Inhalt
Nicholas Van Orton ist reich, intelligent und erfolgreich. Ein knallharter Geschäftsmann mit Prinzipien und Selbstdisziplin. Er hat die absolute Kontrolle über sein Leben und seine Geschäfte - bis ihm sein Bruder Conrad zu seinem 48.Geburtstag die Eintrittskarte für ein geheimnisvolles Spiel schenkt. Ein Spiel ohne Spielregeln, aber mit höchstem Einsatz. Nur zögernd läßt Van Orten sich auf "The Game" ein - und erlebt den Alptraum seines Lebens: Erst verliert er die Kontrolle, dann seinen Besitz und schließlich geht es nur noch um's nackte Überleben...
Kritik
Nicholas van Orton (Michael Douglas, Basic Instinct), seines Zeichens wohlhabender Investmentbanker aus San Francisco, hat alles, wovon andere Menschen nur träumen können: Ein historische Villa als Wohnsitz, Millionen im dreistelligen Bereich auf einem Schweizer Konto, sein Privatfahrzeug ist natürlich eine Edelkarosse und Kopf seines eigenen Konzerns ist er auch noch. Er hat alles im Leben, außer Freude. Kontakt zu Menschen verläuft ausschließlich auf geschäftlicher Ebene, entweder mit seiner Haushälterin oder mit seinen Mitarbeitern. Zwischenmenschliche Berührungspunkte scheinen für den eiskalten Geschäftsmann nur Ballast zu sein. Seine Ex-Frau speist er kurzerhand ab, wenn diese sich dann doch mal wieder bei melden sollte, seine Tochter spielt keinerlei Rolle in seinem Leben und seinem Bruder Conrad (Sean Penn, Carlito's Way) läuft er nur alle Jubeljahre über den Weg.
Anlässlich seines 48. Geburtstages trifft sich Nicholas mit Conrad in einem Restaurant, der ihm daraufhin ein Spiel vorstellt, welches von der Firma Consumer Recreation Services angeboten wird und sein Leben von Grund auf verändern soll. Conrad selbst hat es bereits ausprobiert. Regisseur David Fincher (Der seltsame Fall des Benjamin Button) setzt mit diesem Gespräch zwischen den beiden Brüdern die ausgeklügelte Spannungsmaschinerie in Gang und lässt den Zuschauer, wie auch Nicholas, mit einem Gefühl des faszinierten Unwohlseins zurück: Sich dem Spiel hinzugeben, das bedeutet, ein Stück weit die Kontrolle über sein eigenes Dasein aus der Hand zu geben. Natürlich springt Nicholas nach anfänglichen Zweifeln über seinen Schatten, gibt sich medizinischen und psychologischen Untersuchungen hin und erteilt der mysteriösen Firma damit seine Einwilligen, das Spiel beginnen zu lassen.
Dass Nicholas nur einen Tag später am Telefon gesagt wird, dass er als ungeeignet eingestuft wurde, ist natürlich nur die erste Schachzug in einem Gewebe aus Täuschung und Manipulation, deren Ausformungen immer extremere Züge annehmen. Nicholas kann niemandem mehr Vertrauen schenken, er muss alsbald gar um sein Leben fürchten. David Fincher und sein Autorengespann um John Brancato und Michael Ferris haben hier ein Thriller-Konzept geschaffen, welches sich vor allem aus den Einflüssen des klassischen Paranoiakinos der 1970er Jahre und dystopischen Überwachungsszenarien zusammensetzt. Nicholos wird nicht nur von einem übermächtigen, allwissenden Gegner verfolgt, er wird von diesem durchleuchtet und von einer Ecke in die nächste getrieben. David Fincher, der zuvor mit Sieben einen der eindrucksvollsten Filme der 1990er Jahre inszenierte, erweist sich erneut als Meister einer exakt durchgetakteten Spannungsdramaturgie.
Geht es dann allerdings auf das Finale und damit auch die große Auflösung des ganzen Tohuwabohus zu, bricht The Game auf fast schon absurd-ärgerliche Art und Weise in sich zusammen. Die Handlung als überkonstruiert zu bezeichnen, wäre in diesem Falle wohl noch untertrieben: In Wahrheit erweist sich The Game schlussendlich als geschmackloser Unterhaltungsfilm, der psychische wie physische Peinigung legitimiert, wenn sie denn zu einem positiven Ergebnis führt. Die fragwürdige Moral, die hinter dem geheimnisvollen Geschehen steckt, in dessen Fängen Nicholas vom Alphatier mehr und mehr zum gebrochenen, suizidalen Häuflein Elend geformt wird, ist in ihrem unverhältnismäßigen Leichtsinn ernsthaft alarmierend. Hier wird nicht nur ein eigentlich sehenswerter Thriller auf den letzten Metern gnadenlos in den Dreck gezogen, der gewalttätigen, folgenlos bleibenden Fremdbestimmung wird hier eine gar therapeutische Sinnhaftigkeit beigemessen.
Fazit
Inszenatorisch überdurchschnittlich, für die Verhältnisse eines David Finchers sogar schon bodenständig, erstklassig von Michael Douglas in der Hauptrolle getragen und über einen Großteil der Handlung wirklich packend. Auf den letzten Metern, wenn sich das große Finale in Stellung bringt und Hosen runterlässt, aber bricht "The Game" gnadenlos in sich zusammen. Die fragwürdige Moral, die hier letztlich aufleben darf und durch den Wandel der Hauptfigur legitimiert wird, ist geschmacklos, unverhältnismäßig (!!) und ernsthaft fragwürdig. Manipulation und Folter sind dann in Ordnung, wenn sie denn zu einem positiven Ertrag führen. Okay...
Autor: Pascal Reis