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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Hermann Kermit Warm soll sterben. Auftraggeber hinter diesem geplanten Mord ist der mysteriöse wie mächtige Mann, der nur unter dem Namen "Der Kommodore" bekannt ist. Dessen Handlager Eli und Charlie Sisters sollen diesen Befehl ausführen. Während der skrupellose Charlie dem Whiskey und dem Töten von Menschen sehr zugeneigt ist, fängt der nachdenkliche Eli auf dem Weg von Oregon City zu den Goldmienen in der Nähe von Sacramento, wo sie den Aufenthaltsort von Warm vermuten, an über diese unmoralische Art seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nach. Viel Zeit bleibt allerdings nicht zum Grübeln, denn die Reise der beiden Brüder wird immer wieder von blutigen Begegnungen unterbrochen. Denn ihr Kontaktmann Jim Morris ist Hermann ebenfalls auf den Fernsen und scheint den beiden Brüdern stets einen Schritt voraus...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Irgendwas möchte dort nicht zusammenpassen, obwohl es so naheliegend ist. Wir haben einen Western, der sich vordergründig einer sehr tradierten Geschichte bedient: Zwei berüchtigte Kopfgeldjäger sollen sich quer durch die Lande begeben, um einen Mann ausfindig zu machen, der das Verfahren des Goldschürfens revolutionieren konnte. Als Zuschauer scheint man sich anhand dieser unscharfen Handlungsinformationen ein sehr genaues Bild davon machen zu können, wie der Film, The Sisters Brothers, letztlich ausfallen wird. Die Schusswechsel, die Verfolgungsjagden, das Blei in der Luft, der Geschmack von Blut auf der Zunge. In dem Moment aber, in dem man glaubt, den Film schon im Vorfeld komplett durchschaut zu haben, kommt ein Name ins Spiel, der die selbstsicheren Vermutungen in Luft auflöst und die Karten neu verteilt: Jacques Audidard (Ein Prophet).

Jener französischer Autorenfilmer, dessen Werke schon immer von einer großen Leidenschaft gegenüber dem Genre-Kino geprägt waren, sich den Gesetzen und Parametern dieses aber niemals unterworfen haben. Stattdessen hat Audiard Elemente aus dem Gangster-, Thriller- und Action-Film für sich beansprucht, um sie zu paraphrasieren, zu transzendieren und in einem neuen Kontext erstrahlen zu lassen. In The Sisters Brothers, diesem klassischen Western, der überhaupt nicht klassisch ist, beweist der gebürtige Pariser erneut seine inszenatorische wie erzählerische Finesse darin, originäre Impulse auf abgetretenen Pfaden zu entdecken, freizuschaufeln und nachhaltig zu fördern. Programmatisch dafür steht bereits die Exposition, die mit der kanonisierten Klangkulisse des nächtlichen Grillenzirpens beginnt, um alsbald reibungslos ins Surreale auszuschlagen, wenn ein lichterloh in Flammen stehendes Pferd durch die Prärie Oregons galoppiert.

Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Patrick deWitt möchte von nostalgischen Anwandlungen nichts wissen, vielmehr interessiert sie sich dafür, die Unterseite des Gründermythos zu erforschen und setzt dafür zwei Brüder, die als Schwestern geboren sind, in den Mittelpunkt: Eli (John C. Reilly, Boogie Nights) und Charlie (Joaquin Phoenix, A Beautiful Day). Auftragskiller, deren Spezialgebiet das Aufspüren und Eliminieren ist, wenn man so möchte. Die Kugeln aus ihren Revolvern jedenfalls haben die Dunkelheit schon oft genug treffsicher aufgescheucht. The Sisters Brothers, und das ist bereits mit der herausragenden Besetzung dieses Gespanns eindeutig, forciert jedoch keine abgedroschenen Pistolero-Klischees, sondern zeigt Eli und Charlie als zwei Menschen, die auf individuelle Art und Weise an den Umständen leiden, die sie ihr Leben nennen. Sie sind die Gefangenen eines Traums, der auf den Leichen von Millionen errichtet wurde.

