Wie das Ende eines verkehrten Märchens fühlt es sich an, wenn Charlie Chaplins (Moderne Zeiten) Paraderolle des Tramps Erlösung findet und mit Zylinder und in einen feinen Mantel gehüllt über das Deck jenes Bootes schlendert, das ihn aus Alaska in eine hoffnungsvollere Zukunft reisen lässt. Die knappen 80 Minuten zuvor sahen wir ihm dabei zu, wie er als Spielball materieller Bedürfnisse trotz seiner tollpatschig-sympathischen Art einem eher tragischen Schicksal fristete: Tramp zieht es mit einem Trupp von Glücksrittern in die Natur, wo er - ganz in der Tradition der Goldgräber des 19. Jahrhunderts - nach Vorkommnissen des wertvollen Rohstoffs sucht. Um sich vor einem Schneesturm zu schützen zieht es ihn jedoch weg von seiner Mission und hinein in eine kleine Hütte.
Diese gehört dem gesuchten Verbrecher Black Larsen (Tom Murray, The Pilgrim), der sich zunächst wenig begeistert von Tramps Ankunft zeigt. Hinzu gesellt sich wenig später Big Jim (Mack Swain, Pay Day) , der ebenfalls auf Goldsuche war, jedoch fündig geworden ist. Zusammen halten sie es einige Zeit aus, bis der Hunger unerträglich wird und Larsen ausgelost wird, um auf Nahrungssuche zu gehen. Die erste Hälfte des Filmes spielt als eine Art Kammerspiel in der Holzhütte und lässt sich zweifellos mit zu dem Besten zählen, was Chaplin je auf die Leinwand gebracht hat: Als Mikrokosmos der Gesellschaft untersucht der Film mit sehr viel Herz und Humor wie sich eine Gemeinschaft in materiellen Krisen zusammenrauft, aber auch bekämpft. So ist es liebreizend, wie Tramp ihm und Big Jim seine Schuhe zum Abendessen kocht und ebenso wahnwitzig, wie dieser ihn bald darauf in einem halluzinierendem Rausch zu seinem Nachtisch machen möchte.
Die vorzeitige Beendigung der Konfrontation stellt ein Bär dar, der von Tramp mit einer Schrotflinte erlegt wird: Der Konflikt ist beendet und es gibt reichlich was zum Essen. Tramp verzeiht seinem sonst so gutmütigen Leidensgenossen ohne Weiteres, dass er ihn vorher noch erlegen wollte. Darin liegt eine gewisse anthropologische Satire, die den Film ein Stück weit durchzieht und aufzeigt, wie schnell sich Menschen doch mit ihren materiellen Umständen verändern. Chaplin gelingt das jedoch auf gekonnt menschennahe Art und Weise, ohne im Zynismus auszuarten. Das betont vor allem die zweite Hälfte des Filmes, in der sich Tramp in die Bardame Georgine (Georgia Hale, The Salvation Hunters) verliebt, die sich in einer wechselhaften Beziehung mit einem arroganten Poser befindet.
Nachdem Georgine und ihre Freundinnen ihm versprechen, dass sie ihn zu Silvester besuchen wollen, ahnt Tramp nicht, dass sie ihn nur verspotten wollen: Mit Schneeschaufeln erarbeitet er sich auf Druck ein wenig Geld, um das bescheidene Heim für das Silvesterfest vorzubereiten. Doch er bleibt alleine. Traurig trottet er zur Tanzhalle, wo er Goergine anzutreffen hofft und trifft stattdessen auf Big Jim, mit dessen Hilfe er letztlich doch noch einen Goldfund zu verbuchen hat. Die beiden werden zu Millionären und können ihr altes Leben hinter sich lassen. Auf kuriose Art und Weise trifft Tramp letztlich sogar noch auf seine Herzensdame und scheint doch noch ein Happy End zu finden. Diese letzten Augenblicke des Filmes geschehen so schnell, dass es dem Zuschauer wohl ähnlich wie dem Protagonisten ergeht, wenn man seinen Augen kaum trauen kann.
Goldrausch hat eine Menge absurder Momente, von denen man wohl die beiden ikonischsten hervorheben sollte: Der Lederschuh, der wie ein Festmahl verspeist wird und der Brötchen-Tanz, den Tramp mit zwei jeweils auf eine Gabel aufgespießten Brötchen auf der Tischplatte vorspielt, während er sich ein deutlich glorreicheres Silvesterfest erträumt. Ähnlich absurd mutet auch das Ende des Filmes an, das eine gewisse Willkürlichkeit in sich trägt: Man wird den Eindruck nicht los, dass Chaplin seinem tragischen Hauptcharakter einfach zu gerne dieses Happy End gewünscht hat, als dass er den Film anders hätte enden lassen können. Diese Willkür macht er erzählerisch durch einen überzeichneten Zufall deutlich. Der Zuschauer wird mit einem lachendem und einem weinendem Auge aus dem Film entlassen: Ein lachendes, weil Tramp letztlich Erlösung finden konnte, ein weinendes, weil man sich sicher ist, dass Tramp im "echten" Leben wohl ein anderes Schicksal widerfahren wäre, eines wie es sich die 80 Minuten zuvor ankündigte.
In dieser betonten Zufälligkeit liegt eine bissige wie einfühlsame Satire, die auch den Zuschauer ein Stück weit überführt: Von oben betrachtet erscheint das Spiel der "kleinen" Menschen wie ein lustiges Auf und Ab, das gerne - und diesen Satz muss man sich erstmal leisten können - mit "Wie das Leben eben spielt" paraphrasiert wird. Selbstverständlich ist Goldrausch dabei dem historischen Kontext seiner Erzählung zuzuordnen, doch überschätzen wir Chaplin nicht, wenn wir ihm sozialsatirisches Gespür unterstellen: Mit tragisch-humoristischer Note zeigt er auf, wie kreativ und solidarisch Menschen in materieller Not sein können und wie herablassend, desinteressiert und selbstsicher sie im Überfluss werden können. Dabei wägt er sich stets auf der Seite der "Verlierer" und schenkt ihnen ein Stück Hoffnung, eine Weltflucht: Goldrausch lacht gegen das Elend an und hofft auf bessere Tage.