Inhalt
Der Pariser Taxifahrer Charles (Dany Boon) hat einen ziemlich schlechten Tag. Er steckt tief in den Schulden und wegen zahlreicher Verkehrsverstöße könnte er jeden Moment seinen Führerschein verlieren. Außerdem droht seine Ehe zu zerbrechen. Doch dann steigt Madeleine (Line Renaud) in sein Taxi, eine elegante, resolute 92-jährige Frau. Da sie in ihrem Alter davon ausgeht, dass es jederzeit ihre letzte Taxifahrt sein könnte, bittet sie Charles auf dem Weg zum Pflegeheim einige Zwischenstopps einzulegen: Noch einmal möchte sie jene Orte sehen, die wichtig waren in ihrem Leben. Charles, anfangs verärgert und mürrisch, fährt los. Mit jedem Stopp entfaltet sich die erstaunliche Vergangenheit von Madeleine und Charles ist zunehmend fasziniert von ihren Geschichten. Er erzählt ihr seinerseits von seinen Nöten und Madeleine wäre wiederum nicht Madeleine, wenn sie nicht mit ihrem Sinn für Humor und ihrer Lebensklugheit den einen oder anderen Rat für Charles hätte. Was wie eine normale Taxifahrt beginnt, wird zu einem tiefgründigen Abenteuer, wie das Leben selbst …
Kritik
„Jeder Wutanfall macht dich etwas älter. Jedes Lächeln macht dich etwas jünger“
Was kann eine schrullige alte Dame schon zu erzählen haben? Auf den ersten Blick nur die üblichen Geschichten, die eine 92-Jährige in petto hat: Sie ist gestürzt und muss von nun an im Pflegeheim leben, weil sie offenbar nicht für sich selbst sorgen kann. Der Pariser Taxifahrer Charles (Dany Boon, Nichts zu verzollen) hört ihr nur mit einem Ohr zu, weil er glaubt nur einen gewöhnlichen Fahrgast zu befördern und ist eigentlich viel zu sehr mit seinem Leben und seinen eigenen Problemen beschäftigt, sodass er sich zunächst nicht auf Madeleines (Line Renaud, Belle Maman) Geschichte einlassen kann. Genauso geht es auch dem Zuschauer, weil man den Film zuerst ganz anders einordnet und in Madeleine nur eine quengelige alte Dame sieht, deren einziger Zweck darin besteht, den Taxifahrer zu nerven, doch dieser Eindruck verfliegt augenblicklich, sobald Madeleine beginnt von ihrem Leben zu erzählen. Genau in diesem Moment beginnt das Drama an Tiefe zu gewinnen und mit jedem einzelnen gefahrenen Kilometer verfestigt sich der Eindruck, dass Im Taxi mit Madeleine ein tiefgründiger und starker Film ist.
Gerade jüngere Menschen neigen oft dazu, zu glauben, dass die Alten schon ihr ganzes Leben lang unbeholfen und sonderbar waren, doch sie denken nie darüber nach, dass eine ältere Dame vor gerade mal ein paar Augenblicken genauso war, wie sie selbst: jung und hungrig nach dem Leben. Soeben hat das Leben noch angefangen, doch schon bald ist man 92 Jahre alt, weil die Zeit wie im Flug vergeht und man absolut gar nichts daran ändern kann. Nun sitzt Madeleine in einem Taxi und schwelgt in wunderschönen Erinnerungen an ihre erste große Liebe und an ihren ersten Kuss. In Rückblenden sieht man, wie sie als junge Frau war, wie sie tanzte und voller Vorfreude auf ihre Zukunft schaute. Während die Protagonisten immer weiter durch Paris fahren, erfährt man immer mehr von Madeleines Vergangenheit. Das Schöne an Im Taxi mit Madeleine ist, dass man während der Fahrt durch Paris wirklich viel von Paris sieht und auch vom Straßenverkehr viel mitbekommt, was die Fahrt natürlich authentisch macht.
Man könnte glauben, dass es selbstverständlich ist, dass man während einer Fahrt durch eine bestimmte Stadt auch den Geist der Stadt richtig wiedergibt, doch spätestens seit Retribution weiß man, dass es eben nicht selbstverständlich ist, weil man in diesem Film Liam Neeson angeblich durch Berlin fahren lässt, ihn aber dabei mit Verkehrsaufkommen einer Kleinstadt konfrontiert. Dagegen wirkt Im Taxi mit Madeleine viel echter, denn es gibt nicht nur jede Menge nerviger hupender Autofahrer, sondern auch Stau und Polizeikontrollen, sodass man den Eindruck gewinnt, dass die Protagonisten hier wirklich durch eine Metropole und nicht durch eine Kleinstadt fahren.
Das Highlight des Films ist natürlich nicht die Autofahrt an sich, sondern Madeleines Geschichte und die Tatsache, dass die beiden Protagonisten durch ihre Geschichte Nähe und Zuneigung zueinander aufbauen können. Man glaubt es gar nicht, was für Abgründe sich in Madeleines Vergangenheit auftun. Sie hat schlimme Dinge erlebt und schlimme Dinge getan, doch all das, was sie erzählt, bringt den Zuschauer nur noch mehr dazu, sie zu verstehen und zu mögen. Genauso geht es dem Taxifahrer Charles, der von ihrer Geschichte hingerissen ist. Madeleine berichtet von den 50er Jahren und davon, wie schwer die damalige Zeit für Frauen war. Unaufdringlich zeigt Im Taxi mit Madeleine eine Geschichte, die vielen Frauen bekannt vorkommen könnte, auch wenn sie nicht in den 50er Jahren gelebt haben. Gerade, weil die Thematik so plötzlich im Film auftaucht, ohne, dass man zuvor damit hätte rechnen müssen, sollte man lieber nicht verraten, worum es dabei genau geht, umso mehr trifft der Film den Zuschauer und er trifft einen dann mit voller Wucht.
Doch trotz allem, was Madeleine in ihrem Leben erlebte, wirkt die Figur immer noch lebensfroh und sie schwelgt gerne in den Erinnerungen an die 50er Jahre, weil für sie nicht alles schlecht an dieser Zeit war. Es gab auch viel Schönes, woran sie immer noch denkt und immer wieder erklingt während der Fahrt wunderschöne Jazzmusik aus der damaligen Zeit. In dem Film Im Taxi mit Madeleine treffen zwei fremde Menschen durch Zufall aufeinander und erzählen sich ihre Lebensgeschichten, was sie immer näher zueinander bringt. Freundschaft entsteht manchmal viel schneller als man glaubt und manche Menschen spielen eine große Rolle im eigenen Leben, auch wenn sie noch nicht lange ein Teil dieses Lebens sind. Genau das ist die Geschichte von Charles und Madeleine.
Fazit
Ein nostalgischer Blick auf ein bewegtes Leben einer starken Frau. Die Jugend verfliegt schnell und was bleibt ist nur die Erinnerung daran. "Im Taxi mit Madeleine" plädiert dafür, sich seiner Vergänglichkeit stets bewusst zu sein und erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft, die während einer einzelnen Taxifahrt entstanden ist. Das Drama ist hervorragend inszeniert, emotional, wunderschön, aber auch sehr traurig.
Autor: Yuliya Mieland