„Als ich aus der Dunkelheit des Kinos hinauskam ins grelle Sonnenlicht, dachte ich nur an zwei Dinge: Paul Newman und eine Mitfahrgelegenheit.“
Mit diesem Zitat beginnt die Verfilmung des Romans „The Outsiders“ von Susan E. Hinton (Rumble Fish), den sie schon in der Junior-Highschool schrieb. The Outsiders hat eine der interessantesten Entstehungsgeschichten überhaupt, denn alles begann mit einem einfachen Brief der Bibliothekarin Jo Ellen Misakian, die zusammen mit ihren Schülern aus der Lone-Star School in Fresno, Kalifornien eine Petition startete, mit der sie Francis Ford Coppola (Der Pate) davon überzeugen wollten, das Buch zu verfilmen. Tatsächlich konnte er ihnen diesen Wunsch nicht abschlagen und holte die Autorin mit an Bord, mit der er während des Entstehungsprozesses des Films eng zusammen arbeitete. Sie half nicht nur die Dialoge zu kürzen und zeigte Francis Ford Coppola alle Orte, an die sie beim Schreiben dachte, sondern übernahm sogar eine kleine Rolle als Krankenschwester.
Die Romanvorlage verkaufte sich in Nordamerika über 10 Millionen mal und steht noch immer auf dem Lehrplan vieler Schulen. Der Film selbst stand dem Buch in nichts nach und begeisterte unmittelbar nach seiner Veröffentlichung Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt und mittlerweile avancierte er sogar zu einem echten Kultfilm, weil er eine Goldgrube voller zukünftiger Stars beherbergt. Doch bevor man mit dem Aufzählen der sagenhaften Talente beginnt, die diesen Film so sehenswert gemacht haben, sollte man unbedingt erwähnen, dass es zwei Fassungen des Films gibt: Eine gekürzte Kinofassung, die auf ausdrücklichen Wunsch von Warner Brothers ohne eine ausführliche Einleitung auskommen sollte und die „The Complete Novel“-Fassung, die nicht nur eine Einleitung enthält, die Hintergrundinformationen zu der bestehenden Rivalität zwischen den Gangs liefert, sondern auch noch andere wichtige emotionale Szenen zeigt, die für die Darstellung der Beziehungen zwischen den Figuren unentbehrlich sind. Die komplette Fassung erschien erst im Jahre 2005 und auch diesmal spielten Briefe an Francis Ford Coppola eine entscheidende Rolle, weil viele Fans, die das Buch kannten, sich wünschten, dass der Film die Szenen zeigt, die in der ursprünglichen Fassung dem Cutter zum Opfer gefallen sind. Sie wünschten sich eine Filmversion, die sich mehr an die Buchvorlage hält, genauso wie Francis Ford Coppola es auch immer wollte, sich jedoch letztendlich den Vorgaben des Studios beugen musste.
Francis Ford Coppola überarbeite den Film komplett und entromantisierte nach eigener Äußerung die alte Version, indem er andere Musik verwendete. In der alten Kinofassung steuerte sein Vater die Lieder zum Soundtrack bei und Coppola ersetzte sie teilweise bei der neuen Version durch die damals zeitgenössische rockige Musik, die seiner Meinung nach mehr zum Film passte, als die früheren romantischen Lieder, sodass er schließlich nach allen Änderungen ein rundum gelungenes, logisch aufgebautes Werk erschaffen hatte. Allerdings kann von der Entromantisierung wohl kaum die Rede sein, weil „The Complete Novel“ entgegen der Äußerung von Coppola viel emotionaler und gefühlvoller ist, als die alte Schnittfassung. In der ungeschnittenen Fassung wird den Jungs beziehungsweise den Männern viel mehr Sensibilität zugestanden. Während man damals noch dachte, dass manche Szenen aufgrund der besonderen Nähe zwischen den Brüdern von den Zuschauern missverstanden werden könnten, gleicht die neue Fassung einem Befreiungsschlag. Man ist nicht nur näher an dem Buch dran, sondern auch näher an den Gefühlen.
