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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Ein entlegener Leuchtturm-Außenposten an der Küste Neuenglands wird zum Schauplatz eines archaischen Duells zweier dem Wahnsinn nahen Männer. Thomas Wake und Efraim Winslow werden auf eine einsame Insel gesandt, um eine marode Leuchtturmanlage zu warten und in Betrieb zu halten. Zur Zeit der Jahrhundertwende an der rauen Atlantikküste ist das eine wichtige Aufgabe, die sich mehr und mehr in einen Überlebenskampf verwandelt. Die zwei extrem unterschiedlichen Charaktere prallen ungebremst aufeinander und als ein nicht enden wollender Sturm über sie hinwegzieht, wird aus psychologischen Sticheleien schon bald ein brutaler Nervenkrieg. 

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die Vergangenheit kann ein Alptraum sein. Was wenn hinter allem was uns Schulbücher und Historienlektüren über lange hinter uns liegende Ausprägungen unserer menschlichen Zivilisation lehren am Ende nicht mehr steckt als ein langes, unaufhörliches Zeugnis unseres eigenen Wahnsinns? Robert Eggers scheint seine bisherige Karriere derartigen Fragen zu widmen, entblößte er den puritanischen Glauben der US-amerikanischen Siedler in The Witch bereits als Vorort zur Hölle. In Der Leuchtturm nimmt er sich die Sagen rund um die Seefahrer des 19ten Jahrhunderts vor und erschafft einen unaufhaltsamen Mahlstrom aus Flüchen, Alkohol, Schreien, körperlichen Flatulenzen, Tentakel-Fetischen und Gewalt. 

Eggers ist in seiner Inszenierung erneut keine Kompromisse eingegangen. In seiner Bildsprache mutet Der Leuchtturm fast wie ein lang verschollener Urzeitfilm an, der in einer Flaschenpost an der Küste angespült wurde: Die Schwarz/Weiß-Kamera fängt das Geschehen im einengenden, quadratischen 1,19:1 Seitenverhältnis ein, wodurch sich die unausweichliche Klaustrophobie der verwunschenen Insel auch auf der Bildebene wiedergibt. Atmosphärisch beginnt der Film in der völligen Desorientierung zwischen den Wellen des Meeres und dem strömenden Regen. „Wie lange sind wir schon hier?“ heißt es schließlich. Die Kräfte der Natur haben die Zeit bedeutungslos gemacht und steigern die, ohnehin schon angespannte, Dynamik zwischen Seefahrer Thomas Wake (Willem Dafoe, The Florida Project) und dessen Gehilfen Ephraim Winslow (Robert Pattinson, Good Time) in ein Kräftemessen der Höllengötter. Als die Vorräte dann knapp werden fallen endgültig alle Barrieren der Frömmigkeit. 

In dem, vom Festland abgeschnittenen, engen Raum der Leuchtturm-Insel sind Wake und Winslow bedingungslos aneinander gebunden. Nicht nur zwei widerspenstige Geister werden hier konfrontiert, sondern auch die Körper von beiden. Nahezu jedes Atmen und jeder Geruch, jede Pore der Körper beider Männern beginnen ineinander zu greifen. Das Verhältnis zwischen ihnen wird atmosphärisch als gefährliche Mischung aus vulgärer Provokation, abgründigem Terror und klaffender Intimität greifbar. Nicht nur Eggers Bildsprache trägt dazu bei. Der Leuchtturm gehört in jeder Minute seinem Darsteller-Duo: Pattinson agiert famos zwischen erzwungener Gefasstheit und brodelnder, hormoneller Verzweiflung während Dafoe als saufender, grotesker Seemann alle Register aufzieht und eine Darbietung für die Ewigkeit abliefert. Die eskalierenden Wort- und Körpergefechte von beiden allein machen Der Leuchtturm zu einem verstörenden, wie amüsierenden Erlebnis. 

Ganz bei dem Abdriften in den Inselterror bleibt es dann aber nicht. Während Eggers in der ersten Hälfte des Filmes sein Setting völlig auslotet und ein Geheimnis nach dem anderen sät driftet Der Leuchtturm mit voranschreitender Laufzeit sehr in psychologisierende Gewässer. So gekonnt der Film hier auch noch agiert, das plötzliche Umschwenken zum reinen Charakterdrama fühlt sich dennoch wie eine starke Anomalie im Vergleich zum dem herrlich freilaufenden Horror der ersten Hälfte an. Je mehr die Figuren und der Film von sich preisgeben, desto mehr erschlafft jegliches Mysterium irgendwann. So brillant Der Leuchtturm seine monumentale Abwärtsspirale auch zum Halten bringt, am Ende dürstet er dennoch nach Substanz, welche der Film schlichtweg zu simpel zu ergattern versucht. Das Festsitzen im Geist der Zuschauer, für welches The Witch zu haben war, stellt sich nicht ganz ein.

Fazit

So unpassend und simpel sich die verspätete Psychologisierung auch anfühlt, "Der Leuchtturm" ist dennoch ein bedingungsloser Sturm aus Aggressionen und Absurditäten, der sich auf das Publikum entlädt und sowohl inszenatorisch, wie auch darstellerisch, einer orkanhaften Wucht gleichkommt.

Kritik: Jakob Jurisch

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