Up ist nicht einer von diesen Filmen, die sich ewig lange mit Vorgeplänkel aufhalten, sondern ein Horrorfilm, der sofort zeigt, was Sache ist.
Dabei sind die Sympathien von Anfang an klar verteilt und alles deutet darauf hin, dass der Held dieser Geschichte eigentlich ein Antiheld ist und man ergreift trotzdem sofort für ihn Partei, weil diejenigen, die er jagt, nur ein Haufen ignoranter Selbstdarsteller sind, die glauben, dass man nur mit Ausübung von Straftaten die Welt verbessern kann. Da tut einem der arme Sicherheitsmann Kevin (Turlough Convery, Killing Eve) weitaus mehr leid als die letzte Generation, die nebenbei gemerkt wirklich das Letzte ist. Zumindest werden sie hier wie ein Haufen Kids inszeniert, die keine Ahnung haben, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Statt etwas Gescheites zu machen, wenden sie sich gegen Menschen, die Möbel verkaufen, um gegen die Abholzung des Regenwaldes zu protestieren. What a fuck!? Als ob sie bei sich Zuhause keine Möbel hätten, auf die sie aus Protest mit Paintballkugeln schießen könnten. Aber, nein, natürlich beschädigen sie nicht ihr eigenes, sondern fremdes Eigentum und filmen sich dabei und hinterlassen in der Badezimmerabteilung auch noch eine blutige Sauerei.
Als einer von ihnen den Spruch „There will be blood“ bringt, weiß er gar nicht wie recht er damit hat, denn Kevin ist wütend, und zwar sehr wütend, weil er sich als Sicherheitsbeamter immer mit solchen Idioten rumschlagen muss und sich nie gegen sie wehren darf, weil er sonst gefeuert wird. Als er anfängt, die dummen Kinder abzuschlachten, wird der ganze Kinosaal geradezu euphorisch und man kann es kaum abwarten, dass Kevin die Aktivisten ordentlich auseinandernimmt und glücklicherweise tut er genau das. Doch ab einem bestimmten Zeitpunkt kippt die Stimmung, und zwar aus einem Grund, der aus Spoilergründen hier nicht genannt wird und irgendwie hat man das Gefühl, dass Kevin genug Dampf abgelassen hat und man wünscht sich sogar seltsamerweise, dass ein paar von den Aktivisten überleben.
Ob es dazu kommt, wird hier selbstverständlich nicht verraten, doch im Endeffekt möchten die Filmemacher von RKSS (Turbo Kid) definitiv für niemanden Partei ergreifen und bleiben trotz wechselnder Sympathieschwerpunkte neutral. Im Klartext wollen sie mit ihrem Film aussagen, dass es völlig egal ist, auf welcher Seite man steht, früher oder später werden wir eh alle sterben und die Welt wird sich weiter drehen, als wäre nichts geschehen. Deswegen sollte man weder sich selbst noch die Bedeutung seiner Aktionen nicht überbewerten, ob man nur ein verdammter Aktivist ist oder ein Sicherheitsbeamter mit Aggressionsproblemen.