Heutzutage ist es weder besonders noch innovativ, wenn man sensible Männerfiguren in Filmen zeigt, doch für die damalige Zeit wäre es ein Meilenstein gewesen, wenn man sich schon damals getraut hätte diese sensible Seite der Figuren noch mehr zu offenbaren. Man traute sich erst im Jahre 2005 und es war definitiv die richtige Entscheidung. Der Film zeigt unterschiedliche Facetten der Männlichkeit von kühler Stärke bis zu Sensibilität und natürlich dürfen Männer sensibel sein und ihre Gefühle zeigen. Sie müssen nicht dauerhaft den Helden spielen, nur weil irgendein veraltetes Geschlechterrollenbild es mal so gelehrt hat. The Outsiders hat auch insgesamt eine gute Geschichte zu erzählen, eine Geschichte eines Coming-of Age-Abenteuers, die mit ihrer Authentizität überzeugt, unter anderem weil Susan E. Hinton selbst noch ein Teenager war, als sie das Buch schrieb und es biografische Bezüge enthält. Man sagt nicht umsonst: Schreib über das, was du kennst. Das tat sie und Francis Ford Coppola konnte ihre spannende Geschichte auf der Leinwand zum Leben erwecken. Er tat eigentlich noch viel mehr, denn mit The Outsiders entdeckte er viele junge Talente, die nach diesem Film ihre unterschiedlichen, auf ihre Weise großartigen, Karrieren starteten: Matt Dillon (Wild Things), Ralph Macchio (Karate Kid), Rob Lowe (Sex Tape), Emilio Estevez (Breakfast Club), Patrick Swayze (Dirty Dancing), C. Thomas Howell (Soul Man), Diane Lane (Untreu) und Tom Cruise (Minority Report), der sich übrigens schon damals nicht nehmen ließ einen Rückwärtssalto-Stunt selbst vorzuführen.
Doch wie genau fand der Regisseur diese zukünftigen Stars? Nun, Francis Ford Coppola versammelte viele junge talentierte Menschen in einem Raum und ließ sie den ganzen Tag verschiedene Rollen vorsprechen, bis er sich sicher war, wer für welche Rolle am besten geeignet war. Als die Rollen feststanden, griff er zum Zwecke der Verinnerlichung der Rivalität zwischen den beiden Gruppen in eine Trickkiste und bezahlte den Darstellern, die die wohlhabenden Socs spielten, am Tag doppelt so viel Gage wie den Darstellern der armen Greasers, die auch in einer viel schlechteren Unterkunft untergebracht wurden als die Socs. Außerdem ließ er sie in verschiedenen Wettkämpfen regelmäßig gegeneinander antreten, damit sie ihre Rivalität schon vor den Dreharbeiten ausleben konnten. Das alles hat ausgezeichnet funktioniert. Die befreundeten Greaser wuchsen näher zusammen und lieferten auf der Leinwand ein Bild einer authentischen Clique ab, die entschlossen als eine Einheit gegen die überheblichen Socs antraten. Die meisten der jungen Schauspieler waren noch ziemlich unerfahren, konnten jedoch trotzdem durch ihre Natürlichkeit überzeugen. Gerade Matt Dillon und Diane Lane wirken wie zwei Vollprofis und mit der Besetzung von C. Thomas Howell als Ponyboy traf man definitiv auch eine gute Wahl.
