Inhalt
Das Erbe ihrer früheren Chefin ist ein vergiftetes Geschenk für die indigene Haushälterin Justina: ein riesiges, verfallenes Haus in der Einöde. Tochter Alexia will als Automechanikerin lieber zurück nach Buenos Aires.
Kritik
Der kafkaeske Titel, das gespenstische Setting und die symbolschwere Prämisse schreien geradezu nach einem systemkritischen Subtext - so laut, dass er in Martín Benchimols katatonisches Kinodebüt wohl hineininterpretiert werden wird, obwohl er gar nicht da ist. Die Handlung bleibt so dumpf und unbeweglich wie das titelgebende Herrschaftshaus, das die dort jahrzehntelang angestellte Haushälterin Justinia (Justina Olivo) nach dem Tod ihrer Arbeitgeberin erbt. Doch die vermeintliche Wohltat ist mehr Fluch als Segen.
Das geisterhafte Gebäude, von dessen maroden Mauern schwarz-weiße Fotografien der ehemaligen Hausherrin die neue Besitzerin und deren erwachsene Tochter Alexia (Alexia Olivo) beobachten, wird zur monumentalen Metapher unverrückbarer Klassenhierarchien. Jene bestimmen weiterhin den Alltag der Frauen. Sie ackern in dem baufälligen Kasten, des Instandhaltungskosten der Verkauf des Inventars und ihrer geliebten Nutztiere kaum decken, während die sich zu Besuchen aufdrängende Sippe der verstorbenen Eigentümerin die digital und lokal fast abgeschrittenen Protagonistinnen unverändert wie Dienstboten behandelt.
Bis dahin braucht die sich an Wiederholungen abarbeitende Handlung die Hälfte der knappen Laufzeit, die der Regisseur und Drehbuchautor trotz des weitläufigen Potenzials weder mit Inhalt noch mit Aussagen zu füllen vermag. Die mühselig aufgebaute Atmosphäre zerrinnt unter der immobilen Inszenierung, der die Muster und Mechanismen ökonomischer Abhängigkeit und sozialer Statusstruktur so fremd sind wie die finanziellen Zwänge der unteren Arbeiterklasse. Gegen die ist die paternalistische Pointe ein Affront, der die zuvor untergraben Aufstiegsmythen bestätigt.
Fazit
Dass eine mehlige Bedienstete und samt der ambitionierten zweiten Generation im ererbten Anwesen ihrer toten Hausherrin genauso festsitzt wie in ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Position, ist ein Szenario mit nahezu unerschöpflichen dramatischen und metaphorischen Möglichkeiten. Erst recht, wenn Kulissen und Cast so patent sind wie in Martín Benchimol langatmigen Langfilm-Debüt. Das bringt es allerdings nicht mal zu einem anständigen Gruselfilm oder einer amüsanten Satire, geschweige denn zu einer unterhaltsamen Untersuchung von Klassenstrukturen und hegemonialen Hierarchien.
Autor: Lida Bach