Zwei Größen des modernen Horrorfilms zollen dem wohl größten Meister der Horrorliteratur ihren Tribut. Für seinen ersten in den USA produzierten Film schwebte Dario Argento (Suspiria) ursprünglich ein Quartett des Grauens vor. Das in der Post-Produktion noch schlicht als Poe betitelte Werk sollte vier von Edgar Allen Poe inspirierte Kurzgeschichten umfassen, jede von einem anderen, berühmten Genre-Regisseur inszeniert. Daraus wurde letztlich nichts, da John Carpenter (Halloween – Die Nacht des Grauens) und Clive Barker (Hellraiser – Das Tor zur Hölle) nicht zu gewinnen waren. Übrig blieb Argentos Freund und alter Weggefährte George A. Romero (Zombie - Dawn of the Dead), mit dem er gemeinsam den nun als Two Evil Eyes betitelten Film stemmte. So hatte auch jeder mehr Zeit für seinen Beitrag, was besonders Argento sinnvoll zu nutzen verstand (das waren noch Zeiten…).
Den Anfang macht Romero mit The Facts in the Case of Mr. Valdemar, bei dem er nur lose die gleichnamige Erzählung Poes adaptiert, verlagert (wie auch bei der folgenden Episode von Argento) ins Hier und Jetzt. Es bleibt das Thema der Hypnose, die einen Sterbenden im Augenblick des Todes in eine Art Schwebezustand zwischen Leben und Tot versetzt. Körperlich dahingeschieden, scheint seine Seele noch gefangen und kann (hier mit seinen Peinigern) kommunizieren, das Drumherum verändert Romero drastisch. Adrienne Barbeau (The Fog – Nebel des Grauens) und TV-Darsteller Ramy Zada (Springfield Story) spielen ein gieriges Pärchen, das die Leiche eines zu früh verstorbenen Millionär (E. G. Marshall,Die Zwölf Geschworenen) kurzerhand auf Eis legt, um sein Ableben so lange geheim zu halten, bis alle Erbangelegenheiten in trockenen Tüchern sind. Von Struktur und (leider) auch der eher unspektakulären Inszenierung mit leichtem TV-Touch erinnert sein Beitrag an eine XL-Folge von Geschichten aus der Gruft. Grundsätzlich ja keine schlechte Sache, nur auf 50 statt wie dort 25 Minuten und im Format eines Spielfilms (mit dem deutlich stärkeren Argento-Beitrag im Nacken) wirkt das schon etwas verschenkt.
Dazu krankt Romeros Geschichte - neben dem nicht sonderlichen Interesse an der Vorlage – an stellenweise auftretenden, unfreiwilligen Humor. Trotzdem hat auch sein Stück vom Kuchen durchaus Charme, wenn vielleicht auch einen leicht selbstverliebten. Denn anstatt Edgar Allan Poe ernsthaft zu würdigen, verwendet er nur den Rahmen für eine durchaus ironische Referenz an sich selbst. Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück. Dabei bleibt Romero standhaft und zitiert sogar ganz direkt seinen Klassiker Die Nacht der lebenden Toten („Sie kommen um dich zu holen, Jessica“), was zweifellos seinen Reiz hat. Das schon deutlich sarkastische, schwarz-humorige Finale mit Carpenter-Veteran Tom Atkins (Drive Angry) als lustvoll überzeichneten, Zigarren-kauenden Cop und blutverschmierten Dollarscheinen ist ein runder Abschluss für einen Quickie, der vielleicht nur im falschen Film gelandet ist und bei den schon erwähnten Gruft-Geschichten ein kleines Highlight wäre.
Was Romero nicht unbedingt gelingt – wahrscheinlich gar nicht seine Intention war – zelebriert Argento mit „The Black Cat“ voller Inbrunst. Der bekennende Poe-Anhänger würdigt sein Idol so ausgiebig, dass er hier nicht nur die eigentliche Vorlage verfilmt (deutlich werkgetreuer als Romero), sondern in dem Zuge gleich mal exzessiv auf das Schaffen des Meisters verweist, da merkt man die ganz tiefe Verbeugung. Neben dem relativ nah gehaltenen, nur „modernisierten“ Main-Plot, ist die längere (und bessere) zweite Hälfte gespickt mit Querverweisen und Anspielungen auf andere, berühmte Poe-Geschichten. Der Protagonist (großartig: Harvey Keitel, Reservoir Dogs) - ein versoffener, krankhaft eifersüchtiger, sadistischer Fotograf – trägt den klanghaften Namen Roderick Usher (aus Poes Der Untergang des Hauses Usher); die Mordfälle orientieren sich an Poe-Erzählungen (u.a. Das Pendel des Todes), und natürlich darf auch eine Eleonora (Sally Kirkland, JFK – Tatort Dallas) nicht fehlen. Das alles vermengt Argento zu einer stilistisch und inhaltlich sichtlich experimentierfreudigeren, mutigeren Interpretation, als das manchmal bieder-vorsichtige Filmchen von Romero.
Das erreicht nicht die Klasse seiner Meisterwerke, aber die sich gerne geschwind bewegende Kamera, der Mut zum Absonderlichen und eine (überraschend) tolle Besetzung (neben Rampensau Keitel u.a. auch Martin Balsam, Little Big Man, oder auch John Amos, Der Prinz aus Zamunda) sind wesentlich besser, als das Meiste (Das Stendhal Syndrom teilweise ausgenommen) was Argento in den traurigen Folgejahren auf die Menschheit loslassen sollte. Seine Story würde auch als eigenständiger Film funktionieren, selbst wenn er keine liebe- und hingebungsvolle Hommage wäre. Und besonders das ist The Black Cat. Detailliert, interessant variiert und im Geiste seiner Vorlage würdig. Es ist natürlich ein gutes Stückweit konventioneller, massentauglicher als z.B. Suspiria, HorrorInfernal, Profondo Rosso – Die Farbe des Todes oder Opera, aber diesmal auf einem gesunden Mittelweg, den er später bei Krücken wie Das Phantom der Oper, Giallo und ganz schmerzlich Dracula 3D so nie wieder hinbekommen hat.