Yakha ist 17 und liebt es, mit ihrer Freundin Madina über die Felder zu streifen. Ihre Heimat ist ein Dorf in Tschetschenien, wo sie mit der Mutter und dem kleinen Bruder lebt. Sie ist von Natur aus ruhig und weiß, was sie will, ist aber offen fürs Leben – das sich in Form von kulturellen und sozialen Konzepten zu konkretisieren beginnt: Madina will heiraten, Yakhas ältere Schwester will die Scheidung. Die Mutter ist dagegen, sie selbst hat ja auch durchgehalten. Gemeinsam besuchen sie das Grab des Vaters, der im Zweiten Tschetschenienkrieg gestorben ist.
Kritik
Wie der animalische Schrei, den die junge Hauptfigur (eine beeindruckende Khadizha Bataeva) über den frostigen Schauplatz der tschetschenischen Provinz schickt, ist Malika Musaevas ergreifendes Spielfilm-Debüt erfüllt von einem schmerzlichen Freiheitsdrang. Doch mit ihrer Kindheit sieht die 17-jährige Yakha auch die kleinen Fluchten aus dem kargen Leben im Dorf verschwinden, genau wie ihre engste und einzige Freundin Marina (Madina Akkieva). Die Gleichaltrige steigt eines Tages in das wartende Auto eines Nachbarjungen, der ihren einzigen Ausweg darstellt.
In gedämpften Grün- und Brauntönen zeichnet die Regisseurin und Drehbuchautorin des ersten tschetschenischsprachigen Beitrags Inder Geschichte der Berlinale eine von archaischen Gender-Rollen und fundamentalistischen Moralvorstellungen geprägte Welt. Darin ist die einzige Wahl, die sich Frauen wie den jede auf eigene Weise rebellierenden Protagonistinnen die des unausweichlichen ehelichen Gefängnisses. In einem solchen steckt bereits Yakhas ältere Schwester Heda (Fatima Elzhurkaeva), der die Mutter unerbittlich die verzweifelten Scheidungswünsche auszureden versucht. Frauen werden unbewusst zu Komplizinnen patriarchalischer Gewalt.
Diese misogyne Unterdrückung wird nie an die beängstigend ruhige, befremdlich schöne Oberfläche der impressionistischen Inszenierung und ist dennoch beständig spürbar in fordernden Fragen und bedrohlichen Blicken. Die kindlichen Spiele der Mädchen in der von Natursymbolik durchdrungenen Landschaft markieren deren Ablehnung einer Weiblichkeit, untrennbar verbunden mit der entrechteten Gesellschaftsposition. Nachdem Madina das Dorf verlassen hat, veranschaulicht der Wechsel der Jahreszeiten den wachsenden Druck auf Yakha, sich ihrem Käfig-Wärter zu beugen - oder einen letzten Flugversuch zu wagen.
Fazit
Sehnsucht und Schmerz durchdringen Malika Musaevas grandioses Regiedebüt. Mit minimalistischen Mitteln erzählt die in Grosny geborene Regisseurin eine Geschichte von Zwang und Zusammenhalt. Die klar und kraftvoll konstruierten Kamerabilder wirken trotz der topographischen und traditionalistischen Begrenztheit Schauplatzes episch in ihrer Atmosphäre und Ausdrucksstärke. Der vielschichtige Titel evoziert die lyrischen Elemente der bei aller formellen und physischen Kargheit hoffnungsspendenden Story. Deren zarte Poesie verklärt nie die brutale Realität der Charaktere, denen intuitive Darstellerinnen seltene Tiefe verleihen.
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