The Outsiders ist trotz der Darstellung der rivalisierenden Gangs und des Macho-Gehabes ein sehr emotionaler Film über Freundschaft, erste Verliebtheit, Bruderschaft, Zusammenhalt und all die Gefühle, die man als Teenager empfindet. Selbstzweifel, Angst, Hass, Liebe und Zuneigung. All diese Gefühle prasseln unaufhörlich abwechselnd auf einen ein, während man aufwächst und, dass dieser Film diese Gefühle ehrlich offenbart, macht ihn so besonders. Oft werden Teenager von Erwachsenen vollkommen ignoriert und ihre Probleme werden als unwichtig und klein abgetan und The Outsiders zeigt die Welt, wie man sie nur aus der Sicht eines Teenagers sehen kann: Alles ist essenziell und gleichzeitig gar nichts ist essenziell. Auch die harten Jungs können manchmal ihre Tränen nicht zurückhalten, umso wichtiger ist es, dass man Freunde hat, die einen aufrichten, wenn man fällt. Man braucht nämlich nicht nur Freunde, mit denen man herumblödelt und schräge Sachen anstellt, sondern auch solche, denen man sein Herz ausschütten kann. Das ist ein wichtiger Aspekt des Films und auch, wenn er stellenweise zu sentimental wirkt, erkennt man, wie wichtig es ist, Jungs und Männer als Menschen mit Gefühlen darzustellen und nicht nur als furchtlose Draufgänger. Es mag sein, dass manche sich in dieser Rolle wohler fühlen und mit der Gefühlsduselei wie Dallas (Matt Dillon) weniger anfangen können, doch auch diese Figuren zeigen im Endeffekt ihre sensible Seite.
Traurigkeit zu empfinden und Gefühle zu zeigen ist menschlich und bleibt nicht nur dem weiblichen Geschlecht vorbehalten, was dieser Film eindrucksvoll unter Beweis stellt. Die sozialen Missstände, in denen die Greasers aufwachsen, werden wiederum nur angedeutet und nicht direkt vor Augen geführt, sondern kommen nur als Reflexion der Gefühlsoffenbarung der einzelnen Figuren zum Vorschein. Die Rivalität zu den Socs resultiert mehr oder weniger aus der gewohnten Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Geburt an, die recht typisch ist im Laufe des Erwachsenenwerdens. Cliquenbildung dient der Identifikationsbildung und dem Schutz vor eventuellen Gefahren, weil man sich in der Gruppe nun mal sicherer fühlt. Doch trotz der unterschiedlichen Lebensumstände, in denen die rivalisierenden Gangs der Greaser und Socs leben, haben sie eins gemeinsam: sie haben alle ihre Ängste und Sorgen und sie sehen alle den gleichen Sonnenuntergang.
„Kann man den Sonnenuntergang von der Southside aus gut sehen?“
„Ja, sehr gut.“
„Von der Northside kann man ihn auch gut sehen.“
„Danke, Ponyboy...“
(Aus der Unterhaltung zwischen Ponyboy (C. Thomas Howell) und Cherry (Diane Lane)
Sonnenuntergänge haben eine symbolische Wirkung bei The Outsiders und liefern nicht nur eine Hommage an den Film Vom Winde verweht, sondern stehen als Symbol für die Gefühle, die Ponyboy empfindet, der in seinem Leben oft mit Verlust fertig werden musste und trotzdem nicht hart und gefühllos geworden ist, sondern sich seine zarte emotionale Seite bewahrte, die ihn immer wieder daran zweifeln lässt, ob es richtig ist, jemanden zu hassen, der im Grunde nicht viel anders ist, als man selbst. Außerdem erinnert The Outsiders daran, dass man nur diesen einen Moment im Leben hat und dieser Moment heißt: hier und jetzt. Alles ist vergänglich und uns bleibt nur der heutige Tag, an dem wir noch jung und sorglos sind... Am besten erkennt man es, als Ponyboy in der längeren Fassung des Films das Gedicht von Robert Frost rezitiert:
„Nichts Goldenes bleibt“
Gold ist das erste Grün der Fluren,
Vergänglichste der frühen Morgenspuren.
Die ersten Blätter sind wie zarte Blüten,
ihr Glanz lässt sich Sekunden nur behüten.
Bald folgen tausend Blätter wie mit einem Schlage.
Die Dämmerung vergeht und wird zum Tage.
So sank das Paradies aus Lust in Trauer.
Nichts Goldenes bleibt. Nichts ist von Dauer.