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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Eine seltsame Krankheit macht sich breit in dem kleinen Dorf in Südkorea. Menschen zerfleischen sich gegenseitig, haben seltsame Blasen auf der Haut und verfallen dem Wahn. Der etwas trottelige Polizist Jong-Goo soll Gerüchten auf den Grund gehen und stößt an seine Grenzen, als seine eigene Tochter ebenfalls betroffen ist. Alsbald deckt sich mehr auf, als irgendein Mensch je wissen wollte.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Lang, lang ist’s her, dass mein Notizblock nach einem einzigen Film derart voll und zugekritzelt war. Bereits das spricht für den Film, denn auch wenn eine große Quantität von Gedanken nichts über die Qualität des Produkts aussagt (schließlich gibt es auch viele Gründe, weshalb ein Film schlecht sein kann), so ist ein Film, der einen vollen Zettel zur Folge zieht in jedem Fall interessanter als einer, der komplett am Zuschauer vorbeizieht. Der südkoreanische Regisseur Na Hong-Jin, der mit seinem Debüt The Chaser für ordentlich Aufmerksamkeit sorgte, zahlreiche Preise gewann und zwei Jahre später mit The Yellow Sea einen ebenfalls überaus erfolgreichen Film inszenierte, setzt nun mit seinem dritten Film noch einen Zahn zu und züngelt damit an der Grenze zum Meisterwerk.

Goksung, so der Originaltitel, bezieht sich auf das kleine Dörflein, in dem sich die grauenerfüllte Geschichte abspielt. Der internationale Verleihtitel hingegen wird wunderbar narrativ eingesetzt. Die ersten Bilder des Films täuschen mit ihrer bizarren Schönheit und Ruhe. An einem idyllischen See in den Bergen sitzt ein Angler, drückt einen Wurm auf den Angelhaken. Es mutet paradiesisch an, wie ein Versprechen, das zwangsweise gebrochen werden muss. Spätestens dann, wenn der Protagonist und Polizist Jong-Goo (auf den Punkt gespielt von Kwak Do-Won, The Magician) von seinem Zuhause zur Arbeit kommt und als Begrüßung einen Anschiss bekommt. Hier beginnt die eigentliche Handlung. Es regnet in Strömen, Prinzipien werden eher angewandt, solange die Gemütlichkeit nicht dazwischen kommt und die Hässlichkeit dieser Welt wird derart wahnsinnig dargestellt, dass es den Puls nur so in die Höhe jagt. Auf die panische Frage eines Polizisten, worauf derjenige, der all das Leid angerichtet hat, denn überhaupt stehe, antwortet der Film selbst mit der Einblendung des Titels. Das Jammern.

Also eigentlich alles beim Alten im südkoreanischen Thriller-Kino? Natürlich nicht, The Wailing ist ein überraschend anderer Film geworden. Nicht nur, dass der Protagonist ein Tollpatsch ist und umgeben von fast schon Coen-esquem Humor durch die Straßen schlendert. Zudem mehren sich Elemente der Horror-Folklore in diesem Film. Regisseur Na spielt dabei gekonnt mit Genre-Mechanismen, um sie kurzerhand aufzulösen und sich vor allem auf seine Figuren zu konzentrieren. Der Horror-Einschlag von The Wailing ist dabei besonders gelungen. Während in den meisten Mainstream-Gruselfilmen die Grundidee in etwa immer „Der Horror zieht in das normale Leben von Figur A und B ein.“ lautet, geht Na hier ähnlich vor, jedoch viel weiter. Er wird reflexiver, tiefgreifender und behandelt den Horror als einen Zustand und Gegenstand in seiner Geschichte, den es zu untersuchen gilt - und nicht als Mittel zum Zweck. Das reicht von den Schauplätzen eines okkultistisch angehauchten Ortes, bis zur Präsenz von Gespensters, so erzählt man sich, und dem unerklärlichen Auftauchen des fremden Japaners. Der wird übrigens großartig gespielt von Jun Kunimura, Kill Bill Vol.1, allein der Gedanke an ihn veranlasst zum Applaudieren.

Dieser Fremde wird alsbald für die seltsamen und angsterregenden Vorkommnisse in der Ortschaft verantwortlich gemacht. Berichtet wird von seinen roten Augen, wie er nackt herumläuft, wie er Tiere im Wald reißt und roh verspeist. Der Fremde wird ausgegrenzt, für Schuldig befunden, er bekommt keine Chance für seine Version. Die Gewalttaten ziehen einen Wirbelsturm aus Verwirrung, Irrationalität, Wahn und Missverständnisse nach sich; im Auge des Sturms ist stets Jong-Goo. Regisseur Na nutzt das kleine Dorf als einen Mikrokosmos für die Welt, die er seziert und eine parabelhafte Situation von Fremdenfeindlichkeit, Verwirrung und dem menschlichen Unvermögen von Rationalität in seelisch überfordernden Momenten. Die „moderne Welt“, das geheiligte Land, werden durch niedere Triebe der Menschen dekonstruiert, diffamiert und degradiert. Wie schnell der Mensch sich dabei zu vorschnellen Taten und Aussagen drängen lässt, zeigt Na immer wieder, manchmal auch nur nebenbei. Die Wahrheit ist schließlich kein heiliges Konzept, sondern etwas, was in den Köpfen der Menschen festgelegt wird. Und genau dort setzt etwas ein, was Rationalität stets vernebeln lässt: Glauben.

Fazit

Ganze sechs Jahre hat es gedauert, bis der Film fertig war. Jetzt ist er da. Und er ist fantastisch, das Warten und die harte Arbeit haben sich gelohnt. "The Wailing" ist ein Film, der größer ist als die Summe seiner Teile. Mit einer Menge bildlichem Gespür und gewohnter Genialität gibt Na sich nicht zufrieden, bis seine Figuren gebrochen sind, bis die Hölle auf Erden angekommen ist und der Mensch sich in einem Triptychon aus Wahn, Blutdurst und Schmerz wiederfindet. Bis zur Unkenntlichkeit zerfressen. Szene um Szene dreht die Daumenschrauben enger zu, entfacht das Chaos intensiver, drückt die Schlinge enger um die Hälse der Charaktere und entlarvt die Menschheit mal um mal als äußerst primitive Spezies. Ein Mystery-Thriller der hilft, die Welt zu verstehen. Do you see? Schlicht und ergreifend ein Meisterwerk, ein Highlight des Kinojahres.

Kritik: Levin Günther

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