Inhalt
Um einen wertvollen Smaragd aus einem Museum in Istanbul zu stehlen benötigt die Gaunerbande die Hilfe eines kleinen Ganoven. Unwissend worauf er sich eingelassen hat landet er bald zwischen den Fronten und wird vom türkischen Geheimdienst als Spitzel eingesetzt.
Kritik
Das Stehlen liegt ihnen im Blut, aber für kleine Sachen geben sie sich längst nicht mehr her: Der ausgekochte Vamp Elizabeth (Melina Mercouri, Die Sieger) und ihr gerissener Teilzeit-Lover Walter (Maximilian Schell, Die Brücke von Arnheim) haben sich Großes vorgenommen. Ein mit unschätzbar wertvollen Topkapi-Smaragden besetzter Dolch soll aus einem zum Museum umfunktionierten Serail in Istanbul entwendet werden. Das Vorhaben grenzt ans Unmögliche, zu modern sind die Sicherheitsvorkehrungen, doch gerade das macht ja erst den Reiz aus.
Gemeinsam mit einer unerfahrenen, dafür mit einzigartigen Fähigkeiten ausgestatteten Crew wird ein komplizierter Masterplan entworfen, nur gibt es ein Problem: Zu den benötigten Materialien gehören auch ein Scharfschützengewehr und Rauchbomben, die irgendwie über die streng kontrollierte griechisch-türkische Grenze geschafft werden müssen. Aus diesem Grund wird ein nichtsnutziger, naiver Pechvogel namens Arthur Simon Simpson (Peter Ustinov, Tod auf dem Nil) engagiert und unwissend als Kamel missbraucht, in dem Glauben lediglich ein Auto abliefern zu müssen. Eines führt zum anderen und plötzlich befindet sich Arthur nicht nur in der Zwangsrolle des Spitzels für den türkischen Geheimdienst, sondern wird auch noch eine - im wahrsten Sinne des Wortes – tragende Kraft bei dem großen Coup.
Mit Einbrüchen im ganz großen Stil kennt sich Regisseur Jules Dassin bestens aus, zählt sein 1955 veröffentlichter Meisterwerk Rififi doch zu den größten Klassikern des Heist-Movie. Von dem düster-pessimistischen Tonfall seiner Film Noir Vergangenheit vollständig befreit lässt es Dassin bei Topkapi frappierend heiter und entspannt angehen. Der teils kunterbunten Stil der 60er und die sonnige Postkartenkulisse harmonieren mit der beschwingten Leichtigkeit, die sich deutlich und offenkundig bewusst von der bekannten Stilistik seines Regisseurs distanziert. Es kommt beinah richtig Urlaubsstimmung auf, was sich wohl auch auf den Cast übertrug. Mit unverkrampfter Lässigkeit und selbst in (verhältnismäßig etwas) „ernsteren“ Situationen selten um ein verschmitztes Lächeln verlegen wissen besonders die beiden männlichen Zugpferde – Peter Ustinov und Maximilian Schell – ihr gesamtes Talent, Charisma und Leinwandpräsenz in die Waagschale zu werfen, was zweifelsohne zu den größten Stärken des Films zählt.
Speziell Ustinov ist prädestiniert für die Rolle eines leicht tapsig-tollpatschigen, hasenfüßigen und zu gutgläubigen Windhundes mit konstant Scheiße am Hacken, der jedoch über ein gutes Herz verfügt und im entscheidenden Moment doch zu mehr in der Lage ist, als ihm jeder – inklusive er sich selbst – wohl zutraut. Missbraucht als Ping-Pong-Ball zwischen Geheimdienstspitzel, dusseligem Wasserträger und letztlich aus der Not geboren dann plötzlich doch Vollzeitverbrecher könnte daraus eine richtig turbulente, flotte Sause werden. Könnte, und das genau ist das riesengroße ABER bei Topkapi. Trotz seiner guten Besetzung, der für eine Krimikomödie ordentlichen Ausgangslage und einem routinierten Regisseur am Ruder nimmt der Film erstaunlich wenig Tempo auf, treibt relativ unaufgeregt dahin und vermag die unangenehme Situation seines Protagonistin nie wirklich schadenfroh auszunutzen. Vielleicht ist es einfach nicht Dassin’s Baustelle; liegt ihm die mehr auf Komik fokussierte Variation nicht. Denn wie es oft so richtig heißt: Die Komödie ist das wohl schwierigste Genre. Da hängt viel von Timing, Tempo und dem Gespür für die Situation ab, was hier oft nicht über den Status des ganz netten Achselzuckens hinauskommt.
Merklich steigt die Qualität im Schlussdrittel, wenn es nach der zu schleppenden Planungsphase nun endlich zum eigentlich Einbruch kommt. Dank der erstklassigen Kameraarbeit von Henri Alekan (Spion zwischen zwei Fronten) und dem unverkennbaren Erfahrungsschatz wie der eindeutigen Kompetenz von Jules Dassin bezogen auf solche Momente (Rififi lässt hier durchaus grüßen) ist Topkapi in diesen Situation durchaus sehenswert geraten. Dass sie letztlich aber nicht den Hauptteil des Films ausmachen und mehr ein schmückendes Beiwerk zu einer insgesamt mittelprächtigen Komödie darstellen ist dahingehend höchst unvorteilhaft.
Fazit
Die guten Darsteller und eine sehr ansprechende Optik wissen zu gefallen, insgesamt ist „Topkapi“ aber selbst für eine Gaunerkomödie etwas zu seicht und bisslos geraten. Stetig bemüht und einem ordentlichen Heist-Höhepunkt versehen ist man durchaus geneigt das Ganze kurzzeitig wohlwollender aufzunehmen. Alles gegeneinander aufgewogen bleibt aber ein leicht ernüchterter Eindruck zurück, denn hier war definitiv deutlich mehr möglich, was gerade an seinen Vorzügen überdeutlich abzulesen ist. Akzeptabel, mehr eigentlich nicht.
Autor: Jacko Kunze