Während sich Charlie dem Hedonismus hingibt und dem Exzess mit Drogen, Alkohol, Freudenmädchen und einem lockeren Finger am Abzug frönt, ist der empfindsame Eli einer Sinnkrise verfallen. Das rastlose Dasein auf dem Rücken der Pferde, die er so liebt, Auftrag um Auftrag, Mission um Mission, kann keine Erfüllung gewährleisten. Es bringt Geld, aber niemals inneren Zufriedenheit. Die Verfolgung des Chemikers Hermann Kermit Warm (Riz Ahmed, The Night of), auf den sowohl die Gebrüder wie auch John Morris (Jake Gyllenhaal, Brokeback Mountain) vom Commodore (Rutger Hauer, Blade Runner) angesetzt sind, wird zusehends zur introspektiven Reise in die unglücklichen Seelen von vier Männern, die sich erst in Zweierpaarungen durchschlagen, aber allesamt gleichermaßen müde geworden sind, nach den ihnen auferlegten Regeln zu spielen.  Das zieht sie an, das eint sie.

Alles wartet also darauf, bis sich diese vier Charaktere endlich begegnen, weil man sich im Klaren darüber ist, dass Jacques Audiard kein episches Duell vorschwebt, um dem Film ein gebührendes Finale zu bereiten. Vielmehr fördern die Bedenken gegenüber dem eigenen Handeln, dem schmutzigen Handwerk in einem schmutzigen Gewerbe in einem schmutzigen Land, zwischenmenschliche Einkehr an die Oberfläche. Und nachdem sich die Männer nach kurzem Disput zusammenraufen, entfächert der zuweilen wunderbar schwarzhumorige The Sisters Brothers eine intime, fast schon behutsame Auseinandersetzung mit den Narben, die Schuld und Sühne in den Menschen hinterlassen haben; mit den Qualen der ewigen Bewegung und der Schönheit des Ankommens. Audiard verschreibt sich hier stilistischen Verschiebungen und perspektiviert seinen Western immer schräg neben dem Status quo, weil er hier Männer findet, die Menschen sein dürfen, anstatt maskuline Plattitüden.

Mag sich Jacques Audiard dem Komödiantischen in The Sisters Brothers auch zugewandt wie nie präsentieren, seine ungemein emotionale Wucht verliert der Filmemacher dabei nicht aus den Augen, was sich gerade im letzten Drittel manifestiert, wenn die goldene Gier umgreift; wenn sich das Quartett mehr denn je nach Frieden sehnt und die tiefen Verletzungen der ambivalenten Protagonisten deutlich gemacht wird. Und genau deswegen ist dieser außergewöhnliche Eintrag in das Western-Genre so einnehmend: Nicht nur, weil er es sich erlaubt, die dramaturgischen Konzepte seines Sujets zu torpedieren und neu anzuordnen, sondern weil er ganz entschieden, ohne Verklärung, von Versöhnung sprechen kann, ohne seine Charaktere für einen harmonieheischenden Abschluss zu verraten. Zusammenhalt wird in The Sisters Brothers zum stillen Protest. Soll die Welt doch brennen, wir haben uns.

Fazit

Natürlich verschreibt sich Jacques Audiard mit "The Sisters Brothers" nicht den tradierten Dramaturgiekonzepten altbackener Western. Stattdessen ist sein Film eine sehnsuchtsvolle Suche nach Frieden, Sinn und Treue in einer Welt, die sich immer mehr selbst zerstört. Mit hervorragenden Darstellern, den exquisten Fotografien und einer famosen Regie, die komödiantisches Timing und emotionale Wucht gleichermaßen beherrscht, wird "The Sisters Brothers" nicht nur zu einem außergewöhnlich Eintrag in das Western-Genre, sondern auch zu einem der schönsten Filme des Jahres.

Kritik: Pascal Reis

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