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Inhalt

Im Jahr 1885 kehrt der "Indianer" Samuel Jones (Tommy Lee Jones) nach 20 Jahren zu seiner inzwischen erwachsenen Tochter Maggie Gilkeson (Cate Blanchett) nach New Mexico zurück, wo er nicht willkommen ist, da er sie und ihre tote Mutter damals verlassen hat. Das ändert sich, als Maggies Lebensgefährte Brake (Aaron Eckhart) von einer marodierenden Gruppe unter der Leitung des indianischen Zauberers Chidin umgebracht und ihre Tochter Lily (Evan Rachel Wood) entführt wird, um in Mexiko verkauft zu werden. Gemeinsam mit der kleineren Tochter Dot nehmen sie die Verfolgung in dem wilden Land in einem Rennen gegen die Zeit auf...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Ron Howard (The Da Vinci Code – Sakrileg) ist ein echtes Urgestein Hollywoods. In den 1970er Jahren genoss er das Privileg, im wunderbaren Spätwestern Der letzte Scharfschütze an der Seite von John Wayne vor die Kamera zu treten, um sich danach in Windeseile mit Regiearbeiten wie Cocoon, Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen oder In einem fernen Land einen arrivierten Namen in der Branche zu machen. Für einen Oscar hat es auch schon gereicht, symptomatisch durfte Howard diesen für A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn entgegennehmen. Einem der grässlichsten Auswüchse der Traumfabrik. Mit diesem Label möchte man Ron Howard zwar nicht belegen, doch der Mann ist – bis auf einige überschaubare Ausnahmen – der Inbegriff einer für das Kino industriegerecht plattgewalzten Leinwandprüderie.

Prüde ist das Schaffen von Ron Howard deshalb, weil es kein Wagnis eingeht, weil sich weigert, querzudenken und sich immerzu einem vorgeschriebenen Strukturalismus zum Fraß vorwirft. Es ist formelhaft, eindimensional, im negativen Sinne dermaßen engmaschig durchorganisiert, dass es seinen Filmen unmöglich scheint, eine lebendige Eigendynamik zu entwickeln und dem Zuschauer Freiräume dahingehend zu ermöglichen, individuelle Gedanken in das Gesehene zu investieren. Nur logisch erscheint es da, dass man seine Stirn in kratergleiche Sorgenfalten legen möchte, wenn man hört, dass sich Ron Howard dem Western, einem der traditionsreichsten und gleichermaßen -verhaftetesten Genres überhaupt, angenommen hat. Mit The Missing war genau das im Jahre 2003 der Fall. Angenehmerweise schielt seine Auseinandersetzung mit den letzten Tagen des Wilden Westen nicht ausschließlich auf die Award Season.

Während sich das 19. Jahrhundert langsam dem Ende nähert, die Urbarmachung des Westens im vollen Gange ist und somit auch die Zivilisierung des Landes voranschreitet, lebt Maggie (Cate Blanchett, I'm Not There) zusammen mit ihren Töchtern Lilly (Evan Rachel Wood, Dreizehn) und Dot (Jenna Boyd, Die Stunde des Jägers) auf einer abgeschiedenen Farm und verdient sich den ein oder anderen Dollar als Heilerin. Hier arbeitet The Missing natürlich mit einer gewissen Kontrastierung der Lebensumstände in jenem historischen Zeitalter: Während man sich erzählt, dass es in Cleveland bereits Elektrizität gibt, propagiert Maggie ein bescheidenes, enthaltsames und vor allem gottesfürchtiges Dasein. Ihr inbrünstiger Glaube an Gott wird dann hinterfragt, als Lilly von einer Gruppe Indianer und Armee-Deserteure entführt wird. Wieso beten, wenn man ohnehin ignoriert wird?

Die brutale Verschleppung von Lilly ruft den Vater von Maggie, Samuel Jones (Tommy Lee Jones, No Country for Old Men), auf den Plan. Er hat seine Familie vor vielen Jahren verlassen, um eine Indianerin zu heiraten. Was sagt uns das? Natürlich, Ron Howard nutzt das Erzählterritorium des Western, um von einer Rekonstruktion familiärer Verhältnisse zu sprechen. Denn auch wenn Samuel sich von seiner Familie abgewandt hat, wurde ihm doch Zeit seines Lebens von den Apachen vorgehalten, nur ein halber Mann zu sein – eben weil er Frau und Kind zurückließ. Man sollte nun allerdings keine Hoffnungen dahingehend hegen, dass The Missing auf differenzierte Charakter-Porträts baut. Nein, dieser Film interessiert sich nur für Lösungen, nicht aber, wie man diese herbeiführen kann. Das macht sich sowohl bezüglich des innerfamiliären Geflechts bemerkbar, wie auch bei der Suche nach Lilly.

Die Reise über weitläufige Wiesen, inmitten durch dichte Wälder und ewige Wüsten ist eine ohne Hintersinn, ohne Feingefühl, ohne Raffinesse. Bemühungen dahingehend, ein zeitgenössisches Stimmungsbild New Mexikos (und somit auch den allgemeinen Verfassung der Vereinigten Staaten) zu kreieren, bleiben an der (zuweilen durchaus) ansprechenden Oberfläche haften. Immerhin nämlich formuliert The Missing seinen Unmut gegenüber dem Gerechtigkeitsapparat klar und deutlich aus. Das brüchige Vertrauen der Bürger zeigt auf, dass Recht und Ordnung schon immer als Begrifflichkeiten definiert wurden, die sich in der Schwebe befanden. Es folgt nun jedoch keine Vertiefung dieser Trostlosigkeit, sondern eine Ansage: Vater und Tochter nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Das Gleichgewicht können auch sie wiederherstellen, das Gewehr dabei immer griffbereit, versteht sich, denn die Verhandlungsbasis dieser Tage lässt verlauten, dass das Leben immer mit dem Tode aufgewogen wird.

Mit Elementen des Mystery-Flms gespickt, widersteht Ron Howard dem Versuch, die ungezähmten Restbestände der uramerikanischen Landschaftsimpressionen mit schwelgerischer Elegie abzugrasen. Sein Film soll kalt sein. Und die Kälte dringt von der Visualität bis in die Seele der Charaktere vor. Allerdings, und da sind wir bei Ron Howard ja ohnehin an der richtigen Adresse, hat The Missing nichts zu erzählen. Die dramatischen Konflikte zwischen Vater und Tochter bleiben seltsam unberührt, vielleicht, weil allen Zuschauer von vornherein deutlich gemacht werden sollte, dass dies ein Film ist, in dem es um Vergebung geht. Aber, wie gesagt, The Missing interessiert sich nicht für die steinigen Wege der Vergebung, sondern nur für deren Gegebenheit. Für ein (Rache-)Abenteuer ist Ron Howard ohnehin der falsche Mann, denn weder beherrscht er bedrängenden Thrill, noch scheint er in das Lage, eine einnehmende Action-Sequenz zu inszenieren.

Fazit

Wenn dann doch mal, ganz versehentlich, ein kluger Satz im Film fällt, scheint Ron Howard die Ohren gezielt auf Durchzug zu stellen und sich damit zufriedenzugeben, das Familiengefüge wieder ins Reine zu bringen. Jeder darf Abbitte leisten. Man hat genug gelitten. Der Weg nach Hause wird angetreten. Na, Ron, erzähl das doch mal den Millionen und Abermillionen abgeschlachteten Ureinwohnern. Genre-Kino ohne Hintersinn.

Kritik: Pascal Reis

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