Inhalt
Als die Spannungen zwischen den verfeindeten Yakuza-Clans wachsen, heuert eines der Oberhäupter einen gefürchteten, aber erkrankten Ronin als seinen Feldherren an – während der andere einen demütigen, blinden Masseur namens Ichi einsetzt. Mit seinen blitzschnellen Schwertkampfähigkeiten, Taschenspielertricks und der gleichgültigen Haltung zum Ehrenkodex ebnet dieses erste Kapitel allen folgenden Abenteuern Zatoichis den Weg.
Kritik
Stimmungsvoller Auftakt der umfangreichen Filmreihe rundum die ursprünglich literarische Hauptfigur Zatoichi, welche als blinder Masseur und geschickter Schwertkämpfer durch die Lande streicht. Kenji Misumis The Tale of Zatoichi legt den Grundstein für eine bis in die 1980er mehr als zwanzig Filme und eine ganze Serie umfassende Geschichtensammlung, welche Ichi auf seinen Reisen begleitet. Ihren eindrucksvollen Anfang nehmen diese, zumindest für das Publikum des ersten Teils, in Lioka. Hoch erwartet vom Oberhaupt eines Yakuza-Clans soll Ichi an dessen Seite kämpfen, wenn der Konflikt mit einer rivalisierenden Bande in Gewalt umschlägt.
Bereits beim anfänglichen Würfelspiel, bei dem die Clanmitglieder glauben, die Blindheit des Protagonisten ausnutzen zu können, beim unbeschwerten Angeln am See und auch bei den sich immer wieder ankündigenden Kampfhandlungen führt der Film in die ungewöhnliche Begabung Ichis ein und kundschaftet sie aus. Sein scharfsinniges Gespür etabliert sich im Gegenteil zu vielen anderen Figuren auf leisen Sohlen und dank des präzisen und durchaus facettenreichen Schauspiels Shintarō Katsus (The Whale God, Teito Monogatari) glaubhaft und eindrucksvoll. Ihm und seinem Zusammenspiel mit der Figur des Hirate (Shigeru Amachi) ist es in erster Linie zu verdanken, dass in The Tale of Zatoichi noch ein wenig mehr steckt als eine altbekannte Samuraigeschichte um einen erprobten Einzelgänger.
Die Aufeinandertreffen beider ungleicher Helden, auf unterschiedlichen Seiten stehend, aber doch eine Freundschaft und tiefster Respekt verbindend, zählen sicherlich zu den Kernstücken des Films, weil sie die gewaltvolle Absurdität der Fehden und Banden herausstellen. Ohne Partei zu ergreifen, kratzt The Tale of Zatoichi auf beiden Seiten an heruntergekommenen, ruhmvoll verklärten Anführer-Fassaden und stellt mit dem blinden Ichi und dem an Tuberkulose erkrankten Hirate zudem zwei Kämpfer in den Vordergrund, die neben all ihrer zu eigen gemachten Kampfkunst auch Schwäche und Emotionen zeigen dürfen.
Eine aussagekräftige, Licht/Schatten-Kontraste nutzende Bildsprache und einfache, wirkungsvoll inszenierte Sets verhüllen blassere Nebengeschichten, die mit oberflächlich gezeichneten Intrigen, Romanzen und Todesfällen zumindest einen Teil zur Ausgestaltung der barbarischen Welt beitragen. Ruhige, mitunter düstere Bilder und präzise, gelegentlich theatralische Gesten der Figuren gestalten Spannungsmomente, wie sie heute wohl schnell in Actionsequenzen verloren gegangen wären.
Es ist das Windrauschen in den Bäumen, die umliegende Stille, die ganz gleich welche Auseinandersetzung oder Machtdemonstration zu einer spürbaren und direkten machen. Das bloße Klirren der Schwerter, die kraftvollen Bewegungen, der Verzicht auf pathetische Musik verdichtet die kämpferischen Begegnungen zu überaus fesselnden Momenten. Und selbst wenn der Film gegen Ende vom Lärm des Krieges, von Trommeldonnern und Babygeschrei eingeholt wird, sind es auch im letzten Drittel die stillen Momente, die die größte Spannung erzeugen. The Tale of Zatoichi ist letztlich keine gnadenlose Demaskierung des Samuraiwesens, wie es Masaki Kobayashi (Barfuß durch die Hölle -1. Teil) im selben Jahr mit Harakiri gelang, aber ein mehr als überzeugender Franchisestart.
Fazit
Atmosphärischer Samuraifilm-Klassiker mit ausdrucksstarken Hauptdarstellern. „The Tale of Zatoichi“ ist so bedacht und treffsicher inszeniert wie seine wenigen Kampfsequenzen. Ein fesselnder und mit tiefgründigen Ansätzen versehener erster Teil der Zatoichi-Saga.
Autor: Paul Seidel